Mannheim. Noch ist alles sehr vorsichtig formuliert. Genaue, langfristige Zahlen fehlen. Aber klar ist: Bei der Feuerwehr Mannheim besteht „ein nennenswerter personeller Mehrbedarf“. So umschreibt der Entwurf für den neuen Brandschutzbedarfsplan, dass die Wachen derzeit unterbesetzt sind - und zwar deutlich. Das wird Thema am Dienstag im Sicherheitsausschuss des Gemeinderats.
Das Kölner Ingenieurbüro antwortING, spezialisiert auf Gefahrenabwehrberatung, erhielt schon 2019 den Auftrag, den noch von 2013 stammenden Brandschutzbedarfsplan zu überarbeiten. Nach und nach wurden den Stadträten einzelne Teilprojekte vorgestellt. Es gehe darum, „eine deutlich bessere Einsatzverfügbarkeit“ herzustellen“, fasst der neue Sicherheitsdezernent Volker Proffen (CDU) das Ziel zusammen.
Aus der Vorlage für die Stadträte ergibt sich, dass bei der Untersuchung der Gutachter „Personalmehrbedarfe festgestellt“ wurden. Zu lange sei bei der 333 Stellen umfassenden Feuerwehr nämlich „keine fundierte Personalbemessung durchgeführt“ worden - sprich die Zahl der Mitarbeiter wurde schon zehn Jahre nicht mehr der tatsächlich anfallenden Arbeit angepasst. Dabei wurde diese Arbeit immer mehr. Daher würden „aktuell Tätigkeiten aufgrund fehlender Personalressourcen nur unzureichend oder gänzlich nicht bearbeitet“.
Als Beispiel nennt der Gutachter Aus- und Fortbildung der Freiwilligen Feuerwehr, die „immer stärker in das Ehrenamt verlagert“ worden sei. Zudem habe die Feuerwehr „Tätigkeiten im Bereich von Prüfungen, Dokumentationen, Vorsorge und Nachsorge auf das unbedingt notwendige Maß reduziert“, was nur eines von mehreren Beispielen sei, wo Aufgaben „nur unzureichend oder überhaupt nicht bearbeitet“ worden seien, weil einfach Kräfte fehlten. Weitere Beispiele werden nicht genannt. Aber bekannt ist zum Beispiel, dass Aufträge im Bereich Vorbeugender Brandschutz - also etwa Stellungnahmen zu Bauanträgen - immer dann liegenbleiben müssen, wenn die zuständigen Fachkräfte bei Einsätzen gefordert sind oder Sonderaufgaben wahrnehmen müssen, wie während der Corona-Pandemie das Impfzentrum.
Allein für kommunales Krisenmanagement sind nach Ansicht der Gutachter vier Vollzeitkräfte erforderlich, für die Digitalisierung sechs Stellen. Wenn diese Digitalisierung aller Prozesse einmal vollständig umgesetzt sei, könne der Personalaufwuchs wieder um rund zwölf Prozent reduziert werden. In der Vorlage heißt es lediglich, es würden „diverse Optimierungen vorgenommen“, um den Mehrbedarf „auf ein sinnvolles Maß zu begrenzen“.
Genaue Zahlen, was das langfristig unter dem Strich an Stellen bedeutet, stehen nicht in der Vorlage, und auch Bürgermeister Proffen nennt sie auf Anfrage nicht. Das sei „noch nicht fix“, sondern es werde sich „im Lauf der Umsetzung zeigen“, so Proffen.
Sicher ist nur, dass die Löschzüge derzeit zu knapp besetzt sind. Sie bestehen aus einer Drehleiter und zwei Löschfahrzeugen, wovon eines mit sechs und eines mit vier Einsatzkräften besetzt ist. Sechs sind aber aus Sicherheitsgründen das Minimum - das soll aufgestockt werden. Allein dafür sind in einem ersten Schritt 28 Stellen nötig, weil man - durch den Schichtbetrieb rund um die Uhr - pro Stelle 5,3 Leute braucht. Zudem sitzt derzeit der Zugführer - ohne Führungsassistent - gleichzeitig als Fahrzeugführer auf dem ersten Löschfahrzeug. Eine solche Doppelfunktion ist nicht mehr zulässig. Auch da besteht also Nachholbedarf. Da hat die Feuerwehr für die Folgejahre weitere 36 Stellen beantragt. Dass derzeit Sonderaufgaben wie Höhenrettung von Löschzugbesatzungen abgedeckt werden, was der Gutachter ebenso monierte, ist da noch gar nicht eingerechnet. Einen Großteil der neuen Mitarbeiter will die Feuerwehr durch eigene Ausbildung gewinnen, nur einen Teil von anderen Städten - arbeitslose Feuerwehrleute, die man einfach so einstellen könnte, gibt es nämlich nicht.
Die neuen Standorte
Klar ist, dass die Feuerwehr ihr Konzept ändert. Sie will künftig schon binnen acht Minuten an der Einsatzstelle sein, statt in zehn. Dazu sind neben der Hauptfeuerwache und der Wache Nord in Käfertal, die bestehen bleiben, vier neue, kleinere Standorte nötig. Bislang waren nur die Stadtteile bekannt, nun sind die Standorte genau festgelegt.
Schönau: Ecke Lilienthalstraße/Frankenthaler Straße, Brachfläche in städtischem Besitz, um Einsatzorte im Norden schneller zu erreichen
Neckarstadt: Das leere Grundstück an der Untermühlaustraße, wo baufällige GBG-Blocks schon vor Jahren abgerissen wurden. Zwar ist hier auch eine Landeserstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge geplant, aber für die Feuerwehr würde der südliche Teil reichen.
Rheinau: Auf dem Areal der bisherigen, aber völlig baufälligen Wache Süd soll ein - kleinerer - Neubau für eine Staffelwache und die Freiwillige Feuerwehr entstehen.
Seckenheim: In den früheren Stem-Barracks wäre dort, wo das mal abgebrannte Gebäude der Militärstaatsanwaltschaft stand, Platz für eine neue Fahrzeughalle, das - denkmalgeschützte - benachbarte Verwaltungsgebäude könnte modernisiert und für Büros genutzt werden. Zudem wäre dort noch Platz für ein Katastrophenschutzlager.
Beim Standort Seckenheim hatten Stadträte Bedenken angemeldet, weil dort auch die TSG Seckenheim einen großen Sportpark plant. Laut Proffen lassen sich „beide Nutzungen sehr gut nebeneinander vereinbaren“, denn das von der TSG gewünschte Grundstück liege westlich der Fläche, welche die Feuerwehr nutzen will. „Wir haben da Vorbehalte ausgeräumt“, versichert er. Er könne sich sogar gut eine Zusammenarbeit vorstellen. Bei allen geplanten Grundstücken haben, so Proffen, schon Gespräche mit Stadtplanung und Wirtschaftsförderung stattgefunden. Eine Reihenfolge, wo zuerst gebaut wird, gibt es aber noch nicht. Ohnehin sei das „eine Sache der nächsten zehn bis 15 Jahre“.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Wechsel bei der Feuerwehr: Weichen richtig gestellt