Ludwigshafen. Eine Million Flaschen lagern zu Spitzenzeiten im BASF Weinkeller. Der Herr der Weine ist Bernhard Wolff. Der Weinkeller-Chef führt uns durch sein Reich – deshalb geht es gleich nach unten. Von Wein ist aber erst mal nichts zu sehen in den labyrinthischen Kellerräumen unter den Verkaufsräumen in der Ludwigshafener Anilinstraße. Stattdessen: Hunderte von grauen, braunen oder weißen Pappkarton-Stapeln, die auf den Versand warten. Beim Gang durch sachlich-nüchterne Lagerräume bei kühlen 12,4 Grad wird klar: Das hier ist Business! Ein hartes noch dazu. Bis die Weine hier verkauft werden, haben sie einen harten Auslese-Prozess hinter sich.
Herr Wolff, wie suchen Sie die Weine aus, die der Weinkeller anbietet?
Bernhard Wolff: Wir haben kein eigenes Weingut und haben uns immer die Freiheit genommen, das Beste auszuwählen. Deshalb ist die Kompetenz des Weinkeller-Teams so wichtig. Wir probieren jährlich rund 5000 Weine, mein Rekord sind 150 Weine an einem Tag. Natürlich wird der Wein nicht getrunken, sondern gleich wieder ausgespuckt. Trotzdem hat jeder Weinverkoster ein geeichtes Alkohol-Messgerät – und nimmt dann im Zweifel ein Taxi nach Hause.
Wie setzt sich Ihr Team zusammen?
Wolff: In unseren Reihen haben wir Küfer, also die Wein machen können, und Sommeliers. Da haben wir viel Knowhow. Wir sind stolz darauf, dass die beste Nachwuchssommelière 2023 bei der Gastronomie-Vereinigung Châine de Rôtisseurs bei uns ausgebildet wurde. Dazu kommen Betriebswirte für Weinwirtschaft und Ingenieure für Weinbau und für Getränketechnologie. Dieses Team ist sehr wertvoll im Weinkeller, denn die 23 Menschen hier sichern die Qualität.
Dieses Team ist ganz schön streng.
Wolff: Dass unsere Kompetenz fruchtet, merken wir daran, dass die von uns früh ausgesuchten Weine ganz oft auch Wettbewerbe gewinnen. Wir versuchen mal den Wein zu finden, auf den ich ganz stolz bin …
Wolff läuft zielgerichtet durch die Kisten-Reihen und kommt mit einer Flasche Weißwein in der Hand zurück.
Wolff: Das ist ein Wein vom Weingut Kimich in Deidesheim. Das beliefert uns schon seit Jahrzehnten exklusiv. Dieser Deidesheimer Langenmorgen Riesling wurde von der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz unter 2000 Rieslingen zum Siegerwein gekürt. Das heißt, er ist sozusagen der beste Riesling der Pfalz. Da sind wir stolz wie sonst was, dass das ein BASF-Exklusiv-Wein ist.
Der BASF Weinkeller
- Seit Ende 2013 ist Bernhard Wolff Chef des BASF-Weinkellers in Ludwigshafen. Meist trägt der Weinexperte eine Fliege als Markenzeichen. Sein VWL-Studium verdiente er sich mit der Arbeit bei pfälzischen Winzern.
- Der BASF-Weinkeller wurde 1901 gegründet - ursprünglich nur für die Ludwigshafener Belegschaft.
- Auf Lager hat der Fachhändler mehr als 2000 Sorten und je nach Jahreszeit bis zu einer Million Flaschen.
- Der Weinkeller hat eine Lagerfläche von 4000 Quadratmetern und zählt zu den zehn größten Weinfachhändlern in Deutschland.
- Zu Wolffs Team gehören 23 Mitarbeitende, darunter Weinbauingenieure, Weinbetriebswirte, Sommeliers und Weinküfer.
Was hat es denn mit BASF- Exklusiv-Weinen auf sich?
Wolff: Einfach gesagt: Wenn uns was gut gefällt, dann wollen wir alles. Das sind Lagen eines Weinguts, die es nur bei uns gibt. Das ist ein zusätzliches Qualitätsversprechen. Da wir eine große Menge einkaufen, können wir auch zu einem guten Preis verkaufen. Und der Winzer kann sich sicher sein, dass sein Wein in ganz Deutschland, in der ganzen Welt bekannt wird.
Also die klassische Win-Win-Situation.
Wolff: In Deutschland kommen den Menschen manchmal Bedenken, wenn sie BASF auf einer Weinflasche lesen, aber im Ausland stehen die vier Buchstaben für hohe Qualität und Verlässlichkeit – darauf verlassen sich gerade Kunden gerne, die nichts von Wein verstehen. Inzwischen vermarkten wir 150 Exklusivweine mit strategischen Partnern weltweit. Unser ältester Partner hat übrigens Wurzeln in Mannheim: Der erste Teil des Namens Bassermann-Jordan kommt von der ehemaligen Mannheimer Bankiersfamilie Bassermann. Da hat ein Bassermann in die Deidesheimer Winzerfamilie Jordan eingeheiratet. So, jetzt zeige ich Ihnen mal ganz andere Dinge. . .
