Am BASF-Standort Ludwigshafen hat am Donnerstag der Bau der weltweit ersten Demonstrationsanlage für elektrisch beheizte Steamcracker begonnen. Das klingt ziemlich technisch, ist aber ein wesentlicher Schritt, um die Klimaziele der chemischen Industrie überhaupt zu erreichen. Die wichtigsten Fragen und Antworten zu dem Projekt:
Was macht eigentlich ein Steamcracker?
Vereinfacht erklärt wird mit Hilfe von Dampf Rohbenzin aufgespalten. Dafür werden Temperaturen von 850 Grad benötigt. Dabei entstehen Vorprodukte, die für viele Prozesse in den Betrieben am Standort Ludwigshafen unentbehrlich sind. Ethylen und Propylen etwa werden für die Herstellung von Kunststoffen, Lacken, Lösemitteln, Pflanzenschutzmitteln oder Vitaminen gebraucht. Die zwei Steamcracker zählen zu den größten Produktionsanlagen der BASF in Ludwigshafen und bilden das Herzstück des Werks. Steamcracker spielen in der chemischen Industrie eine zentrale Rolle.
Warum sind sie so wichtig auf dem Weg hin zu einer CO2-armen Chemieproduktion?
Ihr Betrieb setzt riesige Mengen an CO2 frei, weil er einer der energieintensivsten Prozesse der chemischen Industrie ist. Wird dieser Ausstoß begrenzt, hat das also eine sehr große Wirkung. Auch bei der BASF sind Steamcracker die bei Weitem größte Emissionsquelle von Kohlendioxid. Die weltweit 21 Steamcracker des Konzerns stoßen jährlich drei Millionen Tonnen aus. Ein Großteil des Klimakillergases fällt bisher beim Heizen der Cracker mit Erdgas an. Durch die Nutzung von Strom aus erneuerbaren Energien anstelle von Erdgas lässt sich der CO2-Ausstoß eines Steamcrackers laut BASF um mindestens 90 Prozent reduzieren.
Wieso wird die neue Anlage als Pionierprojekt bezeichnet?
Das Besondere an dem Ludwigshafener Projekt ist, dass es keine Versuchsanlage unter Laborbedingungen ist. Sie wird im laufenden Betrieb erprobt, die Anlage wird in einen der beiden bestehenden Steamcracker eingebaut. Es gebe einige technologische Probleme zu lösen, um einen Steamcracker elektrisch zu heizen, erklärt Jürgen Nowicki . Er ist Vorstandschef von Linde Engineering. Linde ist Partner der BASF für Planung, Beschaffung und Bau des Projekts. Ziel ist, eine Technologie zu entwickeln, die sich überall auf Steamcracker übertragen lässt.
Warum macht BASF das Projekt nicht alleine?
Gerade weil die Aufgabe so komplex ist, hat sich BASF Partner gesucht. Neben Linde ist es der saudi-arabische Petrochemiekonzern Sabic. BASF und Sabic investieren gemeinsam in das Projekt, wie viel wird nicht verraten. Betrieben wird die Anlage von BASF. Finanziell gibt es Unterstützung vom Staat: Das Bundeswirtschaftsministerium fördert das Projekt mit 14,8 Millionen Euro. Die Förderung läuft im Rahmen des Programms „Dekarbonisierung der Industrie“. Der BASF-Vorstandsvorsitzende Martin Brudermüller erklärt stolz: Diese Förderung zeige, „dass unser Ansatz auch von der Politik unterstützt wird“.
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Wie ist der Zeitplan, wann wird es ernst?
Die Inbetriebnahme ist für 2023 geplant. Die Demonstrationsanlage soll zwei unterschiedliche Heizkonzepte testen. Schon 2024 will Linde die Technologie vermarkten, sie wird also auch anderen Unternehmen angeboten. Es gehe darum, der petrochemischen Industrie nachhaltige Lösungen zur Verfügung zu stellen, erklärt Linde-Manager Nowicki. Brudermüller wiederum betont die enorme Bedeutung des Projekts für die BASF: Die Elektrifizierung der Steamcracker sei „ein wichtiger Meilenstein auf unserer Transformationsreise hin zu Netto-Null-CO2-Emissionen“.
Wie wird das Projekt aus Arbeitnehmersicht gesehen?
BASF-Betriebsratsvorsitzender Sinischa Horvat begrüßt den Start des Projekts: Mit Blick auf die aktuellen Herausforderungen sei es eine zentrale Forderung des Betriebsrats, die Transformation in Richtung grüne Energieversorgung und Treibhausgasneutralität zu beschleunigen. „Außerdem zahlt dieses Projekt auf die aktuelle Standortvereinbarung 2025 ein, in der wir mit dem Unternehmen Investitionen zur Weiterentwicklung des Standorts festgeschrieben haben“, so Horvat.
Was braucht es noch für die Umstellung auf E-Steamcracker?
Beide Manager, sowohl Nowicki als auch Brudermüller, betonen, dass die Politik ihren Beitrag leisten müsse. Für den elektrischen Betrieb der Steamcracker seien künftig riesige Mengen an grünem Strom nötig. Allein für die Pilotanlage braucht es drei bis vier Windräder. Für Herstellung und Transport der erneuerbaren Energien müssten Bundesregierung und EU mit Hochdruck die Rahmenbedingungen schaffen. Und der Strompreis müsse international wettbewerbsfähig sein.
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