Mannheim. Herr Alavaara, wie oft klingelt mit Blick auf die kommende Saison momentan eigentlich Ihr Handy?
Jan-Axel Alavaara: Natürlich klingelt recht oft das Handy, aber die Planungen fangen schon früher in der Saison an. Da bekommt man eigentlich jeden Tag Spielernamen von Agenten genannt, die man dann gegencheckt und schaut, ob sie passen könnten.
Lassen Sie uns erstmal noch einen Schritt zurückgehen, bevor wir zum Kader der nächsten Saison kommen. Wie fällt gut eine Woche nach dem Ausscheiden im Play-off-Halbfinale Ihr Saisonfazit aus?
Alavaara: Es ist immer eine Enttäuschung, wenn man nicht im Finale steht und um den Titel spielt. Wir haben in dieser Saison ein paar gute Phasen gehabt, in denen wir gutes Eishockey gespielt haben, aber letztlich haben wir diese Leistung nicht konstant abgerufen und hatten vor allem Schwierigkeiten, Tore zu schießen.
Wie sehr war das Saisonergebnis auch die Konsequenz, dass man mit den Ex-Trainern Pavel Gross und Mike Pellegrims noch zwei gut verdienende Übungsleiter auf der Gehaltsliste hatte und dadurch nicht so auf dem Trainermarkt agieren konnte, wie man vielleicht wollte?
Alavaara: Es gab viele Gründe für das Saison-Aus. Bill Stewart war immer für Mannheim da, wenn wir ihn gebraucht haben und er hat sehr lange für uns gearbeitet. Wir sahen ihn als gute Lösung, und auch die Spieler haben sich für ihn ausgesprochen. Er kannte jeden Spieler und hatte sich die Chance verdient, mit dieser Mannschaft um die Meisterschaft zu spielen.
Einer, der in den Play-offs positiv herausstach, war Arno Tiefensee. Wie haben Sie die Leistungen des erst 20-jährigen Schlussmannes wahrgenommen?
Alavaara: Das ist cool und das Ergebnis harter Arbeit. Unser Torwarttrainer Petri Vehanen ist seit Dezember 2021 hier und hat seitdem jeden Tag zusätzlich 20 bis 30 Minuten mit Arno intensiv auf dem Eis gearbeitet. Das ist das, was die jungen Spieler brauchen. Wir reden viel in Deutschland darüber, dass junge Spieler Spielpraxis brauchen. Das stimmt, dabei ist es meiner Meinung nach letztlich aber egal, ob du sechs oder neun Minuten spielst, wichtiger ist die Extraarbeit im Training von Montag bis Donnerstag. Da sammelt man letztlich die Stunden, die wichtig sind für die eigene Entwicklung.
Sie sprachen vorhin von nur phasenweise gutem Eishockey. Wie sieht dieses Ihrer Meinung nach aus, und wie möchte man konkret in der kommenden Saison auf dem Eis agieren?
Alavaara: Wir wollen läuferisches, intensives Eishockey über die gesamte Eisfläche spielen. Wir wollen die Scheibe haben und somit gleichzeitig den Gegner laufen lassen. Das fängt bereits mit guten präzisen Pässen in der Verteidigung an.
Nicht nur, doch vor allem in der Verteidigung haben die Adler einen großen Umbruch vollzogen. In der Defensive wurde kein ausländischer Spieler verlängert. Etwas überraschend bekam auch Matt Donovan keinen neuen Vertrag. Was waren die Gründe?
Alavaara: Donovan hat gut gespielt und auch in den Play-offs gezeigt, dass er ein richtig guter Spieler ist. Am Ende gehören aber auch immer beide Seiten dazu. Wir sind jetzt auf der Suche nach Ersatz.
Ein Problem in der abgelaufenen Saison war auch die fehlende Feuerkraft der Defensivspieler von der blauen Linie. In den Play-offs haben Mark Katic und Thomas Larkin für die einzigen Mannheimer Verteidiger-Tore gesorgt. Wie möchte man sich hier verbessern?
Alavaara: Wir wollen mobile Verteidiger haben, die sich mit in die Offensive einschalten. Allgemein wollen wir zu fünft angreifen und zu fünft kompakt verteidigen. Bei den Top-Mannschaften stehen die Spieler nie still, sondern bewegen sich ständig. Was aber das Toreschießen von der blauen Linie angeht, da ist es heutzutage für einen Verteidiger schwieriger zu treffen als früher, weil alle Mannschaften mittlerweile sehr gut verteidigen und sich geschickt in die Schusslinie stellen. Da muss man neue Wege finden, um zum Torerfolg zu kommen.
