Mannheim. Es ist eine kuriose Konstellation. Seit Montag wird Nico Neidhart, der Sohn des aktuellen Waldhof-Coachs Christian Neidhart, bei Hansa Rostock von dem Mann trainiert, der in der vergangenen Saison noch den SVW betreute: Patrick Glöckner. Bei seinem Vorgänger hätte sich Christian Neidhart ein paar Tipps zur Erwartungshaltung beim Mannheimer Traditionsverein geben lassen können, die im Falle des Misserfolgs schnell zu einer Last werden kann.
Glöckner führte den SVW in der vergangenen Saison mit Rang fünf zur besten Platzierung seiner Drittligageschichte, musste aber dennoch regelmäßig mit Kritik leben, die nicht selten über das Ziel hinausschoss - am Saisonende trennten sich die Wege. Vergossene Milch.
Glöckner hat nun einen attraktiven neuen Job bei Zweitligist Rostock und sein Nachfolger Neidhart ist bisher daran gescheitert, eine Mannschaft zu formen, die den hohen Waldhof-Ansprüchen genügt. Diese Ansprüche lauten trotz Platz acht kurz vor der Winterpause nach Aussage von Präsident Bernd Beetz weiterhin, noch in dieser Saison in die 2. Liga aufzusteigen.
Aufregung um Martinovic-Zitat
Auch wenn es die Tabellenkonstellation mit nur fünf Punkten Rückstand auf den Relegationsplatz weiterhin hergibt, mag man sich eingedenk der desolaten Mannheimer Auftritte in der Fremde über dieses trotzige Selbstbewusstsein ein wenig wundern. „Unser Präsident hat es auf den Punkt gebracht. Zu Hause spielen wir wie ein Aufsteiger, auswärts wie ein Absteiger“, sagte Neidhart auf der Pressekonferenz vor dem letzten Heimspiel des Jahres gegen den FSV Zwickau (Mittwoch, 19 Uhr).
Die Aufarbeitung des 1:3 in Halle, der sechsten Auswärtsniederlage in Folge, fiel nach Neidharts Angaben schonungslos aus. „Wir sind in dieser Woche sehr deutlich geworden - vor allem ich“, sagte der Trainer. Immer wieder bringe sich sein Team auswärts „selbst in die Bredouille“. Vor allem die Defensivleistung war zuletzt nicht drittligatauglich. „Wir verteidigen in einigen Phasen nicht schlecht, sondern katastrophal“, sagte Neidhart.
Die Mannheimer Auswärtsmalaise hat die Aufbruchstimmung im Umfeld zu Beginn der Saison in eine Art von Fatalismus im Frühstadium verwandelt. Neidhart selbst weiß wohl, dass es gegen Zwickau und zum Jahresabschluss am Sonntag beim VfB Oldenburg um seine Zukunft beim SVW geht. „Das ist eine Situation, die nicht schön ist. Da ist jetzt die Mannschaft gefordert, das Optimale aus den beiden Spielen herauszuholen“, betonte er.
Als wäre die sportliche Situation nicht schon angespannt genug, beschäftigen den SVW auch noch zwei Nebenschauplätze: Dominik Martinovic hatte in der vergangenen Woche mit seinem im „Kicker“ abgedruckten Satz, man sei stärker als Halle, den Gegner zusätzlich motiviert. Halles Trainer André Meyer hängte den Spruch ausgedruckt in die Kabine. „Grundsätzlich sollte man so eine Aussage nicht machen, weil sie respektlos gegenüber anderen Mannschaften ist. Aber die Aussage ist so auch nicht getroffen worden“, sagte Neidhart. Clubsprecher Yannik Barwig nahm Martinovic in Schutz. Das Zitat sei „aus dem Gesamtkontext gerissen worden“.
Und dann gärt beim SVW noch eine Führungsspieler-Debatte, die Neidhart nun selbst befeuerte, als er über die Gründe für die mangelnde Widerstandsfähigkeit seiner Elf in gegnerischen Stadien sprach. „Man sieht bei uns, dass wir in der Führung keine Spieler haben, die das Heft in die Hand nehmen. Wir müssen das als gesamte Mannschaft hinkriegen. Nach dem Höger-Ausfall ist unser Führungsspieler leider nicht mehr dabei“, sagte er.
Bisher war man davon ausgegangen, dass allen Mitglieder des Mannschaftsrats - also Kapitän Marcel Seegert, Höger, Marc Schnatterer, Baxter Bahn und Martinovic - eine Führungsrolle im Team zugedacht ist. Vor allem Seegert, in Halle unfreiwillig zunächst nur Bankdrücker, dürfte sich seinen Teil denken.
Gegen den Tabellen-17. aus Zwickau wird der Fanliebling mit Sicherheit wieder spielen, weil die beiden anderen Innenverteidiger entweder gesperrt (Gerrit Gohlke) oder verletzt (Malte Karbstein) sind. Johannes Dörfler (krank) und Schnatterer (familiäre Gründe) fehlen außerdem in einem Match, in dem der SV Waldhof zum Siegen verdammt ist, um den Kontakt nach oben nicht vollends abreißen zu lassen. Da wird Charakter gefragt sein.
Der nach dem Halle-Fiasko in den Raum gestellten These, seiner Mannschaft mangele es an eben diesem Charakter, widersprach Neidhart. „Ich weiß, dass die Jungs alles für den Verein geben. Sie sind einwandfrei. Da lege ich meine Hand für ins Feuer“, so der Trainer.
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