Kritik Kabarett

Abdelkarim im Mannheimer Capitol: "Ich bin der Deutsche mit der Abschiebeoptik"

Comedian Abdelkarim präsentiert sein Bühnenprogramm „Wir beruhigen uns“ im ausverkauften Mannheimer Capitol. Und zeigt dabei eindrücklich, dass man auch mit leisen Worten klare Botschaften vermitteln kann

Von 
Martin Vögele
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Hat für ein ausverkauftes Capitol gesorgt: Der Kabarettist Abdelkarim. © Henning Kaiser / dpa

Kein dröhnendes Intro, keine visuelle Effekthascherei, keine Requisite - nur ein Mikrofon steht für Abdelkarim auf der Bühne des Mannheimer Capitol bereit. „Wir beruhigen uns“ heißt das aktuelle Comedy-Programm des Humoristen, und sehr entspannt ist auch die Art, auf die er es vor ausverkauften Haus präsentiert. Wobei der Begriff „Comedy“ ein bisschen zu kurz greift, schließlich sind seine Inhalte oftmals politisch und näher am klassischen Kabarett. Und der Humorist deklamiert dabei die gesellschaftskritischen Aspekte seines Solos nicht im Megafon-Duktus, schwingt keine Pointen-Keule, sondern verarbeitet sie nonchalant, fast beiläufig bestaunend in seinen Erzählungen.

Abdelkarim ist der einzige Wahl-Düsseldorfer, wie er vermutet

Es geht darin viel um Alltagsrassismus, um unbedarfte Ignoranz und naive Voreingenommenheiten. Abdelkarim ist Wahl-Duisburger („der Einzige der Welt“, mutmaßt er), die Eltern kamen dereinst aus Marokko und ließen sich in Bielefeld nieder. Er sagt: „Ich bin Deutscher mit Abschiebeoptik“. Und als solcher ist er mit Fragen der Klassiker-Kategorie „Woher kommst du wirklich?“ wohlvertraut, kennt als verunglückte Komplimente lancierte Ausgrenzungen der Art „Oh, Sie sprechen aber gut Deutsch“ und erlebt, wie sich gestandene Männer in sensible Wesen verwandeln, wenn sie wissen wollen: „Als was fühlst du dich denn?“.

Abdelkarim im Capitol: Ein wirklich guter Comedy-Abend

Aber die menschliche Beurteilung aufgrund von Augenschein-Mustern hat freilich auch Vorzüge: „Ich hab’ mittlerweile so viele Polizeikontrollen hinter mir, ich hab’ die Polizeigrundausbildung abgeschlossen“, berichtet Abdelkarim. Und zwar mit Prädikatsexamen: „Ich bin so gut, wenn ich einen Laden verlasse, ich durchsuch’ mich selber“. Daneben sinniert er etwa launig über neue Jugendsprache-Standards und idiomatische Besonderheiten des Deutschen (regionale Brötchen-Begriffe oder mannigfaltige, blumige Umschreibungen für das Sterben).

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Und er gibt uns mit auf den Weg, dass wir weder alle dieselben Ansichten haben noch die des anderen immer gut finden müssen, viel wichtiger sei: „Wie gehen wir miteinander um, wenn wir zu einem Thema nicht die gleiche Meinung haben“. Verständigen könnte man sich gleichwohl darauf, dass dies ein wirklich guter Comedy- und Kabarett-Abend ist.

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