Mannheim. Ab Dienstag wird es ernst für Christian Specht (CDU). Da muss der Gemeinderat entscheiden, wofür die Stadt Mannheim im kommenden Jahr Geld ausgibt - und wofür nicht. Der Oberbürgermeister hatte im Oktober einen Vorschlag für den städtischen Haushalt 2024 vorgelegt. Darin sind Investitionen von knapp 200 Millionen Euro vorgesehen, mehr als die Hälfte davon soll in den Schulbau sowie in Straßen, Radwege und Straßenbahntrassen fließen. Insgesamt sehen Spechts Pläne Ausgaben in Höhe 1,610 Milliarden Euro vor - darin enthalten sind etwa Sozialausgaben und Personalkosten, aber auch städtische Zuschüsse an die verschiedensten Einrichtungen.
Vorschlag für städtischen Haushalt in Mannheim: 200 Millionen Euro Investitionen
Doch an manchen Stellen werden die Stadträtinnen und Stadträte den Entwurf des Oberbürgermeisters noch einmal kräftig durcheinanderwirbeln. Die Fraktionen haben mehr als 200 Änderungsanträge gestellt - eine vergleichsweise hohe Zahl. Wir haben die Fraktionen gebeten, uns jeweils drei Änderungsanträge zu nennen, die ihnen besonders wichtig sind. Mehr Entsiegelung von Flächen spielt dabei genauso eine Rolle wie die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum sowie mehr Geld für die Sanierung von Brücken.
Die Änderungsanträge der Fraktionen im Mannheimer Gemeinderat
Grüne: Um den Personalmangel in Kitas zu lindern, fordert die Grünen-Fraktion, dass die Verwaltung auch gezielt Fachkräfte im Ausland anwirbt. Dafür sollen nach dem Willen der Grünen in einem ersten Schritt im Haushalt für 2024 knapp 200 000 Euro eingeplant werden. Außerdem will die Fraktion die Verkehrsberuhigung vor Mannheimer Schulen voranbringen. Dafür fordert sie im Haushalt ebenfalls 200 000 Euro. Losgehen soll es mit der Rheinau-Grundschule. Wichtig ist der Fraktion auch die Entsiegelung von Flächen in der Stadt. Quasi als ersten Schritt in diese Richtung wollen die Grünen den Umbau der Sankt-Peter-und-Paul-Straße in Feudenheim zu einem attraktiven Aufenthaltsort in Angriff nehmen. Für eine Machbarkeitsstudie sollen 25 000 Euro eingeplant werden.
SPD: Die Sozialdemokraten wollen den städtischen Bodenfonds stärken, aus dem die Stadt Grundstücke und Gebäude kaufen kann, um auf diese Weise bezahlbares Wohnen zu ermöglichen. Im Etat-Entwurf der Verwaltung sind für den Fonds im kommenden Jahr zwei Millionen Euro eingeplant. Die SPD will diesen Betrag um 1,5 Millionen Euro aufstocken. Das ist genau der Betrag, den die städtische Wohnungsbaugesellschaft GBG jährlich aus ihrem Gewinn an die Stadt abführen muss. Er soll nach dem Willen der SPD künftig direkt in den Bodenfonds gehen. Das generelle Ziel der Fraktion ist, dass die Stadt in Zukunft mehr Grundstücke kauft als verkauft. Um das zu forcieren, soll es zwei zusätzliche Stellen bei der Verwaltung geben - dafür will die Fraktion im kommenden Jahr 80 000 Euro im Haushalt verankern. In einem ähnlichen Umfang fordern die Sozialdemokraten auch die Finanzierung von zwei Stellen, um die offene Kinder- und Jugendarbeit zu stärken. SPD wie auch Grüne haben darüber hinaus noch eine generelle Kritik am Haushaltsentwurf des Oberbürgermeisters: Es finde sich darin keine regelmäßige Anpassung von Zuschüssen, die die Stadt an andere Einrichtung bezahle. Das sei zum Beispiel mit Blick auf Tarifsteigerungen aber nötig. Deshalb greifen viele der insgesamt knapp 120 Änderungsanträge von Grünen und SPD dieses Thema auf.
Gemeinderat vor Sitzungsmarathon
In seinem Entwurf für den Haushalt 2024 plant Oberbürgermeister Christian Specht mit Einnahmen von rund 1,638 Milliarden Euro. Dem stehen vorgesehene Ausgaben von 1,610 Milliarden Euro gegenüber.
Im Etat-Entwurf sind Investitionen von 198 Millionen Euro vorgesehen – das ist mit Blick auf die vergangenen Jahre vergleichsweise viel. Ein knappes Drittel fließt in die Sanierung und den Neubau von Schulen. Den mit knapp 50 Millionen Euro zweitgrößten Posten bilden Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur. Hier geht es zum Beispiel um den Bau einer Bahnlinie durchs Glücksteinquartier, aber auch um den ersten Abschnitt des Neubaus der BBC-Brücke. Auf Rang drei kommen mit rund 20 Millionen Euro Investitionen in Klimaschutz und Grünflächen.
Formal sind für die Haushaltsberatungen des Gemeinderats drei Tage im Terminkalender geblockt: Dienstag, Mittwoch und Donnerstag, 12. bis 14. Dezember, jeweils von 9 bis 20 Uhr. Die öffentlichen Sitzungen sind im Stadthaus in N 1, unter www.mannheim-videos.de werden sie auch im Livestream übertragen. Viele gehen davon aus, dass der Haushalt im Laufe des Mittwochs beschlossen werden kann.
