Interview

Waldhof-Trainer Neidhart: „Einen fertigen Stürmer zu finden, wird schwierig“

Im Interview spricht der neue Waldhof-Trainer Christian Neidhart über die Form kurz vor dem Start am Samstag gegen Viktoria Köln, den Stand seiner Eingewöhnung in Mannheim und die komplizierte Suche nach einem Torjäger.

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Alexander Müller
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© Michael Ruffler

Mannheim. Am heißesten Tag des Jahres empfängt Christian Neidhart auf der Tribüne des Seppl-Herberger-Stadions am Alsenweg. Kurz vor dem Start in die neue 3. Ligasaison mit dem Heimspiel gegen Viktoria Köln (Samstag, 14 Uhr) spricht der neue Trainer des SV Waldhof über seine ersten Wochen in Mannheim, den Leistungsstand des Teams und die Suche nach einem neuen Stürmer.

Herr Neidhart, wenn Sie jemand in der Innenstadt fragen würde, wie man von B3 nach F7 kommt. Würden Sie den Mannheim-Test bereits bestehen?

Christian Neidhart (lacht): Ich habe mir zumindest in H2 eine Wohnung angeschaut. Aber da war die Parkplatzsituation eine Katastrophe.

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Mittlerweile etwas anderes gefunden?

Neidhart: Ich habe mehrere Wohnungen besichtigt, aber als es final wurde, war es ehrlicherweise nicht so einfach. Das nervt mich auch ein bisschen. Die Wohnungssuche sollte jetzt irgendwann mal ein Ende haben.

Ist der Integrationsprozess im neuen Umfeld – abgesehen von der eigenen Wohnung – denn bereits abgeschlossen?

Neidhart: Ich habe mich hier relativ schnell eingewöhnt. Das heiße Wetter macht mir und den Jungs aber schon zu schaffen – auch wenn ich ein Typ bin, der Sonne mag. Es ist ein bisschen so wie zu meinen aktiven Zeiten, wenn du im Sommer in Freiburg spielen musstest: Da hast du gedacht, du kannst es nicht aushalten.

Wie dosiert man bei der aktuellen Hitze das Training – gerade mit Blick auf Samstag, wenn die Spieler beim Start gegen Viktoria Köln frisch sein sollen?

Neidhart: Viel Rücksicht kann ich da nicht nehmen. Wir haben das Training von 14.30 Uhr auf 10 Uhr vorverlegt. Wenn am Samstag um 14 Uhr über 30 Grad sind, müssen wir aber auch spielen.

Was haben Sie denn als Nordlicht über das Naturell der Kurpfälzer gelernt?

Neidhart: Das wird der zweite Prozess, der irgendwann kommen wird. Wenn ich einmal Zeit habe und wenn meine Frau öfters vor Ort ist. Im Moment geht es von morgens bis abends nur um Fußball.

Sechs Vorbereitungsspiele, fünf Siege, dazu ein 0:1 gegen Elversberg. Wie weit ist die Mannschaft wenige Tage vor dem Saisonstart am Samstag gegen Viktoria Köln?

Neidhart: Grundsätzlich habe ich nie großen Wert auf diese Testspiele gelegt. Logischerweise will man immer das Optimale, aber das bekommt man in der Vorbereitung nicht. Man probiert viel aus. Am Ende des Tages muss man die Entwicklung aber unter dem Druck des Punktspiels sehen. Da werden sicher ein paar Partien ins Land gehen. Der Prozess ist noch gar nicht abgeschlossen.

Unter ihrem Vorgänger Patrick Glöckner kam das Team eher über seine Umschaltmomente, Sie wollen aber einen dominanteren Stil mit mehr Ballbesitz sehen. Hat die Mannschaft diese Umstellung schon verinnerlicht?

Neidhart: Es ist gar nicht so, dass das Spiel darauf ausgelegt ist, viel Ballbesitz zu haben. Ich finde das Umschaltspiel, das Patrick bevorzugt hat, auch spannend. Das habe ich in Meppen auch spielen lassen. Ich denke, man muss in verschiedenen Phasen des Spiels alles im Repertoire haben. Manchmal den Ball in den eigenen Reihen zu halten, ein gutes Umschaltspiel, defensiv wie offensiv. Eigentlich bestimmt dein Personal das Spiel, weniger die Philosophie des Trainers.

Wie ist denn der Zwischenstand bei den Kaderplanungen?

Neidhart: Zu meinen Meppener Zeiten wäre der Kader wahrscheinlich komplett gewesen, jetzt wollen wir jedoch in ein anderes Regal greifen. Aber die Kaderplanung ist kein Wunschkonzert, selbst bei Bayern München nicht. Auch andere wollen in dieses Regal greifen, das wird spannend bleiben. Die erste Phase haben wir überstanden, jetzt ist Geduld gefragt. Wir dürfen nicht nervös werden. Es wird noch was passieren, auch im U-23-Bereich. Tim Schork arbeitet daran auf Hochtouren.

Aktuell stehen 22 Profis im Kader, Sportchef Tim Schork hält noch nach weiteren Verstärkungen Ausschau. Wie sehr nervt es Sie als Trainer, dass das Transferfenster bis 30. August geöffnet hat - wenn die Saison schon wochenlang läuft und sich viele höherklassige Spieler erst sehr spät entscheiden können, in die 3. Liga zu wechseln?

Neidhart: Man kennt das gar nicht anders, das ist für mich Normalität. Unterschiedliche Ligen haben unterschiedlich lange Pausen, bis runter in den Amateurbereich. Das ist bewusst so gewählt. Viel spannender wird die Frage, was in der langen Winterpause passieren wird. Wir hören wegen der WM in Katar Mitte November auf, und das Transferfenster öffnet sich erst am 1. Januar. Und zehn Tage später geht die Saison schon weiter.

Wird es eine spezielle Herausforderung, die Jungs zwischen Mitte November und Mitte Januar bei Laune zu halten?

Neidhart: Ich glaube nicht. Die Zeit davor wird sehr intensiv. Da bist du froh, auch noch einmal abschalten zu können. Dann kommst du im neuen Jahr frischer zurück als sonst. Es wird eine normale Winter-Vorbereitung geben, bei der man auch die Möglichkeit hat, unter Umständen noch einmal jemanden dazu zu holen.

Wie sehen die Winter-Planungen denn konkret aus?

Neidhart: Wahrscheinlich machen wir nach dem letzten Spiel Mitte November ein bisschen Pause, dann trainieren wir bis wieder Weihnachten. Nach Silvester starten wir dann wieder, Mitte Januar geht es in der Liga weiter.

Gab es für Sie persönlich eine Überraschung in der Vorbereitung? Jemand, der sich in den Vordergrund gespielt hat?

Neidhart: Man versucht, die Jungs so zu bewerten, wie man sie kennengelernt hat. Jeder hat sich voll reingehauen und wollte dem Trainer zeigen, dass er der Richtige ist. Auch unsere U-23-Spieler Volkan Rona und Florian Butscher waren von Anfang an immer dabei und haben genauso gut mitgezogen. Da muss man gar keinen herausheben.

Wie viele Startelf-Plätze zum Auftakt haben Sie vor Ihrem inneren Auge bereits vergeben?

Neidhart: Durch die Verletzungssorgen werden wir wahrscheinlich etwas verändern müssen. Ich habe im Kopf, welche Plätze vergeben sind, aber es sind sicher keine elf Plätze.

Ist die Entscheidung, mit welchem Torhüter der SVW in die Saison geht, bereits gefallen?

Neidhart: Für uns intern ist das klar. Wir werden es den Torhütern am Donnerstag mitteilen.

Pascal Sohm als klassischer Mittelstürmer, Dominik Martinovic als Mann für die tiefen Läufe, Berkan Taz als Typ falsche Neun. Sind Sie mit der Besetzung im Angriff zufrieden? Oder braucht der SV Waldhof noch einen weiteren Torjäger?

Neidhart: Wir müssen nicht, aber es war von Anfang an unser Gedanke, in diesem Bereich noch etwas zu machen. Wir haben ein paar Szenarien, ein paar Szenarien haben sich auch schon erledigt. Aber das ist ganz normal.

Ist der Mittelstürmer die schwierigste Position, um jemanden zu finden? Gerade wenn man eine gewisse Qualität haben will?

Neidhart: Man hat es bei Bayern gesehen: Einen Lewandowski will jeder haben. Wir suchen auch denjenigen, der Tore macht. Vielleicht ist es aber auch gut, einmal einen Umweg zu gehen und jemanden zu holen, der reinrutschen und überraschen kann. Einen fertigen Stürmer zu finden, wird schwierig sein. Es gibt noch ein paar auf dem Markt, aber da sind wir wahrscheinlich nicht alleine dran. Die Jungs kennen ihren Wert und werden den dann auch ausspielen.

Gegen Köln droht ein kleiner Notstand auf der Rechtsverteidiger-Position – auch wenn Johannes Dörfler nach seinen Knie-Problemen jetzt wieder mittrainiert. Haben Sie schon eine Idee, wie Sie das auffangen wollen?

Neidhart: Ja, da haben wir einen Plan B. Das haben wir in der Kaderplanung mit Spielern, die variabel auch eine andere Position spielen können, berücksichtigt. Da hätten wir auf jeden Fall eine Alternative.

Erst kommt Viktoria Köln, dann im DFB-Pokal Holstein Kiel, es geht weiter in Verl, gegen Aue und dann bei Ihrem früheren Verein SV Meppen: Das Auftaktprogramm ist eng getaktet. Wie wichtig wird es sein, gut aus den Startlöchern zu kommen, um eine gewisse Dynamik und vielleicht auch Euphorie im Umfeld loszutreten?

