Comedy-Kritik (+ Fotostrecke)

Bülent Ceylan lässt 10.000 Fans in Mannheim „Happy Birthday“ für seine Mutter singen

Comedy-Star Bülent Ceylan erlebt in der SAP Arena mit dem neuen Programm „Yallah Hopp!“ zum 25. Mal ein ausverkauftes familiäres Heimspiel - und fürchtet sich vor Apache 207

Von 
Jörg-Peter Klotz
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Der Mannheimer Komiker Bülent Ceylan startet bestens gelaunt in die SAP-Arena-Premiere seines neuen Programms "Yallah Hopp!" © Rudolf Uhrig

Mannheim. Schon die Anfangszeit um kurz nach 19 Uhr am Samstagabend ist in der ausverkauften Mannheimer SAP Arena familienfreundlich. Gewohnt familiär gerät auch der Auftakt von Bülent Ceylans erstem großen Heimspiel mit dem neuen Programm „Yallah Hopp!“: 10 000 Fans bereiten dem Comedy-Star zu den harten Klängen seines gleichnamigen Metal-Songs den wie immer triumphalen Empfang. „Monnem! Daheem is daheem“, freut sich Ceylan sichtlich berührt und aufgedreht.

25 Mal ausverkauft, Mario Barth "nur" 20 Mal

Das Aufwärmen gestaltet er buchstäblich familiär und richtet den Scheinwerfer auf seine Mutter Hilde, die Anfang Februar 82 Jahre alt geworden ist. Dass ihr Sohn seine Fans für sie „Happy Birthday“ singen lässt, rührt die Mannheimerin sichtlich. Zumal Bülent Ceylan ihr auch verbal Blumenkränze flechtet: „Es gibt keine bessere Mama“, sagt er unter großem Jubel und witzelt: „Wobei – ich kenn‘ nur die eine.“ Und beeindruckt von der liebevollen Reaktion seines Publikums ergänzt der 48-Jährige: „Mama, Du siehst, du hast noch 10000 andere Kinder.“

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"Apache, ich bin dein Vater! Und Udo Lindenberg ist dein Großvater"

Ähnlich stolz wie auf die dauerhafte Zuneigung seiner Anhängerschaft kann der Sympathieträger auf seinen weiter ausgebauten Rekord in der SAP Arena sein: „Zum 25. Mal ausverkauft. Das hat in der Mannheimer SAP Arena noch keiner geschafft. Vielleicht später mal Apache.“ Der in der Ludwigshafener Gartenstadt aufgewachsene Hitfabrikant wird nach seinen drei höchstwahrscheinlich ausverkauften Arena-Shows Anfang Juni zwar „nur“ auf sechs Sold-Out-Awards kommen. Aber speziell in der Live-Karriere von Apache 207 wie auch in seinem Musikgenre gibt es derzeit eine ganz andere Dynamik als im Comedy-Tourbetrieb.

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Bülent Ceylan, der zu besten Zeiten des deutschen Humor-Betriebs die SAP Arena allein 2013 fünfmal füllte, ist 2024 bislang tatsächlich der einzige seiner Zunft, der dort auftritt. Der Weltrekordhalter in puncto Comedy, der Berliner Mario Barth, kommt auf 20 ausverkaufte Shows in Mannheims größter Halle (bei 21 Auftritten). Apache 207 muss seine Erfolgskurve also noch ein paar Jahre konstant halten.

Hasan in Hochform

Der Sänger und Rapper beschäftigt den Comedy-Star aber nicht nur deshalb: Unter Langhaarträgern stellt seine Bühnenfigur „Supertürk“ Hasan eine gewisse Ähnlichkeit fest. Mit Sonnenbrille, offenen Haaren und zwei Zeilen aus dem Lindenberg-Duett „Komet“ (das Hasan zufolge ursprünglich „Prolet“ heißen sollte) auf den Lippen kommt das gut hin. So wittert der Oldschool-Macho aus Ceylans Figurenmenagerie eine Karriere als Apache-Doppelgänger: „B-Pache“, ist so etwas wie der Gag des Abends.