Zu Beginn der Sitzung am Dienstag steht die Wahl des neuen Dezernenten für Wirtschaft, Arbeit, Soziales und Kultur an. Da die SPD-Fraktion das Vorschlagsrecht für die Position hat, gilt die Wahl ihres Kandidaten Thorsten Riehle als sicher. imo
CDU: Die Fraktion der Christdemokraten sieht im Haushaltsentwurf ihres Parteikollegen Christian Specht bereits vieles umgesetzt, was man in der Vergangenheit gefordert habe - etwa die Stärkung von Ehrenamt und Vereinen oder Investitionen in die Kinderbetreuung oder die Verkehrsinfrastruktur. Deshalb will sich die Fraktion nach eigenen Angaben auf knapp 20 Änderungsanträge beschränken. Unter anderem fordert sie fürs kommende Jahr eine städtische Unterstützung von 60 000 Euro für die Bahnhofsmission, damit diese nach dem Ausstieg der Diakonie ihre von vielen Ehrenamtlichen getragenen Arbeit fortsetzen kann. Außerdem macht sich die CDU-Fraktion für eine Unterstützung in Höhe von 25 000 Euro für Landwirte und Jagdpächter stark. Von dem Geld sollen vier Wärmebilddrohnen gekauft werden, um Rehkitze aus Getreidefeldern zu retten. Einmalig 50 000 Euro soll die Siedlergemeinschaft Blumenau bekommen - für die Sanierung und den barrierefreien Umbau ihres Vereinsgebäudes.
LI.PAR.Tie: Wie die SPD macht sich auch die LI.PAR.Tie dafür stark, die Gewinnabführung der GBG direkt in den städtischen Bodenfonds fließen zu lassen. Außerdem will die Fraktion den Fortbestand eines Angebots der Verbraucherzentrale in der Neckarstadt-West sichern. Die Experten beraten dort Bewohner über deren Rechte als Verbraucher. Für eine Fortsetzung sind laut LI.PAR.Tie im kommenden Jahr rund 54 000 Euro nötig. Auch für eine tierschutzgerechte Regulierung der Taubenpopulation in der Stadt will die Fraktion Geld bereitstellen - konkret 100 000 Euro fürs kommende Jahr. Damit sollen Taubenschläge, in denen man zum Beispiel Eier austauschen kann, gebaut und betreut werden. Die LI.PAR.Tie will mehr als 40 Änderungsanträge stellen.
FDP/Mittelstand für Mannheim: Eine wichtige Geldquelle im Haushalt für 2024 ist die Einführung einer sogenannten Bettensteuer, die Mannheimer Hoteliers pro Übernachtung zahlen müssen. Sie soll der Stadtkasse vier Millionen Euro pro Jahr bringen und bei den Etat-Beratungen beschlossen werden. Die Fraktion von FDP/Mittelstand für Mannheim (MfM) spricht sich entschieden gegen diese Bettensteuer aus - sie sei kontraproduktiv bei dem Bestreben, Touristen und Kongressteilnehmer nach Mannheim zu holen. Um die Digitalisierung voranzutreiben, wollen die Liberalen das Budget für IT-Aufwendungen stärker erhöhen. Die Verwaltung plant eine Erhöhung um 200 000 Euro, die FDP will 300 000 Euro - und das auch gleich festgeschrieben für die kommenden vier Jahre. Darüber hinaus möchte die FDP 40 000 Euro im Etat verankern, um neu angeworbenen Erzieherinnen einen Umzugskostenzuschuss zahlen zu können.
Freie Wähler/Mannheimer Liste: Vier Millionen Euro hat die Verwaltung im Haushalt für die Sanierung von Straßen eingeplant, knapp 7,5 Millionen Euro sind es für die Reparatur von Brücken. Die Freien Wähler/Mannheimer Liste (ML) fordern für beide Töpfe jeweils drei Millionen Euro mehr. Darüber hinaus will die ML an mehreren Stellen Verbesserungen für Radfahrer schaffen - zum Beispiel an der Carlo-Schmid-Brücke, wo es auch mobil eingeschränkte Fußgänger schwer haben. Die Fraktion fordert hier einen barrierfreien Umbau und will dafür 300 000 Euro bereitstellen. Derzeit müssen Radfahrer und Fußgänger, die von Feudenheim kommen, eine Treppe nehmen, um nach Neuostheim zu kommen.
AfD: Auch die AfD-Fraktion wünscht sich im Haushalt deutlich mehr Geld für die Sanierung von Straßen und Brücken. Bei den Straßen fordert die AfD statt der veranschlagten vier Millionen Euro fürs kommende Jahr zehn Millionen. Bei den Brücken verlangt sie zu den angesetzten rund 7,5 Millionen weitere sieben Millionen Euro. Außerdem fordert die Fraktion ein Programm zur Anwerbung von ehrenamtlichen Kräften zum Betreiben der mehr als 80 Notwasserbrunnen in Mannheim im Katastrophenfall. Dafür will sie 30 000 Euro im Haushalt verankern.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Ringen um den Haushalt: OB Christian Specht gegen Grün-Rot-Rot