Mannheim. Mit Korbinian Holzer ist den Adlern Mannheim ein Transfercoup gelungen. Im Interview spricht der Eishockey-Nationalspieler über seine Führungsrolle - und über Fußball.
Korbinian, Nationalspieler Matthias Plachta hat Sie als „Riesentyp“ bezeichnet, was meint Ihr neuer Clubkollege damit?
Korbinian Holzer: Ich bin ein relativ umgänglicher Typ, habe aber auch große Ansprüche an mich selbst. Ich bin ehrgeizig - im Sport und im Leben. Trotzdem bin ich auch gesellig und lustig, die bayrische Gemütlichkeit schlägt da schon ab und zu durch. Ich glaube, dass man es mit mir im Großen und Ganzen sehr gut aushalten kann, wenn man kein „sauberner Depp“ ist, wie man bei uns in Bayern sagt.
Korbinian Holzer
- Korbinian Holzer wurde am 16. Februar 1988 in München geboren. Über den Nachwuchs des EC Bad Tölz fand der Eishockey-Nationalspieler den Weg in den Profibereich.
- Nach drei DEL-Jahren in Düsseldorf wagte Holzer 2010 den Sprung über den großen Teich nach Nordamerika. In der NHL absolvierte der physisch starke Verteidiger 211 Spiele für die Toronto Maple Leafs, die Anaheim Ducks und die Nashville Predators.
- Bei den Adlern Mannheim unterzeichnete der Familienvater einen Zweijahresvertrag.
Plachta hat über Sie auch gesagt, dass Sie für die Mannheimer Kabine ein großer Gewinn sind. Warum ist das so?
Holzer: Es freut mich, wenn der „Plachti“ das sagt. Ich habe in der Nationalmannschaft eine Führungsrolle übernommen und das auch sehr gerne gemacht. In meiner bisherigen Karriere habe ich vieles erlebt, das ich nun weitergeben kann. Ich versuche schon, in der Kabine viel zu reden, motivierend, aber auch mal mahnend einzuwirken. Man muss da schon die richtige Balance finden, damit die Worte nicht zum einen Ohr rein- und zum anderen gleich wieder rausgehen. Es ist immer gut, wenn sich die Spieler untereinander coachen.
Von welchen Führungsspielern haben Sie am meisten gelernt?
Holzer: Ich hatte das Glück, dass wir in Anaheim eine gute Führungsspieler-Gruppe hatten. Wenn ich da nur an Ryan Getzlaf denke! Auch Kevin Bieksa und Ryan Miller waren Spieler, die immer mit gutem Beispiel vorangegangen sind. Scott Niedermayer arbeitete als „Players Development Coach“ in Anaheim, mit ihm hatte ich häufiger zu tun, seine Vita spricht für sich.
Wie blicken Sie einige Tage nach der WM in Riga auf das Turnier zurück?
Holzer: Das ist schwierig. Wenn du mit gar nichts nach Hause kommst, fühlt es sich so an, als wärst du nur Zwölfter oder Achter geworden. Wir sind zwar Vierter geworden, haben aber eine Medaille verpasst. Das ist schon bitter, weil im Halbfinale die Chance doch ziemlich groß war, gegen die Finnen zu gewinnen. Ich trauere im Moment noch der großen verpassten Gelegenheit hinterher und kann mich über unser gutes Abschneiden noch gar nicht so richtig freuen. Dass die Enttäuschung überwiegt, ist aber auch ein gutes Zeichen, weil wir mittlerweile den Anspruch haben, dass wir mit einem vierten Platz nicht zu 100 Prozent zufrieden sind.
Wie gut war die Chemie, die das DEB-Team entwickelt hat?
Holzer: Von der Mannschaft her war es überragend. Die Jungs haben von Anfang an zusammengefunden, es war eine gute Mischung zwischen Jung und Alt. Jeder hat die Rolle angenommen, die ihm zugeteilt war. Alle sind hervorragend mit der „Bubble“ umgegangen, keiner hat gemeckert, sondern hat sein Ding durchgezogen.
Wie fällt Ihr persönliches Fazit aus?
Holzer: Erfolg als Spieler hängt immer vom Erfolg der Mannschaft ab. Ich habe besser gespielt, weil ich vom Team gepusht wurde.
Was bedeutet es Ihnen, dass Sie ins Allstar-Team der WM gewählt wurden?
Holzer: Das ist ein schöner Nebeneffekt, ganz klar. Ich freue mich aber vor allem auch für Moritz Seider, der sich die Auszeichnung als bester Verteidiger der WM verdient hat.
Der Erfolg des DEB-Teams hat für Aufsehen gesorgt. Unter anderem hat auch immer wieder Oliver Pocher gratuliert - auch Ihnen persönlich. Kennen Sie den Comedian?
