Mannheim. Über das sogenannte Heizungsgesetz, das Anfang nächsten Jahres offiziell in Kraft treten soll, ist schon so viel diskutiert, gestritten und geschrieben worden. Und trotzdem sind die Auswirkungen der Regelungen, deren Verabschiedung im Bundestag im September vorgesehen ist, offenbar sogar noch für Experten unklar. Insbesondere was Baden-Württemberg und Hessen betrifft, wo die Landesregierungen die größeren Städte bereits zu Wärmeplanungen verpflichtet haben, mit denen das Heizungsgesetz ja verknüpft werden soll.
Geschäftsführer des Verbands für Energiehandel Südwest-Mitte: „Nicht bis zum Winter warten“
So sagt etwa der Geschäftsführer des Verbands für Energiehandel Südwest-Mitte (VEH), Hans-Jürgen Funke: „Es ist im Moment noch nicht sicher“, inwieweit das Heizungsgesetz mit den bestehenden Landesregelungen „in Einklang zu bringen ist. Das kann Ihnen im Moment scheinbar auch niemand rechtsverbindlich sagen.“ Darum lautet seine Einschätzung zu dem von der Ampel-Koalition auf den Weg gebrachten Gesetz: „Im Moment kann man davon ausgehen, dass diese Umsetzung zum 1. Januar 2024 auch in Baden-Württemberg und Hessen in der Form noch nicht erfolgen wird.“
Interessenvertreter des Energiehandels
- Der Verband für Energiehandel Südwest-Mitte (VEH) vertritt die Interessen von rund 350 vorwiegend mittelständischen Mitgliedsfirmen aus dem Brennstoff- und Mineralölhandel.
- Zum Verbandsgebiet gehören Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Thüringen.
- Die Mitgliedsunternehmen decken rund 80 Prozent des Marktvolumens aller im Verbandsgebiet ansässigen Händler ab; dies entspricht etwa einem Drittel des deutschen Markts.
- Das Produktportfolio umfasst neben Heizöl auch Holzpellets, Kohle, Kraftstoffe, Schmierstoffe und technische Gase.
- Der Verband hat seinen Sitz in der Mannheimer Oststadt. red
Unsicherheiten gibt es auch bei einem anderen großen Thema, das bei der Pressekonferenz des Verbands nach dem Abschluss der ersten Halbjahrs eine Rolle spielt. Wann ist für die deutschlandweit rund 5,4 Millionen Besitzer einer Ölheizung der beste Zeitpunkt, um den Tank zu füllen? „Nicht bis November oder Dezember warten“, rät Funke, „sondern sich jetzt vor oder direkt nach dem Urlaub drum kümmern. Dann hat man zumindest die jetzige noch halbwegs günstige Situation genutzt.“
Zwar steht auch diese Aussage unter einem gewissen Vorbehalt, weil niemand genau weiß, wie sich die Preise wirklich entwickeln werden; und der Rat eines Lobbyisten ist natürlich immer mit Vorsicht zu genießen. Doch der VEH-Geschäftsführer hat durchaus Argumente, die er ins Feld führen kann: Die OPEC versuche durch Verknappung den Ölpreis in die Höhe zu treiben, die USA würden vermutlich demnächst ihre Ölreserven wieder auffüllen und China bei anziehender Konjunktur mehr Energie benötigen: „Darum können wir bei den Preisen von einer leichten Steigerung ausgehen.“
Bei so viel Unsicherheit sind ein paar Zahlen hilfreich - auch wenn sie anscheinend ebenfalls wieder die Verunsicherung der Verbraucher widerspiegeln. Denn diese reagieren offenbar auf die Umwälzungen im Wärmemarkt, indem sie vor der anstehenden Neuregelung Fakten schaffen: So sind nach Angaben des Bundesverbands der Deutschen Heizungsindustrie im ersten Quartal dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahr insgesamt deutlich mehr Heizungen verkauft worden.
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Am größten war der Zuwachs bei den Wärmepumpen (111 Prozent) und Ölkesseln (100 Prozent), wo etwa doppelt so viele Anlagen verkauft worden sind. Aber auch 14 Prozent mehr Gasheizungen sind zu Beginn dieses Jahres eingebaut worden.
Wärmewende ist eine „Riesenherausforderung“
Im zweiten Quartal, für das es noch keine offiziellen Zahlen gibt, hat sich dieser Trend dem VEH zufolge jedoch wieder abgeschwächt. „Speziell bei den Wärmepumpen, aber auch bei den anderen Heizgeräten“, berichtet Funke. „Das hängt einfach damit zusammen, dass insgesamt eine gewisse Zurückhaltung wieder stärker um sich greift.“
Was sich immerhin sicher sagen lässt: Der CO2-Preis - also die vom Staat verlangte Abgabe für die Umweltverschmutzung durch das Treibhausgas - wird in den kommenden Jahren steigen. Und zwar von aktuell 30 Euro pro Tonne auf 45 Euro 2025. Entsprechend steigen laut VEH auch die jährlichen Kosten dafür - bei einem mit Gas beheizten Einfamilienhaus mit einem Verbrauch von 20 000 Kilowattstunden etwa von 144 auf 216 Euro; bei einem mit Öl geheizten Haus bei einem Verbrauch von 2000 Litern von 161 auf 242 Euro. „Öl und Gas werden tendenziell teurer“, sagt Funke. Da zurzeit aber noch knapp 80 Prozent aller Gebäude in Deutschland auf Basis fossiler Energien beheizt werden, sei die Wärmewende „eine Riesenherausforderung“.
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