Jahreswechsel

Warum Böllerverbotszonen an Silvester möglich sind – auch in Mannheim

GdP-Chef Thomas Mohr und Politikwissenschaftler Thomas König widersprechen der Mannheimer Stadtverwaltung, die weiter keine Handhabe zur Einrichtung von Böllerverbotszonen sieht. Das sind ihre Argumente.

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Simone Kiß
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Querschläger am Wasserturm: Experten sehen in unkontrolliertem privaten Feuerwerk eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. © Christoph Blüthner

Mannheim. Die Mannheimer Stadtverwaltung sieht weiter keine rechtliche Handhabe, um in der Silvesternacht eine sogenannte Böllerverbotszone rund um den Wasserturm oder in anderen Bereichen der Innenstadt einzurichten.

Das bundesweit geltende Sprengstoffgesetz reicht nach Angaben der Stadt nicht aus, um Feuerwerk in bestimmten Gebieten komplett zu untersagen. Ein Verbot könne auch nicht auf das Polizeigesetz Baden-Württemberg gestützt werden, wie eine Sprecherin erneut betont. Dieses dürfe nur zur Anwendung kommen, wenn keine spezialgesetzliche Regelung vorhanden sei. Das Abbrennen von Feuerwerk sei allerdings explizit im Sprengstoffgesetz geregelt.

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Voraussetzung für eine Untersagung des Silvesterfeuerwerks durch eine „gefahrenabwehrrechtliche Allgemeinverfügung“ wäre das Vorliegen einer konkreten Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, wie die Sprecherin der Stadt weiter ausführt. Diese liege dann vor, wenn ein bestimmter Sachverhalt darauf hindeute, dass es „bei ungehindertem Ablauf mit hinreichender Wahrscheinlichkeit“ zu einem Schaden für die „polizeilichen Schutzgüter“ komme. Zu diesen Schutzgütern zählten unter anderem Leben, Freiheit, die Rechtsordnung und die Funktionsfähigkeit des Staates.

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Dass eine Verbotszone sehr wohl auf Grundlage der bestehenden Rechtslage möglich ist, betont dagegen Thomas Mohr, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Mannheim. Seit Jahren stelle man durch das Abbrennen von Feuerwerk erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung fest. Dabei komme es nicht nur zu Verletzungen und Sachschäden, sondern auch zu gezielten Angriffen auf Einsatzkräfte. Die gefährde „die Schutzgüter des Staates“, insbesondere nämlich die körperliche Unversehrtheit von Personen und die Funktionsfähigkeit der staatlichen Institutionen.

„Verbot von privatem Feuerwerk in bestimmten Bereichen ist nötig“

„Wir verweisen darauf, dass die Definition einer konkreten Gefahr nach ständiger Rechtsprechung erfüllt ist, wenn hinreichend wahrscheinliche Schadenseintritte zu erwarten sind“, so Thomas Mohr und fügt hinzu: „Das ist bei der alljährlichen Silvesterfeier mit Feuerwerk der Fall, insbesondere in bestimmten Brennpunktbereichen wie zum Beispiel am Mannheimer Wasserturm und Plankenkopf, wo es regelmäßig zu Ausschreitungen kommt.“

Zwar regele das Sprengstoffgesetz das Abbrennen von Silvesterfeuerwerk, doch sei dieses Gesetz nicht abschließend, wenn es um den Schutz der öffentlichen Sicherheit gehe. Insbesondere das Polizeigesetz Baden-Württemberg komme in Betracht, wenn eine konkrete Gefahr für Leib und Leben bestehe, wie es bei den Angriffen auf Einsatzkräfte der Fall sei.

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„Die wiederholten Ausschreitungen an Silvester zeigen, dass wir es hier mit einer ernstzunehmenden Gefährdungslage zu tun haben. Ein Verbot von privatem Feuerwerk in bestimmten Bereichen ist notwendig, um unsere Einsatzkräfte zu schützen und die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten“, betont Mohr.

Angesichts der wiederkehrenden Gefährdungslage fordert die GdP daher „eine restriktivere Auslegung der gesetzlichen Vorgaben“ und die Möglichkeit für Kommunen wie der Stadt Mannheim, Feuerwerk in bestimmten Gefahrenlagen durch Allgemeinverfügungen zu untersagen. Nur so könne der Schutz von Einsatzkräften und der Bevölkerung gewährleistet werden.

Stadt Mannheim will Silvesternacht analysieren

Ähnlich argumentiert auch der Mannheimer Politikwissenschaftler Thomas König und verweist auf Städte wie Stuttgart, Hamburg oder Berlin, die an Silvester ebenfalls Verbotszonen für Feuerwerk eingerichtet haben. „Alle Beispiele wurden von den Gemeinden und der Polizei sehr gut begründet. Das sollte auch in Mannheim möglich sein, wo beispielsweise eine Reißinsel ein halbes Jahr zum Vogelschutz gesperrt wird, die Stadt sich zur frühzeitigen Klimaneutralität verpflichtet hat und Verfahren gegen Holzkohlegrills am Marktplatz angestrengt werden“, so König und fügt hinzu: „Da unter Juristen Präzedenzfälle eine große Rolle spielen, würde es mich sehr wundern, wenn man in Mannheim das Bundes- oder Landesrecht bemühen würde, um das eigene Nichtstun zu rechtfertigen.“

Dass man den Jahreswechsel noch einmal Revue passieren lässt, kündigt indes Sicherheitsdezernent Volker Proffen an: „Wir werden uns die Silvesternacht und die Zahlen gemeinsam mit Polizei, Rettungsdiensten und Feuerwehr ansehen und analysieren. Auf Basis dieser Erkenntnisse werden wir dann entscheiden, ob Änderungen am Konzept nötig sind und weitere Maßnahmen ergriffen werden müssen.“

Auf wiederkehrende skeptische Nachfragen, ob eine Böllerverbotszone überhaupt zu kontrollieren sei, antwortet GdP-Chef Mohr: „Natürlich sind wir in der Lage, ein solches Verbot durchzusetzen. Wir sind in der Silvesternacht sowieso mit starken Kräften im Einsatz.“

Redaktion Reporterin Team Mannheim

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