Theater

Bloomaul Joachim Goltz mit der ersten Opernregie in Mannheim

Das stimmstarke Bloomaul Joachim Goltz spricht über seine erste Opernregie für das Mannheimer Nationaltheater mit Francis Poulencs „La voix humaine“ (Die menschliche Stimme). Premiere ist bald

Von 
Stefan M. Dettlinger
Lesedauer: 
Joachim Goltz Joachim Goltz Foto: Michael Kleiner © Kleiner/Michel

Mannheim. Eigentlich kennt man Joachim Goltz, seit 2020 im Nebenberuf Bloomaul, als kernigen Bariton, der lustige Typen genauso drauf hat wie bösartige, wie nicht zuletzt seine Darstellung des Alberich im „Ring des Nibelungen“ zeigte. Vor Wochen stellte er sich Mannheim als Regisseur vor: Am Oststadttheater suchte er nach, Verzeihung, „Samenspendern“. Dazu passt nun auch, dass er sich mit Françis Poulencs „La voix humaine“ wieder mit einem sehr ernsten Stück beschäftigt.

Herr Goltz, sind Sie eigentlich das erste Regie führende Bloomaul?

Joachim Goltz: Also da muss ich leider antworten „Ich weiß es nicht“, denn Bloomäuler gibt es ja inzwischen doch einige, und ob da einer oder eine schon mal einen „außerplanmäßigen“ Ausflug in die Regie gemacht hat? Keine Ahnung.

Und bei den Sängerinnen und Sängern müssen Sie vermutlich auch mit Parsifal antworten: Ich weiß es nicht?

Goltz: Also in der näheren Vergangenheit wüsste ich in Mannheim von keinem, aber dass Sängerinnen oder Sänger anderswo immer häufiger in der Regie anzutreffen sind, ist nicht unüblich. Rolando Villazón etwa oder erst neulich in Wiesbaden Evelyn Herlitzius, die mit Beethovens „Fidelio“ ihr Regiedebüt gab.

Was reizt Sie an der Regie?

Goltz: Alles! Etwas Spannendes auf die Bühne zu zaubern, das das Publikum zum Lachen, Weinen und Staunen bringt, das den Leuten und den Darstellern Spaß macht, das dafür sorgt, dass manch einer vielleicht sogar noch mal kommt. Alles, was auf der Bühne gesagt oder gesungen wird, muss für mich einen Sinn ergeben und zu der Geschichte, die ich inszeniere, passen.

Mehr zum Thema

Premierenkritik

So war die Premiere von Joachim Goltz Inszenierung der Mono-Oper "Die menschliche Stimme"

Veröffentlicht
Von
Hans-Günter Fischer
Mehr erfahren
KulTour

Unsere Veranstaltungstipps bis 8. Juni in der Region

Veröffentlicht
Von
Martin Vögele und Jörg-Peter Klotz
Mehr erfahren

„La voix humaine“ ist aber zum Anfang kein leichtes Stück.

Goltz: Es ist ja nicht so ganz der Anfang. Als ich in Würzburg an der Hochschule einen szenischen Lehrauftrag hatte, habe ich bereits Klassenabende in Szene gesetzt. Vor drei Jahren habe ich an der Kölner Kammeroper „Land des Lächelns“ inszeniert, hier in Mannheim die vorletzte Operettengala und im Oststadttheater vor Kurzem die Boulevard-Komödie „Samenspender gesucht“. Aber in der Tat ist es die erste Oper, und die auch noch absolut nicht „komisch“. Ich habe das Konzept für dieses Stück aber schon einige Jahre „in der Schublade“, da bei meinem ersten Engagement in Freiberg/Sachsen etwa 2005 geplant war, dass ich dieses Stück auf die Bühne bringe. Es gab dort auch eine „nicht mehr ganz junge“ Sängerin. Poulenc verlangt ja ausdrücklich nach einer jungen Sängerin für diese Partie, für die ich mein Konzept erarbeitet habe. Aus Krankheitsgründen der Kollegin kam es dann damals nicht zu meinem Regiedebüt, und ich bin sehr glücklich, dass es sich nun doch noch verwirklichen lässt.

Marie-Belle Sandis ist nicht mehr ganz jung, aber natürlich schlägt die Muttersprachlerin alles?

