Die Engelhorns

Familie Engelhorn hat das Mäzenatentum im Gen

Von 
Peter W. Ragge
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Er spendet für das Bismarckdenkmal und für ein Standbild von Kaiser Wilhelm - BASF-Gründer Friedrich Engelhorn macht sich früh als Mäzen einen Namen. Das geht nicht so weit wie bei Schwiegersohn Carl Reiß, der eine Insel (heute Reißinsel) und sein gesamtes Vermögen der Stadt vermacht. Aber Engelhorn ist ja auch nicht, wie Reiß, kinderlos, sondern immerhin Vater von zwölf Söhnen und Töchtern - die alle etwas erben wollen.

Sein gleichnamiger, ältester Sohn Friedrich Engelhorn gilt - Überlieferungen zufolge - auch als sehr sozial. Als Chef der Firma Boehringer gestattet er das kostenlose Waschen seiner Mitarbeiter und ihrer Familien mit heißem Wasser. Während einer Grippeepidemie lässt er kostenlos Chininlösung verteilen. In seinem Testament kurz vor seinem Tod 1910 bittet er seine Söhne, danach zu streben, „dass der Name Engelhorn noch einen hohen edlen Klang bekomme, den ich im Jenseits wohl befriedigt hören werde.“

Stiftung bringt Museum enorm weiter

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Diesen Klang hat der Name heute in Mannheim und der Region wirklich. Schließlich gehen auf die Ur-Urenkel des BASF-Gründers mehrere sehr großzügig dotierte Stiftungen zurück. Das entscheidende Datum ist das Jahr 1997. Da verkaufen die Mitglieder der Familie Engelhorn als Gesellschafter alle ihre Anteile an dem Pharmaunternehmen Boehringer Mannheim, das sie seit 1892 führen, an den Schweizer Konzern Hoffmann-La Roche. Über 19 Milliarden D-Mark (11 Milliarden Dollar) sollen geflossen sein - weitgehend steuerfrei abgewickelt über eine Holding auf den Bermudas. Politisch wird das zwar als „unsittlich“ kritisiert, doch es ist legal. In Mannheim sichert es immerhin die Arbeitsplätze bei der Pharmafirma auf dem Waldhof, die unter Führung von Roche einen deutlichen Aufschwung erlebt.

Ein paar Jahre ist es still um die Familie - bis zu einem Paukenschlag. 2001 stiftet Curt Engelhorn (Bild oben) für das Mannheimer Reiß-Museum, das seither auch seinen Namen trägt, 40 Millionen Mark (20 Millionen Euro) und stockt das Kapital seither mehrfach, zuletzt auf 25 Millionen Euro, auf. Diese Spende ist seinerzeit eine bis dahin in dieser Form nie gekannte Größenordnung. Sie macht es möglich, dass das vorher sehr behäbige Stadtmuseum zum national renommierten, ja international vernetzten Forschungs- und Ausstellungskomplex wird, mit dem angegliederten und auf Materialanalysen sowie Echtheitsbestimmungen antiker Funde spezialisierte Curt-Engelhorn-Zentrum Archäometrie. Bis zu seinem Tod 2016 sitzt Curt Engelhorn im Stiftungsrat, kommt zu Ausstellungseröffnungen und lässt sich über einen Mannheimer Rechtsanwalt regelmäßig auf dem Laufenden halten, was hier passiert.

Durch seine amerikanische Mutter und das Studium in Texas motiviert, fördert Curt Engelhorn zudem intensiv die Amerikastudien an der Universität Heidelberg. Dazu zählt der Aufbau einer Bibliothek für Amerikanische Geschichte, des Curt-Engelhorn-Lehrstuhls für Amerikanische Geschichte, schließlich das ganz neue Heidelberg Center for American Studies (HCA) mit seinem außergewöhnlichen Domizil - dem Curt und Heidemarie Engelhorn Palais in der Hauptstraße 120. Zu ihrer 625-Jahr-Feier erhält die Aula der Ruperto Carola eine neue Orgel - auch das dank Curt Engelhorn.