Dann rechnet Hasan scharf nach – und kommt zu der steilen Vermutung, dass der 1997 in Mannheim geborene Ludwigshafener sein Sohn sein müsse: „Apache, ich bin dein Vater! Heute wird die Wahrheit ans Licht gebracht, ,Bild‘-Zeitung! Und Udo Lindenberg ist dein Großvater.“ Außerdem singe er ja auch wie er und legt vor der Pause eine halbwegs beweiskräftige Parodie des Diamant-Hits „Roller“ hin. Halb im Scherz hofft Ceylan auf einen Überraschungsauftritt Apaches.

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Bülent Ceylan in der SAP Arena

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Gleichzeitig sorgt er sich, es könne „Ärger mit dem Apache-Team“ geben. Aber das dürfte alles von der Kunstfreiheit gedeckt sein. Und kommt beim Heimpublikum beider Stars glänzend an. Unter tosendem Applaus verabschiedet sich Ceylan nach einer knappen Stunde in die Pause: „Monnem, das war die krasseste erste Hälfte bisher!“

Mompfreed toppt Ekel Alfred

Den Wechsel zwischen seinen Bühnenfiguren und seiner eigenen Identität hat Ceylan in 26 Bühnenjahren, derart perfektioniert, dass er in „Yallah Hopp!“ das Comedy-Schießpulver nicht neu erfinden muss. Seine Version des Marvel-Donnergotts kalauert sich als tumber Thor durch Wortwitze und preist die Vorzüge der eigenen „Bleedheit“: „Es ist so schön, bleed zu sein. Da macht man sich nicht so viel Gedanken.“

Nach der Pause sucht er als Harald – teilweise sehr intensiv – die Nähe des Publikums. Er lässt Headbangerin Fabienne gegen Bauchtänzer Jan gegeneinander antreten. Der Preis: eine Tüte mit Merchandising-Artikeln. Product Placement gehört bei Arena-Shows zwar dazu, aber mit Hinweisen auf den eigenen „Spiegel“-Bestseller, das gerade erschienene Top-20-Album (dazu finden Sie hier unsere Plattenkritik), rabattierte Karten für das dazugehörige Konzert im Frankfurter Zoom und die ARD-Sendung „Babbel net“ häuft es sich ein wenig.

Jede Bühnenfigur wird begrüßt wie die Hauptattraktion

Schon beim Auftritt dieser Bloomaul-verdächtigen Gestalt wird eines der Ceylanschen Erfolgsrezepte deutlich sichtbar: Die Begrüßungen sind das Beste. Egal ob Bülent, Thor, Hasan, Harald, Anneliese und Mompfreed – alle werden fast so frenetisch gefeiert werden wie der Showbeginn. Und diese positive Energie macht in der Masse spürbar Spaß. Da ist der Inhalt beinahe nebensächlich, und es wäre vermutlich ein Fehler, die bewährten Figuren mit neuen Facetten zu überfrachten. So hadert Hausmeister Mompfreed weiterhin dermaßen mit seiner Ehefrau Waltraud, dass Ekel Alfred dagegen wie der Bachelor wirkt. Und kultiviert bodenständige Vorurteile wie „Nix gegen Veganer, ich bin ja froh, dass jemand das Unkraut frisst“ und „Divers – oder wie man früher gesagt hat: russische Leichtathletik“.

