HeidelbergCement - Proteste vor Leimener Werk zur Hauptversammlung / Bündnis kritisiert hohe Kohlendioxid-Emissionen

Warum die Klima-Aktivisten gegen HeidelbergCement protestieren

Von 
Bettina Eschbacher
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Klima-Aktivisten blockieren die Zufahrt zum Leimener Zementwerk von HeidelbergCement. © Marcus Schwetasch

Heidelberg. Der Baustoffhersteller HeidelbergCement gerät mehr und mehr in den Fokus von Klima-Aktivisten. Einen Tag vor der Hauptversammlung des Dax-Konzerns blockierten rund 40 bis 50 Aktivisten von Extinction Rebellion am Mittwochvormittag die Zufahrt zum Leimener Werksgelände.

Gewinn steigt stark im ersten Quartal

  • HeidelbergCement veräußert Teile seines Griechenland-Geschäfts. Das Geschäft mit Zuschlagstoffen sowie zwei Transportbetonwerke werden an den Schweizer Konkurrenten LafargeHolcim verkauft. Der Dax-Konzern will sich mehr auf das Kerngeschäft konzentrieren.
  • Am Mittwoch nach Börsenschluss präsentierte der Baustoffhersteller auch die Zahlen für das erste Quartal. Der Umsatz kletterte um 1 Prozent auf 3,96 Milliarden Euro. Der bereinigte Gewinn nach Steuern, Zinsen und Abschreibungen stieg um ein Drittel auf 538 Millionen Euro. „Wir sehen eine anhaltend starke Nachfrage im privaten Wohnungsbau und im Bereich Infrastruktur in allen Regionen“, sagte Vorstandschef Dominik von Achten. Die von vielen Regierungen aufgelegten Konjunkturprogramme dürften sich positiv auswirken. So erwartet der Konzern für 2021 einen leichten Anstieg des Umsatzes sowie beim Ergebnis des laufenden Geschäftsbetriebs.

Sie forderten einen wirksameren Klimaschutz von dem Unternehmen. Am Donnerstag, wenn die Aktionäre sich virtuell treffen, sind weitere Proteste in Heidelberg geplant. Auch kritische Fragen von Anteilseignern sind bei der Hauptversammlung bezüglich des Klimaprogramms zu erwarten.

Wer steht hinter diesen Protesten und der massiven Kritik?

Mehrere Organisationen, zum Beispiel die Heidelberger Gruppe von Fridays for Future haben sich zu einem Bündnis zusammengeschlossen, das sich Cemend nennt. Der englische Name ist ein Wortspiel aus den Begriffen Zement und Zement-Ende. Zu dem Bündnis zählen unter anderem Greenpeace, das Klimakollektiv Heidelberg sowie die Menschenrechtsgruppe Watch Indonesia. Auch die Organisatoren der Protestaktion in Leimen gehören zu dem Bündnis: Extinction Rebellion steht nach eigenen Angaben für friedliche Aktionen des zivilen Ungehorsams, um Regierungen zum Handeln gegen Klimakrise und Artensterben zu zwingen.

Wie sind die aktuellen Proteste verlaufen?

Die Polizei löste bis zum Mittag die Proteste vor dem Leimener Zementwerk auf. Ein Teil der Blockierer wurde weggetragen. Wie die Polizei mitteilte, wurde ein Mann, der auf einem hohen Dreibein saß, über den Korb eines Feuerwehr-Hubwagens nach unten gebracht. Außerdem wurden zwei Männer befreit. Der eine hatte sich mit einem Fahrradschloss um den Hals an einen Balken gekettet, der andere hatte seine Hände mit Sekundenkleber verklebt und an einem Balken fixiert. Die Polizei ermittelt wegen Verdachts des Hausfriedensbruchs und der Nötigung.

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Warum konzentriert sich so viel Kritik auf HeidelbergCement?

Der Konzern zählt zu den größten Zementproduzenten weltweit. Bei der Herstellung dieses Baustoffes fallen große Mengen des Klimakillers Kohlendioxid an. Zum einen weil der Prozess wegen der nötigen hohen Temperaturen viel – meist fossile – Brennstoffe benötigt. Zum anderen setzt die Herstellung beim Ausgangsstoff Kalkstein CO2-Emissionen frei. Die Branche wird für acht Prozent der Kohlendioxid-Emissionen weltweit verantwortlich gemacht. „HeidelbergCement ist der zweitgrößte CO2-Produzent im Dax“, heißt es bei Fridays for Future.

Was tut HeidelbergCement gegen die hohen C02-Emissionen?

Das Unternehmen hat ein Klimaschutzprogramm aufgelegt: Bis 2025 will HeidelbergCement die Kohlendioxid-Emissionen auf netto unter 525 Kilogramm pro Tonne Zement reduzieren. Das wären 30 Prozent weniger als 1990. Der weltgrößte Zementhersteller HolcimLafarge hat dagegen netto 475 Kilogramm pro Tonne ausgegeben. Erreichen will HeidelbergCement sein Ziel unter anderem mit neuen Technologien zur Reduzierung und zur Abscheidung von CO2 sowie durch Betonrecycling. Derzeit laufen weltweit verschiedene Projekte dazu. Vorstandschef Dominik von Achten sieht den Dax-Konzern in der Branche als Vorreiter, weil man am weitesten bei der Umsetzung dieser Projekte auf einen industriellen Maßstab sei.

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Was bedeutet Abscheidung von Kohlendioxid?

Ziel dieser Technologie ist, das klimaschädliche Kohlendioxid in der Produktion abzufangen, bevor es überhaupt in die Luft gelangt. Dann soll es unterirdisch gelagert oder in anderen Industriebereichen eingesetzt werden. Technisch allerdings ist eine CO2-Abscheidung- und Speicherung (englisch Carbon Capture Storage, abgekürzt CCS) äußerst anspruchsvoll. HeidelbergCement hatte dazu Pilotanlagen in mehreren Werken eingerichtet. Jetzt wird im norwegischen Brevik die weltweit erste CCS-Anlage im industriellen Maßstab in einem Zementwerk errichtet. Jährlich sollen 400 000 Tonnen CO2 abgeschieden und zur dauerhaften Lagerung transportiert werden. Das Projekt wird vom norwegischen Staat gefördert. Entscheidend für den Erfolg neuer Technologien ist, ob sie sich von kleinen Pilotanlagen auf große industrielle Anlagen übertragen und dann weltweit ausrollen lassen.

Warum genügt das Umwelt-Aktivisten nicht?

Das Cemend-Bündnis hält es für falsch, dass der Heidelberger Konzern zur Reduzierung der CO2-Emissionen stark auf Technologien zur Abscheidung und Speicherung des umstrittenen Gases setzt. „Bisher existieren keine solchen Technologien, die großflächig eingesetzt werden könnten, und es ist unklar, ob das in den nächsten – für die Klimakrise entscheidenden – Jahrzehnten noch klappen wird“, heißt es auf der Webseite. Nach Ansicht der Aktivisten müsste HeidelbergCement mit viel mehr Nachdruck andere Lösungen forcieren: Zum Beispiel ein verbessertes Betonrecycling betreiben und den Kalkstein durch andere Materialien ersetzen, damit erst gar nicht so viel Kohlendioxid freigesetzt wird. Generell plädiert Cemend dafür, weniger Zement einzusetzen und stattdessen etwa mehr Holzhäuser zu bauen.

Redaktion Bettina Eschbacher ist Teamleiterin Wirtschaft.

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