Es ist im Profifußball wie überall im Arbeitsleben. Wo unterschiedliche Persönlichkeiten aufeinanderprallen, kann es auch mal Krach geben. Gerade im Fußball, in dem die Egos traditionell ein bisschen größer ausfallen als in anderen Branchen. Womit wir beim SV Waldhof wären, bei dem die Folgen eines Machtkampfs an der Vereinsspitze die positive Entwicklung der vergangenen Jahre akut bedrohen.
Die Beurlaubung von Sportchef Jochen Kientz ist von der Faktenlage und vom Zeitpunkt her ein von persönlichen Motiven getriebener Fehler. Der Manager hat großen Anteil am sportlichen Aufwärtstrend, der den SVW ans Tor zur 2. Liga gebracht hat – und wird nur deshalb aus seinem Amt entfernt, weil er mit Geschäftsführer Markus Kompp keine belastbare Arbeitsgrundlage mehr besitzt. Es geht ums Ego, nicht um den Verein.
Das gefährdet den Erfolg, in dieser Saison, aber auch perspektivisch. Andere Vereine wären froh, wenn sie auf sportliche Expertise wie die von Kientz in leitender Position zurückgreifen könnten. Der SV Waldhof opfert sie leichtfertig und unter fadenscheinigen Gründen.
Nicht auf Augenhöhe
Die Pressemitteilung, die Kientz’ Freistellung verkündet, versucht ziemlich unbeholfen, die Fährte weg von Kompp zu legen. Jetzt mag es formell so sein, dass der Aufsichtsrat der Spielbetriebs-GmbH über das Schicksal von Kientz entschieden hat. Aber faktisch ist die Entscheidung eine weitere Bestätigung der unangefochtenen Machtposition, die Kompp beim SVW genießt. Schon bei einigen Konflikten in der Vergangenheit hielt Präsident Bernd Beetz die Hand über den Schwaben, sein Sohn und Aufsichtsratschef Christian Beetz gehört zu Kompps engerem Zirkel.
Wer abseits von persönlichen Befindlichkeiten nach den Ursachen forscht, warum es zu dem Kompp-Kientz-Theater kommen konnte, stößt auf einen strukturellen Konstruktionsfehler bei der Ausgliederung des Profiteams in eine GmbH im Februar 2017. Damals pochte Investor Beetz darauf, dass es nur einen Geschäftsführer gibt – und zwar Kompp – unter dem ein Sportlicher Leiter arbeitet, also mit Kompp als Vorgesetztem. Bei anderen Profi-Vereinen ist es üblich, dass es mehrere gleichberechtigte Geschäftsführer für den kaufmännischen Bereich, das Marketing und den Sport gibt. Wenn sich auch Kompp und Kientz auf Augenhöhe und mit klar abgegrenzten Aufgabenbereichen begegnet wären, wäre vielen Konfliktthemen, aus denen letztlich der Bruch entstand, der Nährboden entzogen worden.
Gespannt darf man sein, wie sich Kompp, dem das Kientz-Lager permanente Sticheleien und Fouls unterstellte, aus der Affäre ziehen wird. Sein Vertrag läuft am Saisonende aus. Wenn Präsident Beetz seiner Linie treu bleibt, dürfte es zeitnah eine Verlängerung für den Geschäftsführer geben, obwohl es über dessen Wirken im Umfeld viele kritische Stimmen gibt. Was es für die Zukunft des SV Waldhof bedeutet, dass mit Kientz das letzte interne Korrektiv gegen die nun allmächtige Beetz/Kompp-Fraktion beseitigt worden ist, werden die kommenden Monate zeigen.
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Alexander Müller zur Kientz-Freistellung beim SV Waldhof