Ausbildung

Wie Roche in Mannheim um die besten Auszubildenden buhlt

Unternehmen müssen kreativ werden, um für die Ausbildung die besten Kandidaten zu gewinnen. Welche Wege Roche in Mannheim bei der Talentsuche geht.

Von 
Christian Schall
Lesedauer: 
Auszubildende beim Pharmakonzern Roche. © Gandalf Hammerbacher/Roche

Mannheim. Die Auszubildenden von heute sind die Arbeitskräfte von morgen. Verständlich, dass Unternehmen einen hohen Anspruch an Bewerber haben und gleichzeitig einen großen Aufwand betreiben, um die besten Köpfe für sich zu gewinnen. Der Gesundheitskonzern Roche etwa, dessen größter deutscher Standort sich in Mannheim befindet, geht seit Jahren auch unkonventionelle Wege, um möglichst keine Talente zu verlieren. Dazu später mehr.

Wie für viele Unternehmen ist eine der großen Herausforderungen der Fachkräftemangel. „Nach einer Studie der industriellen Gesundheitswirtschaft wird sich das Angebot an Fachkräften bis 2030 um 12,2 Prozent verringern. Es fehlen vordergründig Fachkräfte für IT und Technik“, beschreibt Katharina Pille, die die Aus- und Weiterbildung bei Roche in Deutschland leitet, die Situation. „Das merken wir auch bei uns und das bestätigen uns auch andere Unternehmensvertreter.“

Ausbildung bei Roche

Roche gehört zu den größten Ausbildungsbetrieben in der Region.

90 junge Menschen haben am 1. September ihre Ausbildung (43) oder ihr duales Studium (47) beim mit rund 8.700 Beschäftigten größten Arbeitgeber in Mannheim begonnen. Traditionell gab es für den neuen Jahrgang eine Einführungswoche in Mainz, um sich kennenzulernen und vernetzen zu können.

Neu ist der Bachelor-Studiengang „Data Science und Künstliche Intelligenz“ .

Dennoch gelingt es dem Konzern, die Stellen zu besetzen. „Besonders in den Laborberufen ist die Nachfrage weiterhin hoch, hier bewerben sich viele qualifizierte Interessenten. In den Fachbereichen Technik und IT kommen auf einen Ausbildungsplatz etwa 30 Bewerber.“

Personalisierte Ausbildung in Mannheim

Roche setzt bei seinen Auszubildenden darauf, dass sie sich individuell entwickeln. Um das zu erreichen, haben die Verantwortlichen 2014 in Mannheim das Konzept der Personalisierten Ausbildung eingeführt. Dafür hat Roche feststehende Lerngruppen aufgelöst und bietet ein großes Angebot an Wahlmodulen an. Dieses ist seit der Einführung stetig gewachsen: Waren es 2014 noch zwölf Module, stehen nun rund 150 zur Auswahl.

Das von der Pädagogischen Hochschule Heidelberg wissenschaftlich begleitete Konzept findet viel Anerkennung. Maßgeblich entwickelt hat es der kürzlich in den Ruhestand gegangene langjährige Ausbildungsleiter Frank Fillinger. Dafür hat er den in diesem Jahr erstmals verliehenen Landesausbildungspreis erhalten.

Katharina Pille, Leiterin der Aus- und Weiterbildung bei Roche in Deutschland. © Roche

„Roche hat mit der personalisierten Ausbildung ein Alleinstellungsmerkmal“, erkennt auch die IHK Rhein-Neckar an. „Das Modell ist sehr gut, aber auch sehr anspruchs- und voraussetzungsvoll; sowohl unternehmens- als auch azubiseitig“, erklärt Harald Töltl, bei der IHK Rhein-Neckar Geschäftsführer für berufliche Bildung. „Deshalb kann es von anderen Unternehmen auch nicht ohne Weiteres übernommen werden. Es erfordert insbesondere vom Ausbildungspersonal einen sehr hohen Koordinierungsaufwand.“

Das ist einer der Gründe, warum die Personalisierte Ausbildung bisher nur in Mannheim möglich ist. „Da gibt es große Unterschiede, ob ich das in einem Laborberuf integriere oder in einem kaufmännischen Umfeld“, erläutert Pille. „Deshalb ist es uns wichtig, das mit Fokus und mit Qualität aufzusetzen, um die Personalisierte Ausbildung deutschlandweit in allen Ausbildungsberufen zu integrieren.“ Daran arbeite aktuell ein deutschlandweites Team. Auch in Mannheim sei das Konzept über die Jahre gewachsen. Einer der Erfolge: Dadurch sei die Selbstlernkompetenz um 20 Prozent gestiegen.

Mehr zum Thema

Interview

Wie bedeutend ist der Standort Mannheim für Roche, Frau Bastian?

