Mannheim. „Hier sind alle verrückt“, grinst die Katze. Was ja gar keine schlechte Ausgangslage ist, insbesondere dann, wenn es gilt, ein Abenteuer zu erleben. Oder wenn man nicht so genau weiß, wer man eigentlich ist und was man genau will, kurz: wenn man sich ein bisschen verloren führt. So, wie es Alice gerade geht, die wir am Weihnachtsabend antreffen in dieser „Alice im Wunderland“-Adaption der Theaterakademie Mannheim, die von Studierenden des dritten Semesters gespielt wird und beim Nachbarn Theater Felina-Areal Premiere feiert.
In der Inszenierung von Akademieleiterin Silvana Kraka, die sich an Zuschauende ab fünf Jahren richtet, findet sich die ganze Großfamilie in der guten Stube ein - Vater, Mutter, Schwester, Tanten, Onkel, Großeltern. Da zeichnen sich schon Charakterzüge von Figuren und Handlungselementen ab, denen das Publikum später im Wunderland begegnen wird. Zunächst aber verteilt Alice (Maria-Pia Grasso) freigiebig Plätzchen aus der Herzdose, bis sie (zu Mutters Unmut) zur Neige gehen.
Und als Alice die Weihnachtsgeschichte erzählen will, in der es Maria und Josef - etwas abseits der kanonischen Gepflogenheiten - nach New York verschlägt, sorgt das mindestens für Unmut, fast zu einer familiären Eskalation und jedenfalls dazu, dass sich eine völlig enttäuschte Alice, der niemand mehr zuhört, zurückzieht.
Eigenwillige Bewohner des Wunderlands
Aber dann verschlägt es sie unvermittelt ins Wunderland, wo sie all die eigenwilligen Bewohner erwarten, die Autor Lewis Carroll einst ersann: Das Kaninchen etwa (Konstantinos Gatos), das hier unter ständigem Zeitdruck auf nur einem Rollschuh unterwegs ist, die tiefenentspannte Raupe (Aleksander Cerce) und die rätselhafte Grinsekatze (Marlies Rosenwald). Sie trifft Hutmacher und Märzhäsin (Pablo Sommer, Shadh Wheibi), Schildkröte, Herzbube und Herzogin (Hanna Hettich, Nicolas Weiland, Madeleine Hartinger) und schließlich eine herrlich affektiert-cholerische Herzkönigin (Monuara Okunick), die der Gatte (Oliver Dawid) nur mühsam vom kollektiven Köpfen-Lassen abhalten kann.
Kraka inszeniert mit einfachen, aber effektvollen Mitteln wie Schattenriss-Projektionen, die Alice riesenhaft wachsen oder schrumpfen lassen. Auch musikalisch geht es zu, mit live gesungenen Neuvertextungen von Pop-Klassikern. Heraus kommt ein Theatermärchen, das mit Herz, Witz und Spiellust unterhält.
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