Wir laufen weiter, Wolff macht immer wieder einen Abstecher, bringt Flaschen mit kuriosen Etiketten oder einem BASF-Bezug, etwa eine Zeichnung eines Bären mit Verband zu Ehren des neuen BASF Medical Center.
Der BASF-Weinkeller zählt zu den zehn größten deutschen Weinfachhändlern. Innerhalb des riesigen Chemiekonzerns ist er aber ein kleines, exotisches Randgeschäft. Warum leistet sich die BASF einen eigenen Weinkeller – auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wie diesen?
Wolff: Wir sind ein kleines Profitcenter innerhalb des Konzerns. Unser Benefit sind die soften Faktoren, die wir im Kundenbeziehungsmanagement und im Marketing liefern können. Dennoch müssen wir kostendeckend arbeiten. Das ist herausfordernd.
Sie sind also Wein- und Marketingexperte im Auftrag der BASF. Ich kenne Sie zum Beispiel als charmanten, sehr unterhaltsamen Conférencier bei BASF-Veranstaltungen.
Wolff: Das gilt für mich ebenso wie für meine Kollegen. Wir sehen uns aber nicht nur als BASF-Botschafter, sondern als Botschafter des Weins in der ganzen Welt. Wir beliefern zum Beispiel deutsche Botschaften in vielen Ländern. Das ist auch ein bisschen Dienst an der Region. Früher war der Weinkeller übrigens zuerst nur den Beschäftigten vorbehalten, dann hat BASF den Verkauf für alle geöffnet.
Aber Ihr Arbeitgeber ist doch bestimmt noch Ihr bester Kunde?
Wolff: Direkt mit der BASF als Mutter machen wir höchstens noch 20 Prozent unseres Umsatzes. Trotzdem brauchen wir die BASF, denn nicht nur die BASF SE und die Gruppengesellschaften kaufen bei uns, sondern auch deren Kunden – und die Kollegen in der ganzen Welt. Für die haben wir auch eigene Onlineshops, etwa in Mexiko. Nur für Europa haben wir noch Nachholbedarf. Wir arbeiten gerade an einem neuen Onlineshop für Deutschland, der dann auf die EU ausgeweitet werden soll. Weil es so viele verschiedene Verbrauchssteuern gibt, ist es ungeheuer kompliziert, etwa eine Flasche Wein nach Belgien oder Frankreich zu schicken.
Online-Besteller können seit Kurzem unabhängig von den Öffnungszeiten ihren Wein in einer Packstation im Eingangsbereich abholen. Wie läuft das?
Wolff: Das läuft gut. Das Schwierigste war, die Altersüberprüfung per Automat sicherzustellen. Die Kunden müssen mit ihrem Personalausweis nachweisen, dass sie über 18 Jahre alt sind. Jugendschutz nehmen wir sehr ernst.
Sie haben auch viele Weine aus aller Herren Länder im Sortiment – von Portugal über Chile bis Australien. Reicht Ihnen das Angebot aus der Pfalz und den benachbarten Anbaugebieten nicht?
Wolff: Uns geht es darum, in der Metropolregion Rhein-Neckar ein Fenster zu öffnen für den Wein – in die ganze Welt. Wir haben hier 500 Veranstaltungen rund um das Thema Wein. Da muss dann auch mal ein Wein aus Argentinien oder Italien dabei sein. Aber umgekehrt verschicken wir ja auch viele Weine aus der Region in andere Länder.
Was für Weine mögen denn die internationalen Kunden?
Wolff: Die haben ganz unterschiedliche Vorlieben. Das richtet sich auch nach der landestypischen Küche. Mexiko hat zum Beispiel viele scharfe Gerichte, da passen trockene Weine gar nicht so gut, feinherbe sind da besser. Und zur japanischen Küche passen deutsche Rieslinge ganz hervorragend – Sashimi und ein trockener Riesling sind wie für einander gemacht. In den USA mag man es dagegen eher lieblich.
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Wie gestalten Sie die Preise?
Wolff: Eine Flasche ist genau den Preis wert, den ein Kunde bereit ist zu zahlen. Die Untergrenze wird natürlich durch die Produktionskosten festgelegt. Bei uns fängt es bei 4,50 Euro an und geht bis 1000 Euro. . . So, jetzt gehen wir weiter in einen Bereich, der immer mehr an Bedeutung zunimmt. . . Das sind alkoholfreie oder alkoholreduzierte Weine.
Das sind ja überraschend viele Flaschen hier.
