Der neue Film

Tim Burtons "Beetlejuice Beetlejuice": Déjà-vu und Neuentdeckung zugleich

Tim Burton hat seinem Kultstreifen von 1988 mit „Beetlejuice Beetlejuice“ eine Fortsetzung folgen lassen - erneut mit Michael Keaton als verrücktem Lottergeist in der Hauptrolle

Von 
Gebhard Hölzl
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Nach 36 Jahren kehrt Michael Keaton in „Beetlejuice Beetlejuice“ als titelgebender Poltergeist auf die Leinwand zurück. © Warner Bros. Entertainment Inc. / Parisa Taghizadeh

Beetlejuice ist zurück! Und mit ihm sein Schöpfer, der Gothic-Pop-Anarchist Tim Burton, der sich nach fünf Jahren - der Flop mit der Realverfilmung von Disneys „Dumbo“ hat ihm schwer zu schaffen gemacht - auf der Leinwand zurückmeldet. Auf Nummer sicher wollte er dieses Mal augenscheinlich gehen, am Erfolg seiner Gruselkomödie „Beetlejuice“ anknüpfen. Gleich mit seinem zweiten Spielfilm hat er 1988 den Durchbruch geschafft und dann moderne Klassiker wie „Batman“, „Ed Wood“, „Mars Attacks!“ oder „Alice im Wunderland“ folgen lassen.

Der Rückgriff auf den alten Stoff (diesmal nach einem Skript der „Smallville“-Autoren Alfred Gough und Miles Millar) hat sich als geschickter Schachzug erwiesen - glaubt man zumindest dem begeisterten Premierenpublikum in Venedig, wo die Produktion die gerade zu Ende gegangenen Festspiele eröffnet hatte. „Come in if you dare“, „Kommt herein, wenn ihr euch traut“, sind die ersten Worte, die man hört. Drohung und Verheißung zugleich - und das Versprechen, wieder einmal in Burtons verqueren Kosmos eintauchen zu dürfen.

Realfilm paart sich mit Zeichentrick, Horror mit Humor

Mit einem langen Drohnenflug setzt die Handlung ein, Déjà-vu und Reverenz zugleich. Über satt grüne Wälder, Weiden und Wiesen geht‘s. Dann über die altbekannte Brücke hinein in die Kleinstadt Winter River. Amerikanisches Herzland. Am Tag vor Halloween. Bis die Kamera schließlich zum Stehen kommt. Vor einem Haus auf einem Hügel, das wohl nicht von ungefähr an Norman Bates‘ Heim aus Alfred Hitchcocks „Psycho“ erinnert. Aus einem der Fenster schaut Lydia Deetz (Winona Ryder). Der Teenager von einst ist inzwischen Moderatorin einer TV-Show, die sich mit paranormalen Ereignissen beschäftigt.

Michael Keaton - der Jo-Jo-Mime

Weil der Name Michael Douglas bei der SAG, der US-Schauspielergewerkschaft, bereits vergeben war, beschloss Michael John Douglas, 1951 in Coraopolis, Pennsylvania, geboren, sich Michael Keaton zu nennen.

Er studierte an der Kent State Universität Theater-und Sprachwissenschaften, brach das Studium ab, arbeitet als Stand-Up-Comedian, TV-Kameramann und fand nach dem Umzug nach Los Angeles zur Schauspielerei.

Seine Karriere startete der Mime beim Fernsehen. 1979 stellte er neben James Belushi in der Comedyserie „Working Stiffs“ sein komisches Talent unter Beweis. Der Durchbruch gelang ihm 1988 mit der Horrorkomödie „Beetlejuice“. Mit Regisseur Tim Burton arbeitete er zudem bei „Batman“, „Batmans Rückkehr“ und „Dumbo“ zusammen.

Er war in Highlights wie dem TV-Kriegsdrama „Live aus Bagdad“, „Jackie Brown“, „The Spotlight“ oder „The Founder“ und in Flops wie „Jack Frost - Der coolste Dad der Welt“ oder „Ein Date mit Hindernissen“ zu sehen. Hinzu kam, dass „Keats“ sich bei der Rollenwahl gerne falsch entschied, so lehnte er den Part des Dr. Jack Shephard in der Hitserie „Lost“ ab.

