Mannheim. Die schlechte Stimmung in der Wirtschaft drückt zunehmend auf den Mannheimer Lehrstellenmarkt: Zum Start des neuen Ausbildungsjahrs Anfang September haben hier deutlich weniger junge Menschen eine Ausbildung in einem IHK-Beruf begonnen als noch 2024. Konkret lag die Zahl der neu geschlossenen Verträge sieben Prozent unter dem Vorjahr. „Mannheim ist das neue Sorgenkind am regionalen Ausbildungsmarkt“, bilanziert Manfred Schnabel, Präsident der Industrie- und Handelskammer Rhein-Neckar, deshalb, als er am Montag in Mannheim die jüngsten Zahlen zum Azubi-Markt vorstellt.
In anderen Teilen der Region sieht die Situation besser aus: In Heidelberg und im Rhein-Neckar-Kreis wurden nach Angaben der IHK jeweils etwas mehr Ausbildungsverträge geschlossen als 2024, im Neckar-Odenwald-Kreis liegt das Plus sogar bei gut sechs Prozent. Entsprechend fällt die Bilanz für den gesamten IHK-Bezirk trotz der rückläufigen Entwicklung in Mannheim weitgehend stabil aus: Insgesamt haben in der Region zum 1. September 3094 junge Menschen eine Ausbildung in einem IHK-Beruf begonnen, das sind „nur“ 1,8 Prozent weniger als vor einem Jahr.
„Jeder Elektriker, der heute nicht ausgebildet wird, fehlt uns morgen“
Bei der Kammer ist man außerdem zuversichtlich, dass die Zahlen in den nächsten Wochen noch etwas steigen und das Vorjahresniveau bis Ende des Jahres doch noch erreicht oder sogar übertroffen werden kann. „Es gibt über alle Branchen hinweg noch freie Ausbildungsplätze. Eine Bewerbung lohnt sich auch jetzt noch“, bekräftigt Harald Töltl, der bei der IHK Rhein-Neckar als Geschäftsführer den Bereich Berufliche Ausbildung verantwortet.
Unter dem Strich spricht Kammerpräsident Schnabel für die Gesamtregion von einer zufriedenstellenden Entwicklung auf dem Ausbildungsmarkt – sieht aber auch besorgniserregende Aspekte: So hätten in diesem Jahr zwar mehr junge Menschen eine Ausbildung im kaufmännischen Bereich begonnen, also im Handel zum Beispiel oder bei einer Bank.
In den gewerblich-technischen Berufen sei die Zahl der neuen Lehrlinge dagegen in der ganzen Region „dramatisch“ gesunken: So seien im Bereich Chemie, Physik und Biologie knapp 12 Prozent weniger Azubi-Verträge abgeschlossen worden als 2024, ebenso stark fällt der Rückgang in der Elektrotechnik aus. „Wir sprechen überall von Dekarbonisierung und Elektrifizierung und jetzt gehen ausgerechnet hier Kompetenzen verloren“, warnt Schnabel. „Jeder Elektriker, der heute nicht ausgebildet wird, fehlt uns morgen.“
27 Prozent der Betriebe bieten weniger Lehrstellen an
Grund für die sinkenden Azubi-Zahlen in den gewerblich-technischen Berufen ist dem IHK-Präsidenten zufolge die schlechte Stimmung in der Industrie. „Produktion am Standort Deutschland ist immer weniger wettbewerbsfähig. Das hat Konsequenzen für die Personalplanung und damit auch für den Bedarf an Nachwuchs.“ Die IHK Rhein-Neckar verweist in dem Zusammenhang auch auf eine Umfrage unter ihren Mitgliedsbetrieben: Dabei hätten 27 Prozent der Unternehmen angegeben, dass sie ihr Angebot an Ausbildungsplätzen in diesem Jahr einschränken. Nur 14 Prozent wollten dagegen verstärkt ausbilden.
Dass gerade im produzierenden Gewerbe derzeit viele Betriebe bei der Ausbildung eher auf die Bremse treten, sei auch der Grund dafür, warum die Azubi-Zahlen ausgerechnet in Mannheim so stark rückläufig seien: Weil der Standort stark industriell geprägt sei, falle dieser Effekt hier besonders ins Gewicht. Anders als in anderen Teilen der Region hätten in Mannheim allerdings auch weniger junge Menschen eine kaufmännische Ausbildung begonnen.
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