Wolff: Alkoholfrei ist ein wirklich wichtiger Trend. Noch macht es nur einen Bruchteil unseres Sortiments aus, aber ich bin überzeugt, dass es mehr wird. Wir haben jetzt auch den ersten BASF-exklusiven alkoholfreien Wein. Gerade bei jungen Menschen gibt es einen großen Anteil, die gar keinen Alkohol trinken wollen. Das mag gesundheitliche oder ästhetische Gründe haben. Aber die wollen bei einem schönen Essen oder einem Empfang nicht abseits stehen, sondern auch was Tolles genießen. Für uns ist das auch wichtig, wenn wir bei der BASF Gäste haben, die aus kulturellen Gründen keinen Alkohol trinken, etwa aus Indien.
Fällt Ihnen das nicht schwer, als Weinliebhaber auf diesen Trend einzugehen?
Wolff: Nein gar nicht! Im Januar trinke ich nämlich keinen Wein, da freue mich über alkoholfreie Alternativen, die richtig gut schmecken.
Wir laufen weiter zwischen Kartons und Kisten durch einen der unzähligen Gänge.
Wolff: Hier befinden wir uns schon unter dem BASF-Gesellschaftshaus. Hier lagern wir alles, was aufgrund des schnellen Umschlags nicht zwingend klimatisiert werden muss. Sekt und Champagner zum Beispiel für den direkten Bedarf oder Übersee-Rotweine aus Südamerika, USA, Australien, Neuseeland und China. Die Chinesen haben übrigens schon vor 9000 Jahren Trauben zusammen mit Reis und Honig in Gärung gebracht. China ist ein wachsender Markt – im Konsum und in der Produktion.
Was trinkt man in China am liebsten?
Wolff: In China gibt es immer noch eine starke Präferenz für Rotwein. Da müssen wir überzeugen, wie toll unsere Weißweine von hier sind. Ein weiteres Hindernis: Während wir selbstverständlich Weißwein kalt trinken, ist in China kalter Genuss nicht en vogue. Deshalb läuft dort Sekt zum Beispiel kaum.
Muss ich wegen des Klimawandels Angst um den Pfälzer Riesling haben?
Wolff: Dass sich das Klima mittlerweile so schnell verändert, ist eine Herausforderung für alle in der Branche. Wassermangel wird ein großes Problem. Die Zusammensetzung der Rebsorten wird sich in den einzelnen Weinbaugebieten verändern. Der Klimawandel bringt bereits neue Schädlinge, zum Beispiel den asiatischen Marienkäfer und unbekannte Pilz- und Virenerkrankungen. Aber ich mache mir keine Sorgen, wir wissen heute so viel mehr über Wein als früher. Und auf Veränderungen haben sich Winzer schon immer gut eingestellt. Keine Sorge, der Riesling wird nicht knapp! Schauen Sie doch, was in den vergangenen 20 Jahren für hervorragende Qualitäten beim Riesling entstanden sind.
Was für Weine sind gerade beliebt, gibt es neue Modeweine?
Wolff: In Deutschland sind pilz-widerstandsfähige Rebsorten ein großes Thema, die weniger Pflanzenschutzmittel brauchen. Sauvignac zum Beispiel oder Cabernet Blanc. Die müssen aber jetzt auch den Geschmack des Marktes treffen. Der Markt und seine Nachfrage verändert mehr als alles andere.
Und was ist am Markt gefragt derzeit?
Wolff: Bei den Youngstern sehe ich eine Renaissance der Rest-Süße, der sogenannte Kabi, ein Kabinett mild, wird in Gourmetkreisen jetzt wieder öfter goutiert. Ein großer Trend sind auch Naturweine, also Weine die wie vor 8000 Jahren erzeugt werden. Da werden Tongefäße mit Wein eingegraben, und nach einem halben Jahr schaut man, was daraus wurde. Die neue Generation ist fasziniert von so etwas Ursprünglichem, Launischem.
Schließlich führt uns der Weinkeller-Chef in die Abteilung mit den richtig teuren Weinen. Keine Pappkartons sind mehr zu sehen, sondern edle Holzkisten, Flaschen mit kunstvoll verzierten Etiketten und Wappen und dekorative Holzfässer. Viele kommen aus Frankreich, haben klingende Namen.
Wolff: Hier können Sie sich Weine nach ihrem Geburtsjahr aussuchen. Die ganz alten, für uns wertvollsten Weine, die bieten wir gar nicht an, die lagern alle gut versteckt 30 Kilometer entfernt in Forst. Dort lagern die Jahrgänge zurück bis 1865, dem Gründungsjahr der BASF. Das ist natürlich eine unglaubliche Gunst für diese Firma, dass sie in einem so herausragenden Jahrgang gegründet wurde.
Zum Schluss muss ich Sie einfach fragen: Was ist Ihr Lieblingswein?
Wolff: Das werde ich immer wieder gefragt. Dann sage ich: der Nächste. Aber es gibt im Moment einen Wein, der mir sehr gut gefällt, er heißt Bedoba. Der kommt aus Georgien, wo schon vor 8000 Jahren Wein vergoren wurde. Dieser Wein kommt zur Hälfte aus diesen vergrabenen Tonamphoren, zur anderen Hälfte aus Holz- und Edelstahlfässern. Der Wein macht mir Spaß.
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