Aber ebenso engagiert ist ein zweiter Familienzweig - der von Peter Engelhorn, der verstorbene Cousin von Curt Engelhorn und ebenso Boehringer-Mitgesellschafter. Er ist Mitbegründer des Fördererkreises für die Reiss-Engelhorn-Museen, hat auch Stiftungen in Wien und Lausanne ins Leben gerufen. Nach seinem Tod folgt 1993 seine Frau Traudl (Bild unten) mit der Peter und Traudl Engelhorn-Stiftung zur Förderung von wissenschaftlichem Nachwuchs der Lebenswissenschaften in Bayern.

Den von ihrem Mann gegründeten Verein „PE-Förderungen für Studierende der Musik“, der hochbegabte junge Musiker individuell durch Stipendien sowie die Ausleihe hochkarätiger Streichinstrumente fördert und jährlich einmal bei einem exklusiven, hochkarätigen Konzert im Zeughaus präsentiert, finanziert sie großzügig weiter. Geführt wird er inzwischen von der nächsten Generation, an die sie das Stifter-Gen weitergeben hat - ihre Tochter Angelika Milos. Auch die von Traudl Engelhorn und ihrem Mann mit viel Liebe und Leidenschaft gesammelten kunstvollen Glasskulpturen sind immer mal wieder in den Reiss-Engelhorn-Museen zu sehen - wodurch der Kontakt zu dem Haus dann intensiver wird.

Das führt dazu, dass Traudl Engelhorn 2013 selbst zur noblen Stifterin für das Museum wird. In Gedenken an ihren verstorbenen Ehemann ruft sie die „Brombeeren-Stiftung“ ins Leben, stattet sie mit einem Kapital von 20 Millionen Euro aus und stockt mehrfach auf - so dass sie die Stiftung von Curt Engelhorn inzwischen überrundet hat.

Derzeit entsteht mit einer zusätzlichen Zehn-Millionen-Euro-Spende von ihr gar ein eigener Museums-Neubau im Quadrat C 4, zu dessen Grundsteinlegung sie - trotz großer Sommerhitze - im Juli 2019 die über 90-jährige Stifterin sogar eigens aus der Schweiz anreist und zum Spaten greift. Auch über die Brombeeren-Stiftung hinaus zeigt sich Traudl Engelhorn immer wieder großzügig. Das moderne Sportzentrum des TSV 1846 am Fernmeldeturm wäre ohne die Mäzenin ein Traum geblieben. Und ob sie mit einer Großspende von 400 000 Euro den Grundstein für die Sanierung der Orgel der Christuskirche legt, bei der Beleuchtung der Kirchenkuppel mit dem goldenen Erzengel Michael oder der Finanzierung des Pfarrvikariats hilft - stets ist Traudl Engelhorn bereit, ihre alte Gemeinde zu unterstützen. Dabei will sie sehr zurückgezogen leben und mag keinerlei Aufsehen.

Enkelin in den Schlagzeilen

Dagegen macht die nachfolgende Generation Schlagzeilen. Ihre Enkeltochter Marlene geht damit an die Öffentlichkeit, dass sie nach dem Tod ihrer Großmutter einen zweistelligen Millionenbetrag erben wird. Sie studiert Germanistik an der Universität Wien und hat sich dem Netzwerk „Millionairs for Humanity“ angeschlossen, das dafür wirbt, dass Reichtum gerecht verteilt werden soll. Da es in ihrer Heimat Österreich keine Erbschaftssteuer gebe, kündigt die 29-Jährige an, 90 Prozent ihres Vermögens spenden zu wollen. „Ich habe nichts getan für dieses Erbe. Das ist pures Glück im Geburtslotto und reiner Zufall“, wird sie in einem Interview zitiert. Solche lauten Worte gefallen der stets still und bescheiden auftretenden Großmutter sicherlich nicht.

Aber familiärer Zwist ist in der Engelhorn-Verwandtschaft ohnehin keine Seltenheit. Wegen nicht versteuerter Schenkungen wandern die zwei Töchter von Curt Engelhorn gar 2013 für ein paar Tage gar in U-Haft. Durch Nachzahlungen und einen Strafbefehl in Millionenhöhe wird das indes aus der Welt geschafft. Sie ziehen dann um in die Schweiz.

Redaktion Chefreporter

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