Walldorf. Herzlich willkommen im „Smart“, dem intelligenten und nachhaltigen Supermarkt! So nennt ihn zumindest SAP. Der „Smart“ befindet sich am Stammsitz Walldorf, Gebäude WDF 49. In der Kühltheke stehen Hafermilch und Sojagulasch, daneben liegt frisches Brot aus. In den Regalen: Tomatensuppe und Pesto im Glas. Die Beschriftung in den Gängen ist Englisch.
Auf den ersten Blick sieht der „Smart“ aus wie ein gewöhnlicher Supermarkt. Ist er aber nicht. Der „Smart“ ist nachgebaut im „Experience Center“ von SAP. Auch die Öffentlichkeit kommt hier in der Regel nicht rein, dafür Kunden von SAP. Händler sollen sehen, was in ihrem Laden künftig alles möglich sein soll. „New Retail“, sagen die Fachleute. Der neue Handel.
Sensoren, Videokameras - das alles kostet viel Geld. Ob sich diese Investitionen eines Tages auszahlen werden, steht auf einem anderen Blatt. Klar ist: Schon heute erwarten Händler sowie Verbraucherinnen und Verbraucher „massive Veränderungen“ in den Geschäften. Das geht aus einer Studie des Branchenverbands Bitkom hervor. Zu jeder Tages- und Nachtzeit mit dem Smartphone im Laden vor Ort einchecken, sich per App über Produkte und Preise informieren und beim Verlassen des Geschäfts automatisch zahlen - erste Supermärkte und Einzelhändler bieten auch in Deutschland bereits komplett digitale Einkaufserlebnisse. Bald könnte dies Standard werden.
So vermuten jeder zweite Händler und auch die Hälfte der Internetnutzer, dass im Jahr 2030 durch den Einsatz digitaler Lösungen viele Geschäfte durchgängig, also 24 Stunden am Tag die komplette Woche, geöffnet sein werden. 69 Prozent der Händler und 51 Prozent der Internetnutzer gehen davon aus, dass die Kassen schon bald aus den Läden verschwinden werden und das Bezahlen beim Verlassen eines Geschäfts automatisch ablaufen wird.
„Datenschutz gilt“
Kameras stellen fest, wo sich die Kundschaft am meisten aufhält. Dort könnten Händler die margenstärksten Produkte aufstellen. Herkunft, CO2-Fußabdruck, Inhaltsstoffe und weitere relevante Produktinformationen sollen zudem direkt im Laden verfügbar sein. Diesen Punkt hebt Andre Bechtold, Leiter des „Experience Center“, hervor. Wer zum Beispiel eine Allergie habe, könne das Etikett eines Produkts scannen - und das Smartphone schlage sofort Alarm, wenn ein Lebensmittel einen bestimmten Stoff enthalte, erklärt er.
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Bechtold leitet das „Experience Center“ in Walldorf. Man kann es sich als einen Ausstellungsraum für SAP-Kunden vorstellen. Denn was Softwareunternehmen machen, ist manchmal schwer zu greifen. SAP unterhält solche Zentren in der ganzen Welt: unter anderem in New York (USA), in São Leopoldo (Brasilien, in Barcelona (Spanien) - und eben in Walldorf. Hier ist das „Experience Center“ neu gestaltet und zudem erweitert worden.
„Wo Kundendaten direkt im Supermarkt erhoben werden, sei es durch Kameras oder andere Sensoren, die personenbezogene Daten erfassen, gilt selbstverständlich der Datenschutz“, sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder. Entsprechende Technologien seien bereits gut ausgereift und erprobt, etwa an Selbstbedienungskassen. Und: „Umfangreiche technologische Neuerungen beim alltäglichen Einkauf sollten Kundinnen und Kunden gut verständlich erklärt werden. Vertrauen in die Systeme und die stattfindende Datenverarbeitung sind essenziell für den digitalen Supermarkt der Zukunft.“
Ein paar hundert Meter weiter, in einer 500 Quadratmeter großen Halle, sind Teile von Fabriken nachgebaut. Der Name: „Industry 4.0 Center Pop-Up Factory“. Diese Ausstellung ist neu und aus Sicht von SAP in Zeiten gestörter Lieferketten rund um den Globus wichtiger denn je.
„Schon vor einigen Jahren wurde die Idee zur Fabrik zum Anfassen geboren, sie ist seither schrittweise gewachsen“, sagt Matthias Deindl, Leiter SAP Industry 4.0 Center Walldorf. „Wir zeigen alle Phasen im Produktlebenszyklus, von Design des Produkts über die Planung, Fertigung, Logistik sowie Instandhaltung.“ Kunden kommen zum Beispiel aus der Chemiebranche oder aus dem Maschinen- und Anlagenbau.
In der Komponentenfertigung wird veranschaulicht, wie der Mensch bei seinen Tätigkeiten unterstützt wird. Demnach soll ein Beschäftigter durch die Technologie „Augmented Reality“ wissen, wohin er greifen muss - und bekommt sofort Rückmeldung, ob alles richtig gewesen ist.
Schraube falsch angezogen
Der Fertigungsprozess selbst mitsamt den Maschinen wird per SAP-Software gesteuert. Über ein Foto soll das System automatisch erkennen, ob ein Fehler vorliegt - zum Beispiel, wenn eine Schraube nicht richtig angezogen worden ist. „Auf diese Weise kann man eine hohe Prozessqualität sicherstellen“, erklärt Deindl.
Ein weiteres Beispiel: In der Chemiebranche können individuelle Rezepturen von der Anlage entsprechend gemischt werden. Durch Echtzeitrückmeldung von Sensoren sollen die Umgebungsparameter ständig überprüft und es soll automatisch sichergestellt werden, dass das zu mischende Produkt eine gute Qualität hat.
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