Wenn die Alte Feuerwache ihre beliebte Festivalreihe „Sommerbühne“ eröffnet, wird es im Biergarten erfahrungsgemäß voll. Auch beim diesjährigen Auftakt mit dem Duo „Blumengarten“ strömen am Donnerstagabend rund 500 Fans in die Location. Einziger Wermutstropfen: Der Sommer scheint mit Regen und kühlen Temperaturen eine Pause einzulegen. Aus diesem Grund findet das Konzert nicht unter freiem Himmel, sondern in der Halle statt. Der Stimmung tut das jedoch keinen Abbruch. Im Gegenteil. Die herbstliche Witterung unterstreicht die nostalgische Stimmung, die die Songs von Sänger Rayan sowie Produzent und Gitarrist Sammy umgibt. Und das Publikum singt textsicher aus voller Kehle mit.
Frisch und unverbraucht
Mit viel Jubel werden die beiden talentierten jungen Männer aus Velbert empfangen. „Was geht ab?“, will Sammy lächelnd wissen. „Schön, dass wir hier sein dürfen.“ Und schon schmettert ihm ein männlicher Gast „Ich will ein Kind von dir!“ entgegen. „Das ist biologisch nicht möglich“, sagt er trocken, bevor er die ersten Riffe auf seiner E-Gitarre anspielt und Rayans soulig-warme Stimme mit der Midtempo-Nummer „Du bist mutig“ den Raum erfüllt.
Musikalisch kreiert die Band, die sich vor rund zwei Jahren formierte, eine Melange, die frisch und unverbraucht klingt. Mal bittersüß und nachdenklich, wenn Rayan die Ballade „Paris Syndrom“ anstimmt, dann emotional bei „Pieces“. „Könnt ihr tanzen, Mannheim?“, will Sammy wissen, und schon bewegen sich die Besucher und Besucherinnen ausgelassen zum Rhythmus von „Wiedersehen“. Die Nummer legt beim Tempo leicht zu, was ihr eine entspannte Note verleiht. Dank der chilligen Melodie weckt das Lied Assoziationen an laue Sommernächte.„Habt Ihr Lust auf neue Blumengarten-Musik?“, ruft Rayan fragend in die Menge, bevor die zwei Künstler das gefühlvolle Stück „Gloria“ zum Besten geben. Die schöne Melodie bildet ein harmonisches Gegengewicht zum traurigen Text, der von einem gebrochenen Herzen erzählen. Doch Rayan kann nicht nur so schön wie kein anderer über Liebeskummer singen, er hat auch noch einen schrägen Humor, der gut ankommt. „Ich schwitze da oben wie ein Schwein“, klagt er und grinst. Auf Twitter hätte jemand geschrieben, ihr Song „Ritter“ sei der erste schlechte Track, verrät Rayan. Doch das sei nicht wahr. „Wir haben viele schlechte Songs“, scherzt er und hat die Lacher damit auf seiner Seite.
Sehnsucht nach Paris
Bei „Paris Syndrom“ geht es weniger um die Enttäuschung, die manch ein Tourist erlebt, wenn die Stadt der Liebe die eigenen Erwartungen nicht erfüllt. Das lyrische Ich singt von Romantik, obwohl oder vielleicht gerade, weil es noch niemals in der Seine-Metropole gewesen ist. Überhaupt sind die tiefsinnigen Texte exakt die Komponente, die Blumengarten etwas Individuelles verleiht. Eben diese poetischen Lyrics sorgen dafür, dass das Duo sich in der Riege der grandiosen zeitgenössischen deutschen Musiker einreiht, ohne seine Einzigartigkeit zu verlieren.
Dank dieser Eigenschaft verleihen die beiden dem AnnenMayKantereit-Cover „Vielleicht, vielleicht“ etwas Eigenes. Unbeschwert und voller Leichtigkeit ist hingegen der Ohrwurm „Rosa Rugosa“, den sie mit 01099 und Lucry & Suena aufgenommen haben. Mit ihren wummernden Dance-Elementen ist die Single extrem sommerhittauglich. Nach zwei Zugaben ist es offiziell: Dank Rayan und Sammy feiert der Sommer, zumindest akustisch, ein kleines Comeback.
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