Dass der Profifußball auch auf die besonderen emotionalen Bedürfnisse eines Geburtstags keine Rücksicht nimmt, diese Erfahrung machte Rüdiger Rehm schon als ganz junger Profi. Wir schrieben den 22. November 1997, als der Heilbronner zum Regionalliga-Spiel seines Vereins SV Waldhof bei Darmstadt 98 Freunde und Verwandte ins Stadion am Böllenfalltor einlud - Rehm wurde an diesem Tag 19 Jahre alt.
Doch dann nahm ihn der damalige Trainer Uwe Rapolder ein paar Stunden vor dem Spiel zur Seite und teilte ihm mit: „Rüdiger, du stehst heute nicht im Spieltagskader und sitzt nur auf der Tribüne.“ Diese harte (wenn auch sportlich begründete) Nachricht musste der junge Außenverteidiger erst einmal wegstecken. „Erfreut war ich darüber sicher nicht“, sagte der Mann, der 26 Jahre nach dem unerfreulichen Darmstadt-Erlebnis selbst den SV Waldhof trainiert, am Mittwoch.

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Genau wie einst als Spieler geht für Rehm auch als Coach die Arbeit vor der Party. Am Mittwoch feierte der Schwabe seinen 45. Geburtstag, leitete aber dennoch das Training am Alsenweg und musste dann auch noch auf der Pressekonferenz vor dem enorm wichtigen Spiel am Freitag (19 Uhr) gegen den SC Verl Rede und Antwort stehen. Ein Geburtstag im Krisenmodus.
Bei den regelmäßigen Zusammenkünften mit den Medienvertretern fiel für Rehm in den vergangenen Wochen generell keine Vergnügungssteuer an. Der letzte Erfolg des SV Waldhof datiert vom 30. September, ein 3:1 gegen Freiburg II. Seitdem holten die Mannheimer in sieben Liga-Partien ohne Sieg nur noch zwei Punkte, das 1:4 im Verbandspokal-Viertelfinale beim SV Sandhausen am Samstag verlängerte die blau-schwarze Horrorserie auf acht Pflichtspiele ohne Erfolg.
Man kann schon ein bisschen Mitgefühl mit dem sympathischen Fußballlehrer Rehm empfinden, wie er Woche für Woche versucht, in seinen Statements den Glauben an die jetzt aber wirklich dann kurz bevorstehende Trendwende zu beschwören. Mit den bekannten unzureichenden Resultaten.
Verl ist das Überraschungsteam der 3. Liga
Gegen Verl nehmen die Krisen-Waldhöfer den nächsten Anlauf - und müssen versuchen, sowohl in der Tabelle als auch mit Blick auf eine möglicherweise turbulente Jahreshauptversammlung am Montagabend ein wenig Druck vom Kessel zu nehmen. „Wir gehen mit der Chance in das Spiel, diese Zone, die wir überhaupt nicht betreten wollten, wieder zu verlassen. Das ist unser Ziel, etwas anderes dürfen wir gar nicht im Kopf haben“, sagte Rehm. Mit einem Sieg gegen das Überraschungsteam der Liga könnte der Drittletzte SVW zumindest bis Samstag oder Sonntag ans rettende Ufer springen.
Allerdings kommt Verl mit einem echten Lauf ins Carl-Benz-Stadion, in dem bei bisher erst 4800 verkauften Tickets eine Saison-Minuskulisse droht. Sieben Spiele in Folge sind die Ostwestfalen ungeschlagen, haben dabei 17 von 21 möglichen Punkten geholt - und stellen als Tabellenvierter mit 34 Toren mit Abstand die beste Offensive der Liga. Allein schon die Werte des in Kaiserslautern geborenen Verler Topscorers Oliver Batista Meier (8 Tore/8 Vorlagen) klingen aus Sicht der bisher wackligen Waldhof-Defensive angsteinflößend. Rehm geht aber davon aus, dass der Dorfverein auch seiner Mannschaft Räume und Chancen anbieten wird, die es dann zu nutzen gilt. „Wir müssen hinten aufpassen, dass Verl nicht durchkommt. Aber mit dem Wissen, dass wir sie auch knacken können, weil sie defensiv nicht den stabilsten Eindruck machen“, erklärte der Waldhof-Trainer.
Starten SV Waldhof-Spieler Jans und Sechelmann?
Zumindest die personelle Lage hat sich verglichen mit dem Sandhausen-Spiel entspannt. Laurent Jans ist mit zwei Siegen gegen Bosnien-Herzegowina (4:1) und Liechtenstein (1:0) von der luxemburgischen Nationalmannschaft zurückgekehrt, Verteidiger Tim Sechelmann wieder komplett fit, Jonas Albenas zumindest wieder ein Kandidat für den Kader. Nur Marcel Seegert und Fridolin Wagner sollen nach ihren Knieblessuren erst in der Woche nach Verl wieder voll ins Training einsteigen.
Der Druck ist riesig, die Unruhe und die Krisenstimmung im Umfeld fast genauso groß. Ein Sieg ist deshalb fast Pflicht für das Rehm-Team, wenn am Freitagabend im Stadion nicht eine womöglich äußerst ungesunde Dynamik in Gang gesetzt werden soll. „Wir müssen läuferisch und kämpferisch ans Maximum gehen, auch taktisch sehr clever agieren. Und wir müssen jetzt die Ergebnisse erzielen. Das ist dringend nötig“, gestand Rehm am Mittwoch.
Erst am Abend blieb ihm ein bisschen Zeit, um mit der Familie in Heilbronn auf seinen 45. Geburtstag anzustoßen. Nicht ausgeschlossen, dass auch Uwe Rapolder noch telefonisch gratuliert hat. Der Kontakt des aktuellen mit dem früheren Waldhof-Trainer hat gehalten. Vielleicht sprechen beide dann auch darüber, wie Rapolder dem jungen Profi Rehm einst in Darmstadt den 19. Geburtstag verhagelt hat.
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