Comedy-Shows mit "Yallah Hopp", Metal-Shows mit Band

  • Bülent Ceylan wurde am 4. Januar 1976 in Mannheim geboren. Nach dem Abitur 1995 absolvierte er unter anderem ein Praktikum beim Musiksender beim Privatradiosender RPR. Dort lernte er Comedy-Autor Roland Junghans kennen. Am Beginn ihrer jahrelangen Zusammenarbeit entstand Ceylans erstes Comedy-Programm „Produzier’ mich net!“, das Ende 1998 in der „Spaghetti-Oper“ in der Neckarstadt Premiere hatte.
  • „Yallah Hopp“, das dreizehnte Programm des Sohns einer deutschen Mutter und eines türkischen Vaters ist am 9. März in der ausverkauften SAP Arena zu sehen. Für sein zweites großes Heimspiel am 22. März 2025 gibt es noch Karten unter eventim.de (46,05 bis 62,15 Euro plus Geühren). Alle Termine: buelent-ceylan.de/comedy/
  • Der Heavy-Metal-Fan veröffentlicht am 1. März „Ich liebe Menschen“, sein Debütalbum als Sänger. Es erscheint digital und als CD mit zwölf eigenen Songs, die Ceylan unter anderem mit Unheilig-Produzent Henning Verlage und Selig-Gitarrist Christian Neander geschrieben hat. Die Metal-Platte erscheint auf Michael Herbergers Mannheimer Label OneFourAll Music in Kooperation mit Universal Music.
  • Seine erste Tournee als Musiker mit eigener Band startet Ceylan am 20. April im Stuttgarter Wizemann. Es folgen Auftritte im Frankfurter Zoom (21. April), Hamburg (24.), Berlin (25.), Hannover (27.) und Köln (28.). Auch bei den Festivals ist das Projekt gefragt. Ceylan spielt u.a. auf Wacken und beim Rocco del Schlacko. Am 30. August gibt es ein Open Air auf der Burg Wertheim. Karten und mehr: buelent-ceylan.de/musik/

Anneliese ungewohnt politisch

Nur beim Rollenwechsel zu Anneliese gibt es eine Premiere: Er läuft fast pantomimisch in Zeitlupe. Und ausgerechnet die fiepende Pelzhändler-Gattin widmet sich ungewohnterweise der Bundespolitik: Außenministerin Annalena Baerbock drehe sich um 360 Grad und denke dann „sie sei wo anners“, während sie/er den CDU-Vorsitzenden als Friedrich Nerz verballhornt und ihn in Urban-Priol-Manier als „Kanzler-Azubi im 20. Lehrjahr“ abkanzelt.

Neue Metal-Songs sind Arena-tauglich

Ceylans Musik hatte übrigens keine Werbung nötig: Vier Lieder aus Ceylans ernst gemeintem Metal-Album „Ich liebe Menschen“ funktionieren auch in der Arena-Dimension (hier unser Interview dazu). Und das ohne Band, aber mit Live-Gesang, den der Komiker mit noch mehr Herzblut über die Rampe bringt als die Fremdkompositionen aus früheren Programmen. Der Song „Yalla Hopp!“ liefert am Anfang schon mal einen drastischen „Hallo wach“-Effekt.

Am Ende bringt der Partyrocker „Booom“ viele Fans zum Tanzen, nachdem Ceylan vor dem auf Dauer sehr einprägsamen Lied „Rüstung aus Hass“ als Ansage gegen Diktatoren und Hassprediger seine politische Haltung klar gemacht hat. Das hat Gründe, wie der Mannheimer erklärt: „Weil ich vor meinen Kindern nicht eines Tages dastehen möchte und sie fragen mich ,Papa, warum hast du damals nicht öffentlich was gesagt?’“

Klare Haltung auch in puncto Israel und Palästina

Die komplexen, polarisierenden Themen Israel/Palästina oder Ukraine Russland behandelt er mit der entwaffnend souveränen Naivität, die das Privileg von Künstlern ist – und die auch in maßlos aufgeregten Zeiten wichtig bleibt: „Leute, ich bin kein Politiker. Ich kann nur sagen: Es muss endlich Frieden herrschen. Es muss endlich Liebe herrschen. Es kann nicht so weitergehen.“ Für das Paket gibt es Standing Ovations und lautstarken Applaus.

Die über zweistündige Show endet im Lichterschein der Smartphones mit der Ballade „Wohin du gehst“, die Ceylan seiner fast komplett anwesenden Familie widmet. Geschrieben hat er das Lied für seine älteste Tochter, die auf einem anderen Kontinent lebt – „und die ich unendlich vermisse“. Für diesen untypisch emotionalen Ausklang für eine Comedy-Show entschuldigt sich der Hauptdarsteller halb: „Aber wer mich kennt, der weiß: Bülent ist nicht nur Comedy, ich bin erstmal Mensch.“ Genau das ist auch das wirksamste Erfolgsrezept des Mannheimer Bloomauls.

Ressortleitung Stv. Kulturchef

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