Seine Karriere ist der seiner Titelfigur in „Birdman (oder die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit)“ nicht unähnlich. Hier spielt er - 2015 nominiert für den Oscar, ausgezeichnet mit einem Golden Globe - einen Ex-Superheldendarsteller, der sich mit einer Broadwayrolle wieder nach oben kämpfen möchte.

Keaton war mit Michelle Pfeiffer und Courteney Cox liiert, von 1982 bis 1990 mit Caroline McWilliams verheiratet. Der Verbindung entstammt Sohn Sean. geh

Eine Familientragödie führt dazu, dass sich drei Generationen der Familie Deetz im Schauergemäuer versammeln. Eine Hochzeit und eine Beerdigung sind für den selben Tag geplant, was für reichlich Unmut sorgt. Als dann Lydias rebellische Teenager-Tochter Astrid (Jenna Ortega) auch noch ein Miniaturmodell von Winter River auf dem Dachboden entdeckt und unabsichtlich das Tor zur Unterwelt öffnet, bricht die Hölle los.

Im Diesseits wie im Jenseits braut sich Unheil zusammen, und so ist es nur eine Frage der Zeit, bis jemand den Namen Beetlejuice dreimal ausspricht und der Lottergeist - überdreht lustvoll von Michael Keaton gespielt - zurückkehrt, um seine ganz eigene Art von Chaos zu verbreiten.

Was sich als stringenter Plot liest, erweist sich als locker-lässig montierte Nummernrevue. Was nicht stört, gleicht die schrille Extravaganz doch ohnehin einer wilden, von Haris Zambarloukos („Belfast“) in primär gedeckten Farben gehaltenen, wunderbar fließend gefilmten Achterbahnfahrt. Realfilm paart sich mit Zeichentrick - der Filmemacher verweist auf seine Wurzeln als Disney-Animator -, Horror mit Humor, Liebe mit Hieben. Sogar die Sprache wird kurz gewechselt.

Fortsetzung sprüht vor Ideen und plündert durch die Filmgeschichte

In einer im Stil des Schock-Maestros Mario Bava inszenierten Schwarzweißsequenz räsoniert der durchgeknallte, ähnlich wie Batmans Nemesis Joker geschminkte Beetlejuice auf Italienisch, wie er einst als Grabräuber seine Frau Dolores (Monica Bellucci) kennenlernte und sie dann sitzen ließ - was die mordlustige Schönheit nie verkraftet hat und seitdem danach trachtet, mit dem Ex ein blutiges Hühnchen zu rupfen.

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Alt und neu, wiedererkennen und sich überraschen lassen: Zwischen diesen Polen bewegt sich diese Fortsetzung, die vor verrückten, überbordenden Ideen nur so sprüht und sich gleichzeitig durch die Filmgeschichte plündert. Etwa wenn die berühmten „Dune“-Sandwürmer - quietschbunt in diesem Fall - auftauchen, um sich an Frischfleisch zu laben, derweil Neuzugang Willem Dafoe („Kinds of Kindnesss“), normalerweise eher Arthouse-affin, als ehemaliger B-Schauspieler im Totenreich für „law and order“ sorgt und dabei recht eitel darauf achtet, immer gut auszusehen. Was, wie man weiß, bei Tim Burton immer relativ ist.

Ausnahmekomponist Danny Elfman mit an Bord

Bei seinem Kreativteam hat der Regisseur, um seinen gewohnten, altbewährten Look zu gewährleisten, auf eine Reihe langjähriger, regelmäßiger Mitarbeiter zurückgegriffen, darunter Produktionsdesigner Mark Scruton („Wednesday“), die Oscar-gekrönte Kostümdesignerin Colleen Atwood („Sweeney Todd: Der teuflische Barbier aus der Fleet Street“) und der Ausnahmekomponist Danny Elfman („Nightmare Before Christmas“), dem einmal mehr ein sofort eingängiger Bombast-Score gelungen ist.

Apropos Musik: Ein kleiner Geniestreich ist der furiose Showdown, den Jay Prychidny („Orphan Black“) zu Jimmy Webbs Kantate „MacArthur Park“ - interpretiert von Donna Summer - montiert hat. Und dass die Spezialeffekte makellos ausgefallen sind, braucht man bei Burtons Werken eigentlich gar nicht mehr erwähnen. Kommerz, Kunst - und vielleicht ein Klassiker.

Freier Autor Gebhard Hölzl, Print-/TV-Journalist, Autor und Filmemacher.

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