Logistik

Smartphone-App statt Papierkram: Mit wenigen Klicks durchs BASF-Werkstor in Ludwigshafen

Damit Lkw-Fahrer schneller ins Werk einfahren können, will die BASF in Ludwigshafen die Lkw-Abfertigung digitalisieren. Das soll Zeit sparen - kostet aber zunächst viel Geld

Von 
Jasper Rothfels
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Mit der Digitalisierung und Automatisierung der Lkw-Abfertigung will die BASF die Einfahrt ins Ludwigshafener Stammwerk beschleunigen. © BASF SE

Ludwigshafen. Wenn ein Lkw-Fahrer vor dem Abliefern oder Laden von Ware vor dem Werkstor warten muss, kostet das Zeit, Geld und Nerven. Und wenn die Mitarbeiter am Schalter prüfen müssen, ob der Fahrer die nötigen Papiere hat, um passieren zu dürfen, erfordert auch das Aufwand. Die BASF will die Einfahrt ins Stammwerk nun weniger aufwendig machen und beschleunigen – mit der Digitalisierung und Automatisierung der Lkw-Abfertigung.

Diese ist Teil eines neuen Gesamtkonzepts für die Abfertigung von bis zu 2500 Lkw, die täglich einfahren – über die Tore elf und 15. Das neue Konzept sei nicht nur weniger anfällig für Staus, „wir haben es auch so aufgebaut, dass es schneller und effizienter als das alte Konzept ist“, sagte Werksleiter Uwe Liebelt kürzlich beim Start der neuen Lkw-Abfertigung Nord auf dem Kläranlagengelände. Während der größte Teil der Neuerung – Abfertigung der Tor-elf-Lkw nun in Nord und Einfahrt aller Lkw über Tor 15 – bald umgesetzt ist, ist der digitalisierte Ablauf noch „Zukunftsmusik“, wie Projektleiter Philipp Wotke sagt. Aber: „Wir arbeiten bereits aktiv daran.“

„Je mehr Lkw, desto lohnender“

  • „In die Richtung geht es mit Sicherheit, aber wann und in welchem Umfang das Wirklichkeit wird, das wird man sehen“, sagt Logistikexperte Tilman Benzing vom Verband der Chemischen Industrie über die Digitalisierung der Lkw-Abfertigung in der Branche.
  • Größere Unternehmen seien dabei im Vorteil. „Je mehr abgefertigt wird und je mehr Aufwand auch damit verbunden ist, desto eher lohnt es sich, solche Systeme einzusetzen.“ Denn die erforderten Geld und Arbeit – wie bei der BASF.
  • „Das ist kein System, das man von der Stange kaufen kann“, so Benzing. Für kleine und mittlere Unternehmen sei eine große Investition in so ein Projekt schwierig, „weil sie letztlich gar nicht so viele Beladungen haben und gar nicht so viele Lkw abfertigen“. Sie müssten ausrechnen, ob es sich für sie lohne oder ob sie zunächst vielleicht nur einzelne Komponenten nutzten und später ausbauten.

Dabei kooperiert BASF mit der Trusted Carrier GmbH & Co. KG (TC), an der der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung beteiligt ist. Das Unternehmen speichert für die Abfertigung wichtige Daten digital, so dass sie nicht immer wieder gezeigt und eingegeben werden müssen. Beim analogen Ablauf stehe der Lkw-Fahrer zunächst an, bevor er am Schalter die Daten zu Unternehmen, Lkw und Ladung abgebe, damit sie manuell ins Standortsystem eingegeben würden, so Trusted-Carrier-Geschäftsführer Andreas Schmidt. Ist alles ok, könne er zum Lkw zurück und auf das Gelände fahren. Eine bis eineinhalb Stunden dauerte das Wotke zufolge in der Vergangenheit. „Wir brauchen heute relativ lange, weil wir hier noch viele Papiere kriegen“, sagt Ralf Busche, Leiter der Standortlogistik.

Datenversand per App

Bei der neuen Methode hinterlege das Liefer- oder Kunden-Unternehmen seine „Visitenkarte“ und die Angaben zum Lkw in einer Trusted-Carrier-Cloud, erklärt Schmidt. TC prüfe sie, etwa anhand eines hochgeladenen Versicherungsnachweises. „Wenn alles in Ordnung ist, setzen wir diese Informationen grün.“ Sie sind in der Cloud verfügbar. Der Fahrer lädt sich zudem eine TC-App aufs Handy, gibt seine persönlichen Daten ein und lässt diese ein Mal am Schalter verifizieren.

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Fährt er künftig das Werk an, informiert er TC per App und sendet mittels biometrischer Identifizierung die damit verknüpften Unternehmens- und Fahrzeugdaten samt einer Transportnummer. TC überträgt die Daten an BASF, wo sie elektronisch geprüft werden. Ist alles ok, erhält der Fahrer „innerhalb weniger Sekunden“ einen elektronischen Zugangscode, mit dem er direkt aufs Gelände fahren kann. Laut Wotke werden „überall Kameras aufgestellt“, der Fahrer identifiziert sich per QR-Code und erfährt, wo er wann sein soll.

Schmidts Fazit: Beide Seiten hätten einen Prozess- und damit einen Kostenvorteil. Mit der „Registrierung aus dem Fahrerhaus“ spare der Fahrer pro Ein- und Ausfahrt bis zu 30 Minuten, er müsse nicht mehr anstehen – auch ein Schutz vor Corona. Davon profitiere auch der BASF-Schalter, der entlastet werde, zudem würden Eingabe-Fehler vermieden, und die verringerte Wartezeit nütze dem Image. Bezahlt werde bei TC pro Durchgang, wenn der Nutzen eingetreten sei. Bei Henkel in Düsseldorf läuft das System laut Schmidt bereits ähnlich, bei BASF beginnt im Oktober der Betrieb mit Pilotfirmen, schrittweise soll es bis Mitte 2024 für alle soweit sein.

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Die BASF kostet die Maßnahme nach Busches Angaben eine kleinere zweistellige Millionensumme – zusätzlich zu dem zweistelligen Millionenbetrag für Nord, wo auch ein Verwaltungsgebäude entstand. Ist es wegen der Digitalisierung überflüssig? „Nein“, sagt Busche. Weil Lkw-Fahrer rar sind, setzten Spediteure oft auf Subunternehmen mit Fahrern, die – etwa wegen fehlender Dokumente – weiter vor Ort Unterstützung bräuchten, wenn auch weniger als bisher, sagt Wotke. Zudem bleibt die in Nord zentral etablierte Lkw-Sicherheitsprüfung durch den Werkschutz, die bisher an den Ladestellen im Werk erfolgte, bestehen. So könne man an den Stellen „mehr Durchsatz generieren“, so Busche. Der Betriebsrat teilt mit, er begrüße Maßnahmen zur Effizienzsteigerung, wenn die Betroffenen „angemessen mitgenommen“ würden. Bei Digitalisierungsprojekten sei meist zu beachten, dass mehr Arbeit anfalle, „bis alles rund läuft“. Sie seien deshalb Thema in den Gremien.

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