Mannheim. Der erste Rausch ist verflogen. Nachdem André Becker in der Winterpause von Arminia Bielefeld zu seinem Jugendverein SV Waldhof verliehen worden war, erlebte der Mittelstürmer einen traumhaften Start. In den ersten sieben Drittliga-Spielen traf Becker fünfmal, die Waldhof-Fans feierten den Rückkehrer. „Er kann mit seiner Präsenz auch mal ein, zwei Spieler festmachen. Daher freuen wir uns, dass er sich für uns entschieden hat“, sagte der damalige Trainer Bernhard Trares.
In der Liga war der 28-jährige Angreifer für die Arminia ohne Tor geblieben, dafür hatte Becker mit je einem Tor bei den Siegen gegen Hannover 96 und Union Berlin seinen Anteil am märchenhaften Bielefelder Siegeszug bis ins DFB-Pokal-Finale in Berlin am 24. Mai gegen den VfB Stuttgart. „Ich gönne das dem Verein, der zwei, drei unheimlich schwere Jahre hinter sich hat, von Herzen. Da tut so ein ,Wunder‘ gut, das haben sie sich einfach verdient“, sagte Becker nach der 2:1-Sensation der Arminia gegen Meister Bayer Leverkusen im Halbfinale. „Ich fühle mich zu einem kleinen Teil auch als Pokalfinalist.“
Unter Glawogger nur noch ein Startelf-Einsatz
Doch wenn es am Samstag (13.30 Uhr) zum Duell zwischen der Arminia und Waldhof kommt, hat sich Beckers Ausgangslage im Vergleich zu seiner starken Startphase in Mannheim verschlechtert. Unter dem neuen Trainer Dominik Glawogger muss der wuchtige Zielstürmer um Einsatzzeit kämpfen. Nur einmal, beim 1:1 bei Hannover II, stand Becker seitdem in der Startelf. Getroffen hat er nicht mehr.
Auf der Alm schließt sich für Becker der Kreis. Zumindest vorläufig. „Erstmal Glückwunsch an die Jungs in Bielefeld zum Aufstieg. Natürlich wird das für mich ein besonderes Spiel“, sagte der Mittelstürmer nach dem 1:0-Sieg gegen Aufsteiger Dynamo Dresden am vergangenen Samstag, mit dem sich die Mannheimer nach einer sehr schwierigen Saison vor dem letzten Spiel in eine gute Position für das Ziel Klassenerhalt gebracht haben. Die Konstellation: Mit einem Punkt in Bielefeld bleibt der Waldhof sicher drittklassig. Bei einer Niederlage in der Schüco Arena müsste Borussia Dortmund II in Saarbrücken gewinnen und fünf Treffer in der Tordifferenz aufholen sowie der VfB Stuttgart II gegen RW Essen punkten, um die Mannheimer noch auf einen Abstiegsplatz zu stoßen.
„Man weiß nie, wie es im Fußball läuft“
„Jeder rechnet ein bisschen. Es ist eher unwahrscheinlich, dass wir noch einmal unter den Strich rutschen, aber man weiß nie, wie es im Fußball läuft. Wir brauchen im letzten Spiel auf jeden Fall noch einmal volle Konzentration“, sagte Becker. Durch die Gelbsperre von Stürmer-Kollege Kennedy Okpala sind die Chancen der Arminia-Leihgabe gestiegen, in Bielefeld wieder mal von Beginn an ran zu dürfen. Trainer Glawogger wird sich neben Felix Lohkemper im Angriff zwischen dem Deutsch-Brasilianer und Terrence Boyd entscheiden müssen.
Nach dem direkten Duell endet das Leihgeschäft zwischen Bielefeld und Mannheim. Ob Becker, der bei der Arminia einen Vertrag bis 2026 besitzt, zum künftigen Zweitligisten zurückkehren wird, ist allerdings offen. Denkbar scheint, dass die Ostwestfalen im Angriff eher in einem anderen Regal nach Verstärkungen suchen werden, um in der neuen Umgebung sportlich bestehen zu können. „Wann eine Entscheidung zu meiner persönlichen Zukunft fällt, weiß ich noch nicht. Erst einmal habe ich Vertrag in Bielefeld“, sagte Becker nach dem Dresden-Spiel. Anthony Loviso, bis Mitte April Sportlicher Leiter der Mannheimer, hatte großes Interesse an einer Weiterverpflichtung des 1,97 Meter großen Stürmers signalisiert. Mittlerweile gibt es aber beim Waldhof bekanntlich nicht nur einen neuen Trainer, sondern in Gerhard Zuber (Hannover 96, Schalke 04) auch einen neuen Sportgeschäftsführer. Damit werden die Karten bei der Kaderplanung für die nächste Saison neu gemischt.
Bielefelds Trainer Kniat bittet Becker auf den Rathausbalkon
Aus Bielefeld gibt es für Becker nur warme Worte. „Er hätte definitiv einen Anspruch, auf den Rathausbalkon zu dürfen. Er hat auch für Berlin eine Einladung“, sagte Arminia-Trainer Mitch Kniat mit Blick aufs Pokalfinale. „Wo wir gerade sind, sind wir auch seinetwegen. Er hat ein paar wichtige Tore für uns gemacht. Das würde ich niemals vergessen. Er wird nach dem Spiel wieder Bielefelder sein.“
Grundsätzlich habe Becker einen Vertrag „und wird im Sommer zu uns zurückkehren“, so Kniat. „Es freut mich, dass er in Mannheim so gut eingeschlagen ist. Er hat direkt ein paar Tore gemacht. Zuletzt kam er zwar von der Bank, aber er hat seine Qualitäten unter Beweis gestellt. Der Wechsel war aus unserer und seiner Sicht super“, sagte der Bielefelder Coach.
Wenn der Klassenerhalt geschafft sein sollte, freut sich Becker erst einmal auf seinen Urlaub – und drückt der Arminia die Daumen, dass sie am 24. Mai im Berliner Olympiastadion eine jetzt schon denkwürdige Saison im Finale gegen Favorit VfB Stuttgart krönen kann. „Wenn du so weit gekommen bist und so ein souveränes Spiel gegen Leverkusen abgeliefert hast, hast du selbstverständlich auch die Chance, den Pokal zu gewinnen. Das wäre eine absolute Sensation“, sagte Becker.
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