Veröffentlicht
Von
Christian Schall
Mehr erfahren
Chemie

BASF kappt Übernahme-Garantie für Auszubildende in Ludwigshafen

Veröffentlicht
Von
Bettina Eschbacher
Mehr erfahren
Lehrstellen

IHK sieht Mannheim als „neues Sorgenkind“ am Ausbildungsmarkt

Veröffentlicht
Von
Tatjana Junker
Mehr erfahren

Ein weiteres Angebot ist die Ausbildung in Teilzeit - für einen kleinen Teil von Auszubildenden wie junge Mütter. Katharina Endres, Leiterin des kaufmännischen Fachbereichs der Ausbildung bei Roche in Deutschland, betont: „Dabei ist uns eines wichtig: Es geht nicht darum, dass wir Maßnahmen immer für die Masse bereitstellen, sondern der Individualität und Diversität des Lernenden zunehmend Raum geben und passgenau reagieren. Damit wollen wir Lernende sehr individuell begleiten, die viel Potenzial in sich tragen.“

Dass die Kandidaten anders als früher qualifiziert sind, bevor sie zu Roche kommen, könne man nicht pauschalisieren, sagt Endres. „Für die BWL-Berufe, chemische Technik oder die Laborberufe haben wir umgehend nach Ausschreibungsstart sehr gute Bewerbungen und können dann die Plätze auch schnell besetzen.“ Der Bewerbungsprozess umfasse mehrere Schritte, „diejenigen, die sich in einem Interview vorstellen, sind in der Regel auch gut vorbereitet.“

Katharina Endres, Leiterin des kaufmännischen Fachbereichs der Ausbildung bei Roche in Deutschland. © Roche

Auch die Anforderungen haben sich kaum verändert, sagt Katharina Pille: „Auf der fachlichen Seite gibt es immer marginale Veränderungen. Bei den Soft Skills legen wir weiterhin Wert auf Teamfähigkeit, Neugierde, Lernagilität oder wie sich jemand mit Themen auseinandersetzt.“ Immer stärker in den Fokus rücke die digitale Kompetenz, vor allem, wie neugierig Bewerber auf neue Technologien seien und diese in die Anwendung bringen. „Und gleichzeitig ein Verständnis für die bestehenden Herausforderungen zu entwickeln und bewusst mit diesen umzugehen.“

Roche kooperiert in Mannheim und Umgebung mit Schulen

Roche setzt früh darauf, die Begeisterung bei Mädchen und Jungen zu fördern. Gerade erst hat das Unternehmen erneut mit fünf Schulen eine Kooperationsvereinbarung über drei Jahre unterschrieben. Es handelt sich um das Liselotte Gymnasium Mannheim, die Alfred Delp Schule Lampertheim, das Bergstraßen Gymnasium Hemsbach, die Marie Baum Schule Heidelberg und die Dietrich Bonhoeffer Schule Weinheim.

Die Resonanz sei durchweg sehr positiv, auch von den Lehrern, freut sich Endres. „Zudem bieten wir auch für die Lehrkräfte spezielle Themen an, um sie hinsichtlich Berufsorientierung noch besser zu unterstützen. Wir bekommen immer wieder Bewerber von Partnerschulen, und das wirkt wie ein Talentmagnet.“ Bei den MINT-Fächern sei nach wie vor die Tendenz, dass technische Berufe weiterhin bei Jungs beliebter seien. Doch der Wandel sei zu spüren.

Roche gestaltet derzeit den Zugang zum Werk in Mannheim neu: Das quadratische Pfortengebäude entsteht inmitten eines öffentlich zugänglichen Landschaftsparks. © Henn

„Wenn ich persönlich etwas verändern könnte, würde ich die Digitalisierung an den Schulen weiter stärken und damit gleichzeitig die Schüler noch gezielter darauf vorbereiten, wie Unternehmen heute arbeiten. Wir sind bereits sehr digital unterwegs und dieser Trend nimmt weiter zu“, sagt Katharina Pille. Die Lehrerfortbildung würde sie ebenfalls verändern: „Lehrkräfte sollten die Chance haben, daran anzuknüpfen, was in den Unternehmen vermittelt wird und was es braucht, damit die Schüler gut vorbereitet werden auf den Berufsweg. Da sollte Deutschland mehr investieren und den Fokus darauf lenken, nicht nur an den allgemeinbildenden, sondern auch an den Berufsschulen.“

Und wie geht es nach der Ausbildung weiter? „Wir haben eine Übernahmequote von rund 85 Prozent“, so Pille. „Was uns besonders freut, ist die Ausbildung mit derzeit etwa 720 Lernenden in Deutschland, das ist unsere stärkste Talent-Pipeline. Nach 15 Jahren sind immer noch mehr als die Hälfte 55 Prozent von ihnen im Unternehmen.“ Die Abschlüsse seien „konstant sehr gut“, die durchschnittliche Abschlussnote liege in den vergangenen Jahren bei 1,7.

Redaktion Redakteur in der Wirtschaftsredaktion

Thema : Roche

  • Roche Wie Roche in Mannheim um die besten Auszubildenden buhlt

    Unternehmen müssen kreativ werden, um für die Ausbildung die besten Kandidaten zu gewinnen. Welche Wege Roche in Mannheim bei der Talentsuche geht.

    Mehr erfahren
  • Roche Wie bedeutend ist der Standort Mannheim für Roche, Frau Bastian?

    Seit einem Jahr ist Virginia Bastian bei Roche in Mannheim. Die Arbeitsdirektorin spricht über die Perspektiven für das Werk und Chancen für die Belegschaft.

    Mehr erfahren
  • Roche Trumps Zollpläne: Was sie für Roche in Mannheim bedeuten

    US-Präsident Donald Trump setzt Pharmakonzerne massiv unter Druck. Auch Mannheims größter Arbeitgeber Roche muss reagieren.

    Mehr erfahren

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen

VG WORT Zählmarke