Goltz: Für unsere Inszenierung ist Marie-Belle Sandis sogar fast noch ein bissl zu jung, aber sehr schön ist natürlich, dass ihre Stimme noch wunderbar frisch ist und der Vorteil der Muttersprachlerin ist natürlich auch nicht zu verachten, da sie natürlich etwaige Feinheiten und Doppeldeutigkeiten im Text noch besser zu erkennen weiß.

Sie können sich in diesem Monodram ja völlig auf die Personen-Führung konzentrieren. Machen Sie jetzt all die Dinge besser und anders als all das, worüber Sie sich selbst schon als Sänger bei Regisseuren geärgert haben?

Goltz: Marie-Belle (Sandis) sagte gerade vor ein paar Tagen zur Leitung, „Personenführung ist für Joachim nicht nur ein leeres Wort“. Ob „besser“, das liegt im Auge des Betrachters. Aber ich würde schon sagen, dass ich sehr genau weiß, was ich auf der Bühne sehen möchte und was auch eine möglichst große Wirkung nach außen hat. Als ich vor einiger Zeit das Ende von „La Voix“ auf einer Zugfahrt für mich „durchinszenierte“ und Marie-Belle Sandis in dieser Szene geistig vor mir sah, flossen plötzlich die Tränen bei mir. Das war etwas peinlich im Zug. Als wir das dann vor ein paar Tagen szenisch auf der Probe erarbeiteten und sie es genau wie in meiner Fantasie umsetzte, flossen die Tränen bei uns beiden. Unser Ziel ist nun natürlich, am 2. und 3. Juni in Käfertal noch viele Tränen mehr fließen zu lassen. Bei so manchem, der sich Regisseur nennt, ist es bei mir auch weniger „ärgern“, sondern mehr wundern, wie es möglich ist, mit so wenig Handwerk, Ideen, Fantasie und Verständnis für die Musik in diesem Beruf mehr oder weniger erfolgreich zu sein.

Klingt, als seien Sie schon ein ausgebuffter Profi in Sachen Regie.

Goltz: Das ist meine erste Opern-Inszenierung. Es wäre, glaube ich, sehr vermessen, mich da als Profi zu bezeichnen. Und gerade bei Regie spielt doch auch immer der individuelle Geschmack eine große Rolle. Ich möchte das Publikum je nach Situation zum Lachen, zum Schwelgen, zum Ekeln, zum Weinen etc. bringen. Und wenn es dafür dann auch mal ein bissl kitschig werden muss, dann ist das gut so. Bei großen Musicals etwa in Hamburg oder Stuttgart sorgt vor allem auch „Kitsch“ für stets volle Häuser.

Sie mögen also Kitsch. Zunächst ist es ja schon einmal ein sehr gutes Zeichen, dass Sie an die Emotionen des Publikums denken und nicht nur an die eigene Selbstverwirklichung.

Goltz: Ob als Sänger oder als Regisseur, an die Emotionen meines Publikums will ich immer! Und wenn das klappt, habe ich mich auch am Besten selbstverwirklicht.

Was sagt Ihnen das Stück, in dem ja viel telefoniert wird? Hauptkommunikationsmittel sind ja heute andere.

Goltz: Glücklicherweise wird ja heute auch noch telefoniert, und es ist nicht so, dass man dieses Kommunikationsmittel erklären müsste, deshalb ist das für unsere Inszenierung kein Problem.

Was reizt Sie an dem Werk?

Goltz: Besonders reizvoll ist die Tatsache, dass man diesen Dialog eben nur aus der Sicht der Frau auf der Szene erlebt und sich alles Gesagte des Gegenübers aus dem erschließen muss, was diese Frau sagt oder singt. Und die Tatsache, dass wir mit Frau Sandis eine etwas reifere Darstellerin haben, eröffnet uns noch weitere spannende Erzählweisen.

Kennen Sie eigentlich die Produktion, die Sie ja bereits im Tanzhaus Käfertal gemacht hat?

Goltz: Leider nein, aber da Marie-Belle sich bei dieser Produktion bei der Premiere sehr kompliziert den Arm gebrochen hatte, dient unsere neue Produktion sozusagen auch noch als Traumabewältigung.

Ressortleitung Stefan M. Dettlinger leitet das Kulturressort des „MM“ seit 2006.

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen