Mannheim. Den harten Aufprall in der Realität hätte Bernhard Trares nach eigener Aussage nicht benötigt, um einen klaren Blick auf das Leistungsvermögen seiner Mannschaft zu erhalten. „Absolut“, antwortete der Trainer des SV Waldhof nach der 0:3 (0:0)-Niederlage beim TSV 1860 München auf die Frage dieser Redaktion, ob die Bäume bei der Mannheimern in dieser Drittliga-Saison doch nicht in den Himmel wachsen. Auch die gute Serie mit zuvor nur einer Niederlage in acht Spielen habe intern den Blick auf die Defizite nicht verstellt. „Wir im Trainerteam wissen genau, wo wir stehen. Wir haben die Spiele alle analysiert und wissen, wie eng sie waren“, sagte Trares.
Der SVW, diese These ist nach dem ernüchternden Auftritt in München-Giesing nicht allzu gewagt, kann in seiner aktuellen Zusammensetzung froh sein, wenn er nicht schon wieder in den Abstiegskampf verwickelt wird. Vor allem der Vortrag in der Offensive fällt auch unter Trares weiterhin so dürftig aus, dass selbst im Optimalfall mehr als Drittliga-Mittelmaß nicht drin sein dürfte. „Wir müssen in jedem Spiel an unsere Leistungsgrenze kommen, sonst reicht es nicht. Wenn wir denken, wir sind schon einen Schritt weiter, bekommst du halt so eine - in Anführungszeichen - Packung“, sagte der Sportliche Leiter Anthony Loviso zum 0:3 bei 1860.
Zu wenig Torgefahr, zu viel Abhängigkeit von Boyd
Die mit Abstand größte Problemzone: Das zentrale Mittelfeld bleibt kreatives Brachland. Julian Rieckmann, Janne Sietan und Maximilian Thalhammer verstehen sich mehr aufs Zerstören als aufs Entwickeln. Adrian Fein, Martin Kobylanski und Rico Benatelli wiederum, die das Offensivspiel mit ihren Ideen beleben sollen, sind aus unterschiedlichen Gründen bisher meist nur Mitläufer.
Das wirft die Frage auf, ob auf dieser entscheidenden Position im modernen Fußball die Mischung und auch die Qualität für gehobene Ansprüche stimmen in diesem Kader. Ein Team, das von zwei verschiedenen Sportchefs zusammengestellt wurde und in Trares jetzt innerhalb von nur zehn Monaten bereits den dritten Trainer mit einer jeweils anderen Spielidee vorgesetzt bekommen hat. Auch diese hohe Fluktuation in der sportlichen Leitung ist ein Erklärungsansatz für die offensichtlichen Schwierigkeiten.
Wie kann es besser werden? „Wir brauchen längere Phasen, in denen wir in der gegnerischen Hälfte sind. Den Ball laufen lassen, damit jeder mehr Sicherheit bekommt. Es geht viel hin und her, da müssen wir mehr Druck aufbauen“, sagte Benatelli zu den Lösungsansätzen für die gravierenden Probleme, aus dem Spiel heraus eigene Torchancen zu kreieren. In München durfte der erfahrene Neuzugang von Austria Klagenfurt mal wieder von Beginn an ran, während Kobylanski und Fein nur auf der Bank saßen.
Nach einem engagierten Beginn baute Benatelli im zweiten Durchgang aber wie das gesamte Team rapide ab. Verteidiger Henning Matriciani verursachte mit einer misslungenen Kopfball-Rückgabe zu Torhüter Jan-Christoph Bartels das Münchner 1:0 durch Julian Guttau (51.). Der Rückstand reichte, um den SVW aus der Bahn zu werfen. 1860 erhöhte gegen zunehmend hilflose Mannheimer durch Tore von Tunay Deniz (67.) und Maximilian Wolfram (83.) noch auf das auch in der Höhe angemessene 3:0.
Ex-1860-Profi Trares, bei seiner Rückkehr an die Grünwalder Straße sehr herzlich empfangen, wirkte im Gespräch nach der Pressekonferenz deshalb schon ein wenig desillusioniert. „Wir müssen immer wahnsinnig hart kämpfen für Tormöglichkeiten und die Spiele lange offenhalten, um dann zu Chancen zu kommen. Da ist zu wenig Torgefahr“, sagte der 59-Jährige. Der Waldhof-Offensivplan steht und fällt mit Terrence Boyd. Wenn der Torjäger (sechs Saisontreffer) wie gegen 1860 aus dem Spiel genommen wird, gibt es keinen Plan B.
„Man sieht das ja an der Torverteilung. Da müssen wir schon offen mit umgehen. Wir haben nicht so viele Spieler, die ein einfaches Tor erzielen. Wir müssen weiter daran arbeiten, dass wir mehr Torgefahr aus dem Mittelfeld bekommen, wenn Terrence mal keinen guten Tag erwischt“, sagte Trares in München. Die Zahlen lügen in der Tat nicht: Die sechs zentralen Mittelfeldspieler der Mannheimer haben in 14 Partien erst acht Scorerpunkte (Tore und Vorlagen) gesammelt, hinter Boyd ist Felix Lohkemper (3 Tore) immer noch auf Platz zwei im internen Ranking - obwohl er schon seit Wochen verletzt ausfällt.
Das primäre Ziel des SV Waldhof kann unter diesen Umständen nur lauten, bis Weihnachten ein beruhigendes Polster auf die Abstiegszone zu schaffen. „Wir müssen Spiel für Spiel für den Klassenerhalt arbeiten. Wir sind noch nicht so, dass wir vorne reingehören, wir sind noch nicht so gefestigt“, erklärte Trares.
Nach drei sieglosen Partien in Folge bekommen die Duelle gegen die zweiten Mannschaften von Hannover 96 (Sonntag, 24. November, 13.30 Uhr, Carl-Benz-Stadion) und des VfB Stuttgart (Samstag, 30. November, 16.30 Uhr, Großaspach) deshalb eine richtungsweisende Bedeutung. Beide Teams stehen zurzeit auf Abstiegsplätzen.
In die zweiwöchige Länderspielpause, unterbrochen vom Testspiel bei Oberligist Wormatia Worms am Mittwoch (18.30 Uhr), gehen die Kurpfälzer nach dem schmerzhaften Rückschlag an der Grünwalder Straße mit einer deutlich eingetrübten Stimmung. „Wir hätten uns das anders gewünscht, aber das haben wir uns selbst eingebrockt“, sagte Trares in München. An einem Samstag im November 2024, an dem der SV Waldhof nach ein paar unbeschwerteren Wochen hart in der Realität gelandet ist.
Alle Spiele der 3. Liga live bei MagentaSport
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/sport/vereine_artikel,-sv-waldhof-ernuechterndes-03-bei-1860-muenchen-so-geht-es-fuer-den-sv-waldhof-nur-um-den-klassenerhalt-_arid,2259980.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.dehttps://www.mannheimer-morgen.de/vereine_verein,_vereinid,12.html
[2] https://www.mannheimer-morgen.dehttps://www.mannheimer-morgen.de/vereine_verein,_vereinid,12.html