Eishockey

Adler-Neuzugang Dawes: "Ich liebe es, große Schlachten zu schlagen"

Von 
Christian Rotter
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Nigel Dawes kommt ausder multinationalen KHL nachMannheim. „Ich will einaufregender Spieler sein“,sagt der kanadische Torjägerüber sich. © AS Sportfoto/ Binder

Nigel Dawes hat nicht nur zehn Jahre in der KHL gespielt, sondern dieser Liga seinen Stempel aufgedrückt: Der Kanadier, der auch die kasachische Staatsbürgerschaft besitzt, ist der zweiterfolgreichste Torschütze in der KHL-Geschichte. Im Interview äußert sich der 36 Jahre alte neue Stürmerstar der Adler aber auch über seine NHL-Zeit.

Nigel, welche Bedeutung hat der Eishockey-Sport in Ihrem Leben?

Nigel Dawes: Eishockey gehört für viele Kanadier zum Leben dazu, so auch zu meinem. Ehrlich gesagt, kann ich mir ein Leben ohne Eishockey gar nicht vorstellen! Ich werde für die Adler mein 17. Profijahr absolvieren, blicke also auf eine ganz schön lange Zeit zurück.

Wann standen Sie zum ersten Mal auf Schlittschuhen?

Dawes: Mit fünf Jahren. Das war mir vorherbestimmt, denn bei meinen Brüdern verhielt es sich genauso. Einer von den beiden hat später im College gespielt und auch kurz als Profi. Wir sind mit diesem Sport aufgewachsen, haben in unserer Nachbarschaft dem Puck nachgejagt. Ganz in der Nähe von unserem Haus gab es eine Eisfläche. Unser Alltag sah meist so aus: Lange draußen zocken, dann heim zum Dinner und ab ins Bett. Diese Zeit hat so viel Spaß gemacht!

Zur Person Nigel Dawes

Nigel Dawes wurde am 9. Februar 1985 in Winnipeg (Kanada) geboren.

Der 36 Jahre alte Außenstürmer absolvierte 223 NHL-Partien, verbrachte die letzten zehn Jahre aber in der multinationalen KHL.

In der nach der NHL zweitbesten Liga der Welt avancierte er zum Topstar und Publikumsliebling. Dawes ist der Spielermit den zweitmeisten Toren in der KHL-Geschichte.

Bei den Adlern unterschriebder Kanadier einen Zweijahresvertrag bis 2023.

Sie wurden in Winnipeg geboren, leben Sie im Sommer noch dort?

Dawes: Ja, ich wurde dort geboren und bin dort aufgewachsen. Auch meine Frau kommt aus Winnipeg. Wenn die Saison vorbei ist, zieht es uns immer zurück zu unserem Haus. Ich genieße es, Zeit mit der Familie zu verbringen. Gerade auch in den vergangenen Jahren, in denen wir während der Saison doch sehr weit von der Heimat entfernt waren.

Wie haben Sie die NHL-Play-offs verfolgt? Haben Sie als Kanadier im Finale den Montreal Canadiens die Daumen gedrückt?

Dawes: Trotz der Zeitverschiebung habe ich während meiner KHL-Jahre immer versucht, so viele NHL-Spiele wie möglich zu verfolgen. Zumindest die Highlights mussten es sein. In diesem Sommer habe ich natürlich geschaut, wie die Play-offs laufen – vor allem habe ich mich dafür interessiert, wie die Winnipeg Jets abschneiden.

Im Alter von nur 26 Jahren haben Sie die NHL Richtung KHL verlassen, warum?

Dawes: Ich habe in der NHL in relativ kurzer Zeit für verschiedene Clubs gespielt, wurde auch in der Saison 2010/11 noch einmal von einem Team zum nächsten geschickt. Die meiste Zeit verbrachte ich damals in der AHL, aus diesem Grund habe ich nach einer Veränderung gesucht. Als ich bei Barys Astana unterschrieben habe, wollte ich die KHL mal ausprobieren. Ich wusste damals überhaupt nicht, worauf ich mich einlasse und ging zunächst davon aus, dass ich das vielleicht für ein, zwei Jahre mache. Am Ende wurden es allerdings zehn Jahre, und ich hatte eine wirklich tolle Zeit.

Wie haben Sie die Entwicklung dieser immer noch jungen Liga erlebt?

Dawes: Das Wichtigste ist, dass du dich darauf einlässt. Wenn du in ein neues Land kommst, wartet ein Kulturschock auf dich. Der ist mal größer und mal kleiner, du musst dich anpassen. Die viele Zeit im Flugzeug, die Reisen durch verschiedene Zeitzonen können einen schlauchen, aber ich habe mich daran gewöhnt. Die KHL hat sich aber – und damit meine ich nicht nur die Spieler und die Teams, sondern auch die Infrastruktur – kontinuierlich weiterentwickelt.

Wo hat es Ihnen am besten gefallen?

Dawes: Ich hatte das Glück, in drei wirklich schönen Städten zu leben. Vor allem Kasachstan wird für immer einen ganz speziellen Platz in meinem Herzen haben. Ich habe dort mit insgesamt sieben Jahren ja den größten Teil meiner Eishockey- Karriere verbracht.

Sie sind der Spieler mit den zweitmeisten KHL-Toren. Was bedeutet Ihnen diese Statistik?

Dawes: Als Stürmer will ich immer alles dafür tun, dass mein Team gewinnt. Ich denke, diese Ausbeute spricht für eine gewisse Konstanz in meiner Produktion (lacht). Mein Job ist es, Offensive zu kreieren und Tore zu schießen. Mit dieser Einstellung gehe ich an meine Arbeit heran.

