Lampertheim. In Zeiten knapper Kassen stehen Stadtverwaltung und Politik nun vor heiklen Aufgaben. Nicht nur muss der Haushalt für 2024 beschlossen werden, auch will die Stadt einige ihrer maroden Immobilien verkaufen. Während das Ringen um einen genehmigungsfähigen Haushalt noch weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet, sorgt der geplante Verkauf von zunächst sieben Immobilien für kritische Töne. Weil es sich dabei teilweise um Mietshäuser handelt, verweigerten die Fraktionen ihre Zustimmung für die entsprechende Vorlage, die Bürgermeister Gottfried Störmer (parteilos) im jüngsten Haupt- und Finanzausschuss eingebracht hatte.
Der hatte darauf hingewiesen, die Stadt könne aufgrund sinkender Einnahmen die Sanierungen nicht stemmen. Mit der Vorlage habe er daher sicherstellen wollen, dass die Politik dem Verkauf der Gebäude prinzipiell zustimmt. Zwar wolle man Mietern und Nutzern der städtischen Immobilien helfen. „Aber wir stehen nicht nur mit dem Rücken an der Wand, wir stehen in der Wand“, bemühte Störmer ein etwas schiefes Bild der Kassenlage. Wie er außerdem sagte, verursachten die aufgeführten Häuser aufgrund anstehender Sanierungen die höchsten Kosten. Dabei handle es sich um eine siebenstellige Summe. Noch gebe es keine konkreten Kaufabsichten von Investoren. Klar sei aber, dass die Stadt – würde sie die Immobilien nicht veräußern – noch stärker in finanzielle Schwierigkeiten gerate als ohnehin schon. Kämmerer Gregor Ruh stimmte dem Rathauschef zu und wies auf bisherige und kommende Kürzungen bei Sach- und Dienstleistungen der Stadt hin.
Sorgen und Nöte bei Bewohnern
Alexander Scholl von der CDU bekräftigte, es sei mit Blick auf die angespannte Haushaltssituation einleuchtend, dass der Verkauf Geld in die Stadtkasse spülen soll. Zumal sich auf diese Weise auch Sanierungskosten sparen lassen. Gleichwohl wolle man Wohnraum erhalten und nicht zuletzt historische Gebäude retten. Das müsse in der Liste der zu veräußernden Gebäude berücksichtigt werden. In den vergangenen Wochen sei zudem klar geworden, dass es sich für Mieter um ein sehr sensibles Thema handelt: „Wir haben ein Stück weit eine Verantwortung den Menschen gegenüber.“
Damit spielte Scholl auf sanierungsbedürftige Häuser der Stadt an, die in Hofheim verkauft werden sollen. Deshalb hatten Bewohner aus der Straße „Am Sportplatz“ Vertreter von CDU, SPD, Grünen und FDP im Juli mit ihren Sorgen konfrontiert. „Wie sollen wir eine neue Wohnung finden, wenn wir uns die Miete hier nicht mehr leisten können?“, fragte ein Mieter und brachte damit das Problem auf den Punkt. Für Ärger sorgte zudem die – aus Sicht der verärgerten Menschen – holprige Kommunikation der Stadt.
Auch in der „Alten Schule“ in Rosengarten herrscht Frust. Neben einigen Vereinen ist dort die evangelische Magnus- und Matthäusgemeinde Kirchengemeinde Worms mit Gottesdiensten aktiv. „Wir haben Unterschriften gesammelt, um gegen die Verkaufspläne zu protestieren“, sagt etwa Pfarrerin Sophia Schäfer. Die Liste wolle man bei der Parlamentssitzung am 20. Oktober der Stadtspitze überreichen. Den allgemeinen Unmut griff SPD-Fraktionschef Jens Klingler in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses auf, als er betonte, seine Partei werde der Vorlage der Stadtverwaltung nicht zustimmen: „Die ganze Vorlage bedient nur die Frage des Haushalts und beschäftigt sich nicht mit den Nutzern.“ Zudem werde nicht deutlich, auf welchem Stand man aktuell sei und welche Folgen für Mieter zu erwarten seien. Stefan Nickel von den Grünen gab zu bedenken, die Stadt könne nicht alle Wünsche erfüllen, das Gemeinwohl müsse die Richtschnur sein. Doch wolle seine Partei keinen Automatismus, wonach die Wohnhäuser grundsätzlich veräußert werden könnten.
Aus Sicht von FDP-Fraktionschef Gernot Diehlmann benötigt die Stadt Einnahmen aus dem Verkauf, „weil wir sonst sehr wahrscheinlich keinen genehmigungsfähigen Haushalt bekommen“. Dann drohe die Streichung freiwilliger Leistungen, wovon zahlreiche Menschen in Lampertheim betroffen wären. Er forderte, die Stadt solle Alternativen prüfen, dazu zähle etwa die Frage, wie man Nutzer an Sanierungskosten beteiligen oder ob man ihnen Wohnraum zu bestimmten Konditionen übertragen könnte.
Rathauschef Störmer sicherte zu, die strittige Liste zu prüfen, und bot den Fraktionen Gespräche an. Klar sei, dass bald eine Entscheidung fallen müsse. Probleme zu verschieben sei keine Option, zumal dieses Prinzip zu den heutigen Problemen der Stadt geführt habe.
Liegenschaften der Stadt
- Die Stadt besitzt 55 Gebäude. Dabei handelt es sich nicht nur um repräsentative Bauten oder Bürogebäude. Auch Häuser mit insgesamt 180 Mietwohnungen gehören dazu. Nach Angaben der Stadt liegen die Kosten für Renovierungen, Investitionen und energetische Sanierungen allein im Bereich der Verwaltungsgebäude bei 46 Millionen Euro.
- Da auch ein Teil der Wohnhäuser saniert werden muss, wird über einen Verkauf nachgedacht.
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