Handball

Rhein-Neckar Löwen vor Saisonstart: Toptransfers und großer Druck

Die Löwen verstärkten sich nach all den Jahren durchaus prominent. Sie sind aber auch zum Erfolg verdammt. Noch eine weitere Katastrophen-Saison würde die Zweifel an der angestrebten Rückkehr in die Spitzengruppe vergrößern

Von 
Marc Stevermüer
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Jon Lindenchrone (links) folgt den taktischen Anweisungen von Trainer Sebastian Hinze (schwarzes Shirt). © Max Krause

Mannheim. Die neue Zeitrechnung ist in Kronau noch nicht ganz angekommen. Zumindest am Ortseingang. „Wir sind die Löwen“ steht dort in großen Buchstaben auf einem Plakat. Und im gelben Trikot zu sehen ist darauf auch der Spieler Uwe Gensheimer, der zwar weiterhin im nicht weit entfernten Trainingszentrum zu finden ist, aber als Sportchef der Rhein-Neckar Löwen in einer gänzlich anderen Rolle. Und nicht im gelben Trikot.

Eines aber bleibt unverändert. Gensheimer ist weiterhin der Hoffnungsträger. Er soll zusammen mit Trainer Sebastian Hinze dafür sorgen, dass der Handball-Bundesligist nach Platz zwölf in der Vorsaison endlich wieder bessere Zeiten erlebt. Der Sportchef möchte, dass die Löwen zum „Tempo-Handball“ zurückkommen. Und er ist sich sicher: „Den Kader dafür haben wir.“

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Fast jeder Spieler kann in der Abwehr und im Angriff eingesetzt werden, noch dazu fällt die Europacupbelastung in dieser Saison weg. Doch Gensheimer stellt klar, dass die Zuschauerrolle in den internationalen Wettbewerben nicht zum Dauerzustand werden soll: „Wir werden alles dafür tun, um mittelfristig wieder dorthin zu kommen.“

Es geht um ganz Grundsätzliches

Ob das gelingen kann, wird sich schon in den nächsten Monaten zeigen. Weshalb diese Spielzeit für die Mannheimer von größerer Bedeutung ist. Denn es geht weniger um die Frage, ob sich die Löwen in dieser Saison für einen internationalen Wettbewerb qualifizieren. Es geht vielmehr um Grundsätzliches. Nämlich darum, welche Richtung der Club einschlägt. Ob ihm endlich die Trendwende gelingt, um auch dem eigenen Anspruch gerecht zu werden. Und der lautet immer noch, sich wieder in die Bundesliga-Spitzengruppe zurückzuarbeiten, also immer in einem internationalen Wettbewerb vertreten zu sein.

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Wenn man so will, stehen die Löwen also am Scheideweg. Und man darf gespannt sein, in welche Richtung sie abbiegen. Nehmen sie die Abwärts-Route? Also die, die ins dauerhafte Mittelmaß führt. Oder schlagen sie den Aufwärts-Pfad ein? Also den, der Hoffnung macht und bei dem am Horizont nicht nur die Spitze zu sehen ist, sondern auch ein hochkarätiger Nachfolger für Juri Knorr. Der Mittelmann verlässt den Club 2025.

Die Zugänge sind Soforthilfen

Um irgendwann wieder oben anzukommen, haben sich die Löwen in diesem Sommer durchaus prominent verstärkt: Rückraum-Rechtshänder Sebastian Heymann (zuvor Frisch Auf Göppingen) gewann gerade erst mit der deutschen Nationalmannschaft Olympia-Silber, Linksaußen Tim Nothdurft (zuvor Bergischer HC) bestritt ebenfalls schon Länderspiele für die Auswahl des Deutschen Handballbundes und steht entsprechend für ein gewisses Niveau.

Und dann wäre da noch der Königstransfer: Rückraum-Linkshänder Ivan Martinovic (zuvor MT Melsungen) gehörte in der vergangenen Bundesliga-Saison zu den besten Spielern auf seiner Position. „Wir haben ganz viel Qualität dazubekommen. Diese Spieler werden uns in den nächsten Jahren weiterhelfen“, glaubt Kapitän Patrick Groetzki.

