Sandhausen. Der verletzte Waldhof-Kapitän Marcel Seegert hatte die schwarze Wollmütze tief ins Gesicht gezogen, als er nach dem Abpfiff kurz in der Mixed Zone des Hardtwaldstadions vorbeischaute. Nach dem 1:4 (0:2) im Viertelfinale des bfv-Pokals beim Liga-Konkurrenten SV Sandhausen wollte sich „Cello“ aber nicht in langen Analysen verlieren, sondern gab nur einen kurzen Einblick in sein Innenleben, das sich aktuell mit dem vieler Waldhof-Fans decken dürfte. „Da blutet einem das Herz“, sagte der 29-Jährige angesichts des nun schon achten Mannheimer Pflichtspiels ohne Sieg in diesem Horror-Herbst.
Auch das erhoffte Erweckungserlebnis im Pokal war ausgeblieben, die Luft für den Traditionsclub wird im Endspurt Richtung Winterpause damit immer dünner. Und als Mutmacher für die verbleibenden fünf Liga-Spiele konnte der Vergleich mit dem Kurpfälzer Nachbarn ebenfalls nur bedingt herhalten.
Zwar hatte der Waldhof die klar bessere Startphase, ging beherzt in die Zweikämpfe und hatte mit Ballgewinnen den Vorwärtsgang schneller gefunden als der SVS, vereinte aber einmal mehr Harmlosigkeit im letzten Drittel und Anfälligkeit in der Defensive. „Bei uns hat leider auch wieder der letzte Pass gefehlt“, monierte etwa Angreifer Pascal Sohm, der mitansehen musste, wie es Sandhausen besser machte: Nach dem Doppelschlag von David Otto (31.) und Rouwen Hennings (34.), den Waldhof-Profi Kelvin Arase mit einem haarsträubenden Fehlpass bedient hatte, ging Sandhausen einzig wegen seiner klar besseren Effektivität mit einem 2:0 in die Pause.
Viel Aufwand, kaum Ertrag
Dieser Umstand setzte sich in den zweiten 45 Minuten fort, als die Mannheimer gleich wieder Oberwasser hatten, selbst nach dem Platzverweis für Bentley Baxter Bahn (62.) noch zum Anschlusstreffer durch Sohm kamen (68.) und sogar am Ausgleich schnupperten. Doch dem Waldhöfer Alles-oder-Nichts-Spiel setzte Sandhausen die trockenen Konter-Treffer von Tim Maciejewski (87.) und Abu-Bekir El-Zein (90.+4) entgegen.
Am Ende war das Ergebnis dann auch egal. Waldhof-Trainer Rüdiger Rehm wusste allerdings, dass der Druck im Kessel nach dem erneuten Verpassen des DFB-Pokals und der prekären Lage in der Liga nun nicht geringer werden wird. „Seit Unterhaching sind wir in den vergangenen Wochen fußballerisch wieder auf einem guten Weg, aber die Ergebnisse sind nicht da – und die zählen eben im Fußball“, sagte der Coach im Wissen um die bekannten Mechanismen. Dem ließe sich bis auf den Heimspiel-Offenbarungseid gegen Duisburg (0:0) halbwegs zustimmen. Als schwächstes Glied in der Kette dürfte der 44-Jährige aber als Erstes zu Disposition stehen, wenn dem Aufwand auch künftig der Ertrag verwehrt bleiben sollte.
Seine Position betrachtete Rehm immer noch als gefestigt. „Das Geschäft ist bekannt, aber ich habe einen sehr guten Austausch mit allen und weiß, dass alle hinter mir stehen“, betonte der Ex-Profi der Blau-Schwarzen, der seine Mission am Alsenweg als noch lange nicht beendet betrachtet.
„Ich glaube, das ist gerade keine Trainergeschichte, sondern eine Kopfgeschichte von uns allen, aus der wir uns gemeinsam herausarbeiten müssen. Ich habe hier vier Jahre als Spieler verbracht und drunter will ich als Trainer nicht sein. Aber ich weiß, dass ich Ergebnisse liefern muss“, sagte Rehm, der den Horizont zunächst bis Weihnachten absteckte. „Bis dahin müssen wir über dem Strich stehen, damit wieder ein gutes Gefühl da ist“, definierte Rehm das Minimalziel bis zum Jahreswechsel. Was auch bedeutet, dass die Vorgabe von Sportchef Tim Schork schon wieder kassiert worden sein dürfte und man sich auf kleinere Schritte beschränken muss.
Schork hatte vor dem Bielefeld-Spiel noch gefordert, in den kommenden zehn Partien mehr als die zwölf Punkte aus der Startphase zu sammeln. Aus den verbleibenden fünf Partien müsste der Waldhof so noch vier Siege holen, was so wahrscheinlich klingt, als ob um den Christbaum 2023 auch noch der Osterhase hoppelt. Die Brötchen beim SVW sind mittlerweile also schon so klein, dass sie im Dezember passenderweise wohl auch als Plätzchen durchgehen würden.
Unterschiedsspieler Hennings
Was dem Waldhof unter anderem fehlt, machte am Samstag beispielsweise ein Blick auf den Auftritt von SVS-Kapitän Hennings deutlich. Der 36-Jährige rieb schließlich nicht nur Baxter Bahn in etlichen Zweikämpfen auf, sondern erzielte auch den vorentscheidenden Treffer zum 2:0 und ging als Führungsfigur voran. Ein Spielertyp, der dem Waldhof an allen Ecken und Enden fehlt und den man sich im Sommer nicht leisten konnte – oder wollte.
„Diese Qualität ist einfach hoch und die haben sie sich hier eben gekauft“, sagte Rehm mit Blick auf die unterschiedlichen Voraussetzungen oder Versäumnisse.
SV Sandhausen: Klein – Weik (76. Zander), Geschwill, ...
SV Sandhausen: Klein – Weik (76. Zander), Geschwill, Göttlicher, Ehlich – Ben Balla, Mühling, Burcu (59. Evina), Hennings (82. El-Zein), Stolze (82. Maciejewski) – Otto (80. Meier).
SV Waldhof: Hawryluk – Hawkins, Riedel, Karbstein, Carls– Arase (83. Abifade), Bahn, Rieckmann, Gouras (67. Lockl) – Sohm (83. Mabella), Herrmann (67. Okpala).
Tore: 1:0 Otto (31.), 2:0 Hennings (34.), 2:1 Sohm (68.), 3:1 Maciejewski (87.), 4:1 El-Zein (90.+4)
Gelbe Karten: Hennings, Weik – Bahn, Gouras, Hawkins, Lockl – Gelb-Rot: Bahn (62.).
Beste Spieler: Hennings – Hawkins.
Schiedsrichter: Philipp Hofheinz (Niefern) – Zuschauer: 5636.
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