Wird man auch in der kommenden Saison wieder mit vier ausländischen Spielern in der Verteidigung agieren?
Alavaara: Das ist noch offen. Das wird sich erst in den kommenden Wochen herauskristallisieren, mit wie vielen ausländischen Spielern wir in der Verteidigung spielen.
Wird es für Sinan Akdag einen deutschen Spieler als Ersatz geben?
Alavaara: Wir haben mit Korbinian Holzer, Denis Reul, Fabrizio Pilu und Arkadiusz Dziambor vier deutsche Verteidiger unter Vertrag. Wir möchten mit Blick in die Zukunft den jungen Deutschen schon die Möglichkeit geben, sich zu zeigen und um diese Position zu kämpfen.
In den vergangenen Monaten sind aber auch immer wieder die Namen Tobias Fohrler sowie Lukas Kälble, ein gebürtiger Mannheimer, als mögliche Zugänge aufgetaucht. Gibt es zu diesen beiden Personalien Neuigkeiten?
Alavaara: Tobias hat noch einen Vertrag bei Ambrì-Piotta für die nächste Saison, und ich gehe auch davon aus, dass er diesen erfüllen wird.
Und wie sieht es bei Kälble aus?
Alavaara: Ich habe mit seinem Verein (Florida Everblades, Anm. d. Red.) gesprochen, und dieser möchte Lukas noch gerne ein Jahr behalten. Lukas selbst sagte, er wird sich im Juni, Juli entscheiden, was er machen möchte.
Also steht man mit ihm nach wie vor in Kontakt?
Alavaara: Ja.
Kommen wir zum Sturm. Dort hat Borna Rendulic ebenfalls keinen neuen Vertrag bekommen. Was waren hier die Gründe?
Alavaara: Borna hat viel für uns getan, aber manchmal muss man harte Entscheidungen treffen und überlegen, wo man sich noch verbessern kann und wie man es schafft, am Ende im Finale zu stehen. Natürlich hätten wir auch mit Borna verlängern können, aber frischer Wind tut uns momentan vielleicht ganz gut.
Dennoch fallen mit Nigel Dawes und Rendulic zwei Spieler mit vielen Treffern weg. Liegt das Hauptaugenmerk bei einem Zugang jetzt auf einem klassischen Torjäger?
Alavaara: Ja, wir gucken nach einem Spieler, der Erster oder Zweiter in unserer internen Scorerliste werden kann.
Tom Kühnhackl ist ein Spieler, der in dieses Beuteschema durchaus passen könnte und ja auch stark mit den Adlern in Verbindung gebracht wurde. Momentan spielt er noch in Schweden um die Meisterschaft, gibt es da dennoch Neuigkeiten, wohin es ihn verschlagen könnte?
Jan-Axel Alavaara
- Der Sportmanager der Adler wurde am 14. März 1975 im schwedischen Kiruna geboren.
- Während seiner Spielerkarriere wurde er zweimal schwedischer Meister mit dem Frölunda HC aus Göteborg (2003 und 2005) sowie 2011 DEL-Vizemeister mit Wolfsburg.
- 2018 kam er als Sportmanager zu den Adlern und feierte gleich in seiner ersten Saison den Titelgewinn.
Alavaara: Nein, aber klar ist: Tom ist ein super Spieler, der alles kann und einen tollen Charakter besitzt. Ich denke, jede deutsche Mannschaft hätte ihn gerne für seinen Kader.
Also kann er sich vorstellen nach Deutschland zu kommen?
Alavaara: Ja.
Stichwort Deutsche: Mit Nico Krämmer, Markus Eisenschmid und Lean Bergmann verlassen drei Nationalspieler die Adler. Wie soll diese Lücke geschlossen werden?
Alavaara: Alle drei sind gute Eishockeyspieler, und manchmal wollen diese neue Herausforderungen haben, da kann man dann eigentlich nicht viel dagegen tun. Solche deutsche Spieler sind natürlich schwierig zu ersetzen, da muss man gucken, ob das mit jungen oder mit ausländischen Spielern geht. Da muss man vielleicht die Mannschaft ein wenig anders bauen.
Das bedeutet konkret?
Alavaara: Dass man zum Beispiel die Ausländerlizenzen in Abwehr und Angriff anders verteilt oder die Rollen der Spieler anders vergibt.