In der Tat sind diese drei Verpflichtungen so etwas wie ein Bizeps-Emoji auf dem Transfermarkt, weshalb Groetzkis Zuversicht begründet ist. Zumal jeder Profi aus diesem Trio Fähigkeiten in der Abwehr und im Angriff mitbringt. Entsprechend spricht Hinze auch von einer veränderten „Kaderstruktur“, die es ihm und seiner Mannschaft ermöglicht, „unserer Spielphilosophie wieder ein wenig näherzukommen“. Bedeutet: viel Tempo, wenig Abwehr-Angriff-Wechsel. In der vergangenen Saison war das auch aufgrund von Verletzungen selten möglich. Eigentlich sogar nie.

Klar ist: Jeder aus dem neuen Trio sollte eine Soforthilfe sein, denn alle kennen die Tücken der Bundesliga seit langer Zeit, was die Transfers in diesem Sommer von denen im vergangenen Jahr unterscheidet. Damals kamen Gustav Davidsson, Arnór Óskarsson und Steven Plucnar allesamt aus dem Ausland nach Mannheim und hatten ihre liebe Mühe und Not, sich auf die Erfordernisse in der stärksten Liga der Welt einzustellen.

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Doch diese Phase sollte nun abgeschlossen sein. Nicht zuletzt auch deshalb, weil genau diese Spieler zu Beginn der Vorbereitung und in Abwesenheit der sechs Olympia-Teilnehmer Knorr, Heymann, Martinovic, David Späth, Jannik Kohlbacher, und Mikael Appelgren besonders im Fokus standen und sehr viel spielten. Davidsson, Óskarsson, Plucnar und auch Jon Lindenchrone mussten sich zeigen. Oder anders ausgedrückt: Der Trainer sah im Hindernis eine Chance. Und war zufrieden. Weshalb er die Saison optimistisch angeht. Auch wenn die Generalprobe zuletzt mit der 23:26-Niederlage im Test gegen Frisch Auf Göppingen trotz Bestbesetzung gewaltig danebenging.

Allerdings ist es keine Seltenheit, dass Freundschaftsspiele die Aussagekraft von 14-Tage-Wetterprognosen haben. Möglicherweise schärfte der Auftritt noch einmal die Sinne. Hinze erwartet künftig auf jeden Fall mehr Konstanz und Stabilität von seiner Mannschaft. „Und wenn uns das gelingt, werden wir auch mit den Dingen, die wir spielen wollen, erfolgreich sein“, sagt der Trainer und dürfte dabei manch eine Leistung der Vorsaison im Kopf haben, bei der sein Team bei leichtestem Widerstand zusammenbrach wie ein angeknackster Sonnenstuhl.

Punkte sollen vor allem in der Mannheimer SAP Arena gesammelt werden. Die einst gefürchtete Festung verkam in den vergangenen Monaten zu einem Selbstbedienungsladen für Gäste. Ändert sich das, wird es für die Löwen gewiss nach oben gehen. Wie weit allerdings, darauf will sich der Trainer nicht festlegen.

„Wir müssen anerkennen, dass andere Vereine auch gute Arbeit machen. Es gibt mehrere Clubs, die um die Ränge sechs bis neun spielen. Zu diesen Vereinen zähle ich uns auch“, sagt Hinze, der den klaren Auftrag hat, dem Aufbruch in eine neue Epoche entsprechende Substanz zu verleihen.

2023 führte er den Verein noch zum Pokalsieg und auf Platz fünf, ehe in der vergangenen Saison der Absturz folgte. Außer Frage steht: Noch solch ein Katastrophen-Jahr können sich weder der Club noch Hinze leisten. Vor nicht allzu langer Zeit stand eine vorzeitige Vertragsverlängerung mit dem Trainer im Raum, doch davon ist aktuell keine Rede mehr.

Klare Forderung vom Aufsichtsrat

Aufsichtsratschef Lars Lamadé machte zuletzt im Interview mit dieser Redaktion deutlich, dass die Verantwortlichen eine „Entwicklung sehen“ wollen. Es müsse nach oben gehen. Die Zugänge seien allesamt Wunschspieler des Trainers, entsprechend verlange der Aufsichtsrat „in der Tabelle einen Schritt nach vorne“, sagte Lamadé, dessen Worte keinesfalls nach einer lautstarken Ansage klangen. Im Gegenteil: Er sprach sie sehr unaufgeregt aus.

Und doch sind sie nicht als Appell gemeint, sondern als Aufforderung: „Wir erwarten bessere Leistungen – und das ist die Aufgabe des Trainers. Platz zwölf können wir uns nicht noch einmal erlauben.“ Ansonsten steht vermutlich die nächste neue Zeitrechnung an.

Redaktion Handball-Reporter, Rhein-Neckar Löwen und Nationalmannschaft

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