Ratgeber

„Flip-Flops sind zum Autofahren völlig ungeeignet“

Arbeitspsychologe Friedrich Müller rät am Steuer dringend von den Zehensandalen ab. In einem Test hat er herausgefunden, wie groß das Risiko mit Flip-Flops beim Autofahren ist

Von 
Hanna Gersmann
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Tests ergaben, dass Autofahrer mehr Zeit zum Bremsen brauchen, wenn sie Flip-Flops tragen. © Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Berlin. Ach, Sommer! Endlich. Die Füße dürfen an die frische Luft. Im Schwimmbad, auf der Party, beim Camping, eigentlich überall laufen die Menschen in Flip-Flops rum, in diesen angesagten Sandalen. Und dann sollen nur schnell Brötchen oder anderer Kram geholt werden, darum schnell ins Auto gesprungen.

Stopp! „Flip-Flops sind völlig ungeeignet zum Autofahren.“ So warnt Friedrich Müller. Der Professor ist einer der wenigen, wenn nicht der einzige in Deutschland, der untersucht hat, wie sich mit Flip-Flops bremsen lässt, welche Risiken im Verkehr bestehen. Darum ein Anruf bei ihm.

Bei einem Unfall kann es mit Flip-Flops Probleme mit der Versicherung geben

Die Frage taucht im Sommer schließlich immer wieder auf: Darf ich mit diesem nicht festen Schuhwerk Auto fahren? Immer heißt es dann: Es gibt kein Gesetz, dass es einem verbietet mit Schlappen, Clogs, hochhackigen Schuhen oder auch locker sitzenden Gummistiefeln zu fahren. Die Polizei wird also auch niemanden anhalten, um zu kontrollieren, welche Schuhe der oder die hinter dem Steuer eines Pkw trägt. Allerdings könne es aber sein, dass einem bei einem Unfall eine Teilschuld zugesprochen wird oder es Probleme mit der Versicherung gibt.

Wer nicht fährt, darf im Auto natürlich auch Flip-Flops tragen. © Tory Burch/dpa

Das bestätigt dieser Zeitung auch Kirstin Zeidler, die die Unfallforschung beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft leitet und meint: „Um sich und andere nicht zu gefährden und Unfälle zu vermeiden, sollte man rutschsichere, feste Schuhe tragen, die auch bei harten Bremsmanövern Halt bieten.“

Bei der Erfindung der Flip-Flops dachte niemand an Autos

Aber was passiert genau im Autoverkehr mit lose am Fuß sitzend Schlappen? Diese Zehenstegsandalen sind im Grunde eine uralte Erfindung. Den Prototypen gab es schon bei den alten Ägyptern. An das Auto dachte da noch niemand. Nur der Name Flip-Flop ist noch ziemlich neu, der dieses nun ja: fluffige Geräusch bezeichnen soll, welches entsteht, wenn sich die Plastiksohle beim Laufen vom Fuß löst. Er kommt aus den 1950er Jahren. In Deutschland wurden die Gummilatschen dann vor allem hipp, als sich die Triathletin Stefanie Schulze 1997 den Begriff in der Schreibweise „Flip*Flop“ als deutsche Marke schützen ließ.

Arbeitspsychologe Friedrich Müller erzählt zuerst von einer Studie aus den USA. Da seien 3000 Unfallberichte durchgeschaut worden. In neun Fällen habe der Unfall „gesichert mit dem Schuhwerk zusammengehangen.“ Neun von 3000 - das mag sich für manchen nicht dramatisch anhören. Doch Müller erklärt: „Da besteht ein zu großes Risiko.“ Die oft bunten Dinger mit der Plastiksohle können sich leicht verhakeln zwischen den Pedalen. Aber das ist es nicht allein.

Flip-Flop-Träger benötigen viel mehr Zeit zum Bremsen

Ein Fahrsimulator, ein VW-Golf, 40 Personen, 5400 Bremsmanöver, die eine Hälfte davon mit Flip-Flops, die andere mit fest geschlossenem Schuhwerk. Das war die Versuchsanordnung, die Müller am Institut für experimentelle Wirtschaftspsychologie, dem sogenannten LüneLab, an der Leuphana Universität Lüneburg aufgestellt hat. Das war schon vor acht Jahren. Doch die Ergebnisse hätten bis heute Bestand, sagt der Professor.

Für den Urlaub geeignet, fürs Autofahren eher nicht: Flip-Flops. © Monika Skolimowska/dpa

Gemessen wurden unter anderem die Zeiten, wie lange es dauert, bis das Gaspedal entlastet und das Bremspedal gedrückt wurde - bei einer Ampel, die auf rot springt, bei einer, die auf gelb springt, und bei einem Kind, das plötzlich mit dem Skateboard auf der Straße auftaucht. Dabei zeigte sich „eindeutig“, sagt Müller: „Die Probanden mit Flip-Flops benötigten mehr Zeit zum Bremsen. In überraschend auftretenden Bremssituationen verlängerte sich der Bremsweg bei einer Geschwindigkeit von 100 Kilometern pro Stunde im Schnitt um rund 2,5 Meter.“

Die Schuhwerk-Regel für Lkw-Fahrer gilt bis heute

Fast die Hälfte der Latschen-Fahrer verfehlte mindestens einmal das Bremspedal, ein knappes Drittel rutschte mindestens einmal vom Pedal ab. Und 80 Prozent der Fahrer gaben an, dass sie sich beim Fahren mit Flip-Flops wesentlich unsicherer fühlten. Interessant ist der Auftraggeber, den Experte Müller für die Studie hatte: die unter anderem für Lkw-Fahrer zuständige Berufsgenossenschaft, die BG Verkehr.

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Nach den Unfallverhütungsvorschriften müssen Fahrer eines Lkw „den Fuß umschließendes Schuhwerk tragen“. Das wird durchaus kontrolliert, etwa von der Autobahnpolizei. Werden die Fahrer dann barfuß oder mit Flip-Flops erwischt, müssen sie ein Bußgeld zahlen. Einige Trucker, so erzählt Müller, hätten moniert, dass sie anders behandelt würden als Autofahrer, aber sicher nicht schlechter fahren würden. Und im Sommer sei es nun einmal heiß in den Fahrerkabinen. Also habe die BG Verkehr untersuchen lasse wollen, ob die feste Schuhwerk-Regel abgeschafft werden kann. Es gibt sie für Lkw-Fahrer bis heute.

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