Mannheim. Es ist ein klassischer Moment zu Beginn des Konzertes einer Newcomerin, zumal dies ein Freiluftauftritt ist und sich der Platz vor der Alten Feuerwache in Mannheim erst im Laufe einiger Songs zusehends gut gefüllt haben wird: Lina Brockhoff ermuntert das Publikum, ruhig einen Schritt näher zu kommen: „Wir beißen nicht.“ Streng genommen ist das nicht ganz richtig, denn die Musik der Sängerin und Gitarristin, die in eigener Projekt-Sache auf ihren Vornamen verzichtet und sich schlicht Brockhoff nennt, packt durchaus zu.
Brockhoff startet vor der Alten Feuerwache in Singer-Songwriter Wave
Schon das erste Stück, „Running“, das die Hamburgerin und ihre dreiköpfige Liveband spielen, eröffnet dabei einen Reigen an assoziativen Anknüpfungspunkten und ließe sich vielleicht nicht ganz unzutreffend als Singer-Songwriter-Wave bezeichnen: Ein gewisse lichte stimmliche Pop-Lieblichkeit wird hier die in dunkel schimmernde Instrumentalwirbel gehüllt und expandiert schließlich in nachgerade epische Klangweite. „Why“ besticht hiernach mit summenden Fuzz-Sounds und Noise-poppigen Qualitäten, die ein bisschen an Dinosaur Jr., Weezer oder auch R.E.M. in ihrer „Monster“-Phase denken lässt - und einem ungefähr das angenehme Gefühl vermittelt, einen Liegestuhl aus der Garagenecke gekramt zu haben und aus dem offenen Rolltor auf einen sonnenbeschienenen Strand zu schauen.
Das Konzert von Brockhoff ist das dritte in der Programmreihe der zwei Tage zuvor eröffneten Sommerbühne der Alten Feuerwache. Und nachdem ihre Vorgängergruppen Blumengarten und Dr. Woggle & The Radio mit Blick auf die Wetterverhältnisse in der Halle hatten stattfinden müssen, markiert ihr Auftritt - bei diesmal reichlich traumhaften Witterungsverhältnissen und, wie schon erwähnt, sehr gutem Publikumszuspruch - zugleich die eigentlich Open-Air-Premiere dieser Saison.
"Sharks" - die Debüt-EP von Brockhoff
„Sharks“, ein Song, der auch Brockhoffs vergangenes Jahr erschienener Debüt-EP ihren Namen verliehen hat, stürzt sich hier mit stiebender Melancholie in Gischt-schäumende Klanggewässer, wie man sie etwa aus manchen The-Cure- oder The-Cardigans-Momenten kennt. Und „Missing Teeth - gleichfalls ein Titel, der sich auf besagtem Kurzalbum finden lässt - befasst sich in eckig-kantiger Pop-Manier mit dem Alptraum, die eigenen Zähne zu verlieren (was, wir schätzen mal, sicher unter den Top fünf der beliebtesten Nachtmahr-Erlebnisse rangieren dürfen).
„It Never Happened“ spielt Brockhoff alleine und wechselt dazu von der E- auf die Akustikgitarre, der sie auch bei „Three Weeks Ahead“ wieder im Bandverbund treu bleibt - einer schön und filigran gearbeiteten Ballade, die wie brechendes Glas von einem Geflecht aus Sprüngen durchzogen scheint. „Whatever You Want“ beendet eingängig ein einstündiges Konzert, dass einen gespannt auf den weiteren Werdegang dieser talentierten jungen Musikerin zurücklässt.
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