Neidhart: Das ist immer wichtig. Enorm wichtig ist es, sich den ersten Dreier zu holen. Der ist immer der Schwerste. Wenn dir das nicht gleich im ersten Heimspiel gelingt, wäre das der perfekte Start.

Fast die halbe Liga liebäugelt offen oder hinter vorgehaltener Hand mit dem Zweitliga-Aufstieg. Das Aufstiegsrennen dürfte wieder sehr eng werden. Auf welche Faktoren kommt es an, wenn die individuelle Qualität der Teams annähernd gleich ist?

Neidhart: Die Mannschaft, die einen guten Zusammenhalt und ein gutes Miteinander hat. Innerhalb und außerhalb. Man braucht eine vernünftige, abgeschlossene Kaderstruktur, um damit in die Saison zu starten. Das benötigt man nach den ersten fünf, sechs Spieltagen, um sich dann auf das Wesentliche konzentrieren zu können. Wer das hinbekommt und eine gute Qualität im Kader hat, wird oben dabei sein. Wir wissen, dass gerade Traditionsvereine mit Dingen wie Druck und Erwartungshaltung zu kämpfen haben. Schauen wir mal, wer das hinbekommt. Ich glaube, dass acht Mannschaften das Potenzial haben, um die ersten drei Plätze mitzuspielen. Das macht die Liga so ausgeglichen und spannend.

Wie wichtig wird der Rückhalt durch die eigenen Fans sein - auch in dem Fall, dass mal die Ergebnisse ausbleiben?

Neidhart: Wichtig ist, dass jeder sich mit dem Team identifizieren kann, auch wenn du mal ein Spiel verlierst. Wenn du alles reinhaust, steht auch jeder hinter dir. Die Körpersprache und die Mentalität müssen passen. Sonst wirst du wahrscheinlich auch zurecht Unruhe reinkriegen. Aber das wollen wir erst gar nicht aufkommen lassen.

Sie haben in Meppen lange Jahre in der Regionalliga und dann der 3. Liga trainiert, in Essen wieder einen Regionalligisten übernommen, der zurück nach oben wollte. Wäre es auch für Sie persönlich ein Traum, in der 2. Liga arbeiten zu können?

Neidhart: Ich hatte nie einen Karriereplan. Ich habe immer da trainiert, wo ich mich wohlgefühlt habe. Das war zum Beispiel in den sieben Jahren in Meppen so. Ich hatte dort die Möglichkeit, etwas aufzubauen. In der ersten Corona-Saison 2020/21 hätten wir von der Art, wie wir damals Fußball gespielt haben, eigentlich aufsteigen müssen. Wir haben dann mit Meppen leider zu viele Heimspiele abgegeben, als das ohne Zuschauer kein so großer Vorteil mehr war. Ich hatte auch zu meiner Essener Zeit Möglichkeiten, in die 2. Liga reinzuschnuppern. Aber ich hatte einen Vertrag und bin, was das betrifft, sehr loyal.

Wieso sind Sie damals aus Meppen nach Essen gegangen?

Neidhart: Für mich war bei dieser Entscheidung wichtig: Wie kommst du mit deiner Art bei einem Traditionsverein an? Wie komme ich klar, mit meiner Mentalität? Ich bin auch nicht immer der Einfachste und ecke vielleicht mal an. Das war die Herausforderung, die ich bewerkstelligen wollte. Das hat dann auch sehr gut funktioniert. Das Ende war allerdings sehr enttäuschend, wenn man acht Tage vor Schluss rausgeworfen wird,

Ist der Frust darüber abgehakt?

Neidhart: Ich bin donnerstags freigestellt worden und freitags hat Münster gegen Wiederbrück unentschieden gespielt. Das war der Kick, den die Mannschaft brauchte, weil sie den Aufstieg wieder in der eigenen Hand hatte. Danach hättest du den Busfahrer auf den Platz stellen können und es wäre von alleine gelaufen. Der Verein ist aber nervös geworden, und das ist schade. Ich habe alles dafür geopfert und mich komplett hintenan gestellt für das Ziel Aufstieg. Aber so ist der Sport, so ist Fußball. Bei Lautern ist es ähnlich gelaufen. Ein guter Freund hat zu mir gesagt: Der schlechteste Fall wäre gewesen, wenn du mit Essen Zweiter geworden wärst. Jeder hätte deine Arbeit geschätzt, aber du hast es nicht geschafft. So bin ich wieder auf den Markt gespült worden und hatte relativ schnell wieder Anfragen, womit ich nicht gerechnet habe.

Redaktion Fußball-Reporter: Nationalmannschaft, SV Waldhof, Eintracht Frankfurt, DFB

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