Bei der Saisonabschlussfeier wurde gesagt, dass der Club noch mit Ryan MacInnis über eine Vertragsverlängerung spricht. Wie ist da der Stand?
Alavaara: Wir werden nochmal in dieser Woche mit ihm reden.
Ex-Adler-Spieler Markus Hännikäinen, der vor allem in den Play-offs 2022 starke Leistungen zeigte, ist auch auf dem Markt. Ist er interessant für Mannheim?
Alavaara: Markus ist ein richtig guter Spieler, ein bisschen wie MacInnis mit seiner defensiven Rolle. Der Vorteil von MacInnis ist, dass er auch Mittelstürmer spielen kann. Aber es gibt aktuell insgesamt einfach sehr gute Spieler auf dem Markt, und wir müssen uns überlegen, wer uns am besten weiterhelfen kann.
Vergangene Transferperiode blickten alle in puncto Spieler in Richtung der osteuropäisch geprägten KHL, da man davon ausging, dass wegen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine nicht viele ausländische Akteure dorthin zurückkehren würden. Letztlich kam es anders. Wie verhält es sich mit der KHL in dieser Transferperiode?
Alavaara: Jetzt gibt es definitiv einige Namen, die für uns interessant sind. Da checken wir aber gerade jeden Spieler gründlich durch, denn wir wollen niemanden, der Mannheim als Endstation oder Rentnerplatz ansieht. Wir wollen nur Spieler haben, die immer noch hungrig sind.
Wir haben viel über das Personal gesprochen. Inwieweit ist denn der neue Trainer in die Personalentscheidungen schon mit eingebunden? Oder muss er letztlich mit der Mannschaft arbeiten, die Sie zusammenstellen werden?
Alavaara: Bisher haben wir keinen Trainer auf der Gehaltsliste, aber wir werden in dieser Woche die Trainergespräche intensivieren und diesen Prozess weiter vorantreiben. Zudem haben wir auch die Spieler wieder gefragt, was wir für die Zukunft in Mannheim auf dieser Position brauchen und wollen.
Haben Sie sich eine Grenze gesetzt, bis wann sie den neuen Trainer präsentieren wollen?
Alavaara: Nein. Es ist wichtig, dass wir den richtigen Mann finden. Da ist es egal, ob das noch ein paar Wochen dauern sollte oder nicht. Das wird nicht unsere Leistung im August, September beeinflussen.
Spielt die Nationalität beim neuen Trainer eine Rolle?
Alavaara: Eigentlich nicht. Er muss in unser Anforderungsprofil passen. Englisch sprechen muss er natürlich. Wenn er auch Deutsch kann, wäre das ein Bonus.
Wenn man auf den aktuellen Kader blickt fällt auf, dass viele Spieler in der kommenden Saison die ominöse U-23-Altersgrenze überschreiten werden. Einige wie etwa Luca Tosto werden den Verein verlassen. Wie stellt sich der Club bei den U-23-Spielern auf?
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Alavaara: Wir haben Pilu, Dziambor und Thiel unter Vertrag und gucken, was auf dem Markt verfügbar ist. Aber viele Spieler in diesem Alter wollen spielen und wissen, dass es in Mannheim schwierig ist, einen Platz zu bekommen. Wir sind aber mit Spielern und deren Beratern in Gesprächen. Ich hoffe und denke, dass wir hier noch den einen oder anderen Stürmer bekommen und so tiefer besetzt sein werden.
Könnten das auch Spieler aus der eigenen Jugend sein?
Alavaara: Ja, das könnte sein. Es gibt da durchaus Spieler mit Potenzial, die später mal gute DEL-Spieler werden könnten.
Ich frage auch deshalb, weil mit Linus Brandl und Kevin Bicker zwei der talentiertesten Stürmer des 2005er-Jahrgangs die Jungadler in Richtung der DEL-Rivalen Straubing und Frankfurt verlassen haben. Warum konnte man diese Talente nicht an sich binden?
Alavaara: Es ist ärgerlich und tut uns natürlich weh, dass wir sie nicht an uns binden konnten. Vielleicht haben sie gedacht, es macht für ihre Entwicklung mehr Sinn, wenn sie woanders spielen.
Ein wichtiger Partner bei der Zusammenarbeit mit jungen Spielern war bisher auch DEL2-Kooperationspartner Heilbronner Falken, nun ist dieser aber in die Oberliga abgestiegen. Wie geht es da weiter?
Alavaara: Wir werden mit Heilbronn reden und alles Mögliche besprechen.
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