Holzer: Ich kenne Oli über Christopher Kas, einen guten Kumpel von mir. Der ehemalige Tennis-Davis-Cup-Spieler trainiert nun Spielerinnen auf der Tour. Oli Pocher ist großer Tennis-Fan, wir haben uns in Wimbledon kennengelernt, als er mit seiner Frau dort war. Seitdem verfolgt man sich gegenseitig.
Als gebürtiger Münchner sind Sie nicht beim EHC Red Bull gelandet. Warum haben Sie sich für das Angebot aus Mannheim entschieden?
Holzer: Das Mannheimer Gesamtpaket ist sehr, sehr gut, da hat alles gepasst. Jan-Axel Alavaara hat mich sehr früh kontaktiert, hat mir das Konzept der Adler aufgezeigt. Das war schon sehr interessant. Als meine Saison in Russland vorbei war, ist alles konkreter geworden, wir haben die Details abgearbeitet.
Ist Ihr Wechsel nach Mannheim auch eine Entscheidung für die Familie?
Holzer: Auf jeden Fall! Wenn ich ehrlich bin, ist es mit 33 Jahren relativ unwahrscheinlich, noch einmal ein NHL-Angebot zu bekommen, von dem man sagt, dass es Sinn macht. Die große Entfernung spielt da natürlich auch eine Rolle, zumal meine große Tochter im September in die Schule kommt. Bedingt durch Corona und wegen der schwierigen Reiserei war ich zuletzt viereinhalb Monate alleine in Russland. Für die Familie ist das alles andere als leicht. Daher ging der Blick zurück nach Deutschland. Ich bin nun greifbarer, brauche von Mannheim ungefähr vier Autostunden, bis ich daheim bin.
Wann steht der Umzug an?
Holzer: Ich will mir demnächst das Haus in Mannheim anschauen und das Auto abholen. Fest umziehen werde ich wahrscheinlich Mitte Juli.
Was hat Ihnen in Ihren NHL-Jahren besser gefallen: Die kanadische Eishockey-Tradition in Toronto oder das süße Leben bei den Anaheim Ducks in Kalifornien?
Holzer: Hat beides was! Es war unglaublich, in Kanada Eishockey zu spielen - und dann auch noch für ein Original-Six-Team wie die Toronto Maple Leafs. Das war ein Traum. Meine Tochter ist dort auch auf die Welt gekommen, insofern wird es immer eine Verbindung zu Toronto geben. Sportlich war es eine Herausforderung, weil du immer unter dem Mikroskop warst. Jeder Schritt, jede einzelne Leistung wurde zerlegt. Wenn es nicht so gut gelaufen ist, war es schwierig. Es gab Tage, da wurdest du von den Experten gefühlt 20 Mal zu einem anderen Club geschickt. Kalifornien war noch mal etwas ganz anderes. Da die mediale Aufmerksamkeit kleiner war, konnte man sich noch besser aufs Eishockey konzentrieren. Sportlich lief es auch erfolgreich, wir standen kurz vor dem Einzug in die Endspielserie.
Wie beurteilen Sie Ihre neue Mannschaft?
Holzer: Auf dem Papier sieht das Team sehr gut aus. Vor allem, da jetzt auch noch Borna Rendulic nach Mannheim zurückgekehrt ist. Offensiv wie defensiv sind wir sehr tief aufgestellt, mit Felix Brückmann und Dennis Endras haben wir das beste Torhüterduo der Liga. Für unseren Gegner wird es nicht so leicht, zum Tor zu kommen.
Die Fußball-EM hat gerade begonnen, läuft der Fernseher im Hause Holzer rund um die Uhr?
Holzer: Ich gucke mir das schon gerne an, muss aber erst mal schauen, ob ich die Vormachtstellung bekomme, weil meine Frau und meine Kinder auch ein Mitspracherecht haben. Wenn das Wetter gut ist, gehe ich allerdings viel lieber raus, als mir um 15 Uhr ein Fußballspiel anzu-gucken. Aber klar: Die deutschen Spiele müssen es schon an.
Ihr Fußballerherz ist aber blau und nicht rot, oder?
Holzer: Definitiv.
Das bedeutet, dass Sie nächste Saison im Mannheimer Carl-Benz-Stadion dabei sind, wenn der SV Waldhof die Münchner Löwen zum Traditionsduell empfängt?
Holzer: Als 1860 am letzten Spieltag den Aufstieg in die 2. Liga nicht geschafft hatte, war das gleich einer meiner ersten Gedanken. Ich hoffe, dass wieder Zuschauer zugelassen sein werden und ich ins Stadion kann. Wenn diese zwei Mannschaften gegeneinander spielen, ist gute Stimmung garantiert.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/sport/vereine_artikel,-adler-mannheim-nationalspieler-holzer-will-fuehrungsrolle-bei-adlern-mannheim-_arid,1809691.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html