Auf internationaler Ebene haben Sie sowohl für Kanada als auch für Kasachstan gespielt. War das ab und zu eine außergewöhnliche Situation?

Dawes: Überhaupt nicht. Ich habe meine Situation nur realistisch eingeschätzt und war mir im Klaren darüber, dass ich keine Chance haben würde, internationale Großereignisse für mein Heimatland Kanada zu absolvieren. Wer mindestens vier Jahre in Kasachstan lebt oder spielt, kann die Staatsbürgerschaft beantragen. Es gab keinen Test, nur viel Bürokratie. Für mich war das die einmalige Gelegenheit, um an Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften teilzunehmen, wertvolle Erfahrungen zu sammeln.

Haben Sie Ihre Karriere in der kasachischen Nationalmannschaft inzwischen beendet?

Dawes: Ich war bei den letzten Weltmeisterschaften nicht dabei. Wenn du älter wirst, musst du mit deinen Kräften haushalten. Dann kam noch die Corona-Pandemie dazu, ich habe meine Familie fünf Monate lang nicht gesehen, daher bin ich kürzergetreten. Es ist aber schon schade, dass sich Kasachstan nicht für Olympia 2022 in Peking qualifiziert hat.

Sie haben 223 NHL-Spiele absolviert. Wie war es, für ein Original-Six-Team wie die New York Rangers aufzulaufen?

Dawes: Damals ist ein Traum für mich Wirklichkeit geworden. Du weiß ja nie, ob du es überhaupt in die beste Liga der Welt schaffst und wenn ja, wann es soweit sein wird. Der Coach hat mir aber einige Tage vorher gesagt, dass er mich einsetzen will. Insofern hatte ich die Gelegenheit, meine Eltern zu meinem NHL-Debüt einfliegen zu lassen. Dann das erste Mal im Madison Square Garden zu spielen, war der Hammer! Das war nicht nur ein spezieller Moment für mich, sondern für meine ganze Familie.

Ihr erstes NHL-Tor haben Sie in Toronto gegen die Maple Leafs geschossen?

Dawes: Ja, ich habe Andrew Raycroft bezwungen. Es hätte kaum besser laufen können, denn es war ein „Hockey Night in Canada“-Spiel, entsprechend mit viel Trubel durmherum. Außerdem war Verwandtschaft im Stadion, da die Familie meines Vaters in Toronto lebt. Das Leben in New York war schon ziemlich cool, ich war ja gerade erst Anfang 20 Jahre alt! Das ganze Sightseeing, all die Restaurants! Ich habe mir im Garden natürlich auch einige Spiele der Knicks angeschaut.

Sie haben in Ihrer Karriere sehr viele Tore geschossen. Ist das ein Talent, oder wie hart muss man dafür arbeiten?

Dawes: Oh, Mann, das weiß ich nicht so genau. Es gibt natürlich bestimmte Dinge, die du trainieren kannst, zum Beispiel deinen Schuss oder dein Stellungsspiel. Aber unterm Strich ist es wohl eine Mischung aus beidem.

Warum haben Sie sich entschieden, Ihr nächstes Tor für ein deutsches Team zu schießen?

Dawes: Nachdem ich so lange in der KHL gespielt hatte, wollte ich meine Karriere in Europa beenden. Ich war ziemlich offen für alles, hätte mir auch vorstellen können, in der Schweiz, Schweden oder Finnland zu landen, bei den Adlern hat für mich aber alles am besten gepasst. Für meine Familie und mich ist es der perfekte Ort, um meine Karriere fortzusetzen.

Mit wem haben Sie sich über Mannheim und die Adler ausgetauscht?

Dawes: Ich habe mich mit einigen Jungs unterhalten, die für die Adler gespielt haben, unter anderem mit Brendan Shinnimin. Ich habe aber gar nicht so viel Input gebraucht, weil ich schon ein ziemlich gutes Bild von der Adler-Organisation hatte.

Waren Sie zuvor schon in Deutschland?

Dawes: Ja, vor acht Jahren habe ich den Deutschland Cup in München gespielt, das war’s dann aber auch schon mit meinen bisherigen Berührungspunkten mit Deutschland.

Wie beurteilen Sie die Entwicklung des deutschen Eishockeys?

Dawes: Die Entwicklung geht schon seit einiger Zeit in die richtige Richtung. Seit den Olympischen Spielen 2018 hat sie aber an Fahrt aufgenommen. Ich bin mir sicher, dass Deutschland auch bei Olympia in Peking eine gute Rolle übernehmen kann.

Wie ist Ihr erster Eindruck von Mannheim und Ihrem neuen Team?

Dawes: Bislang kann ich nichts Negatives berichten, alle haben sich toll um mich gekümmert. Die Jungs haben mich wunderbar aufgenommen und mir schon einige gute Restaurants in Mannheim gezeigt. Wir waren schon einige Male gemeinsam Essen und haben uns kennengelernt.

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Ich gehe mal davon aus, dass der Lieblingsitaliener auch schon dabei war?

Dawes: Richtig, dorthin hat gleich unser erster Weg geführt! Ich habe schon mitbekommen, dass das Tradition ist und zum Team gehört.

Sind Sie allein in Mannheim?

Dawes: Nein, meine Frau und mein Sohn werden dieses neue Kapitel in meiner Karriere mit mir erleben. Mein Sohn wird hier zur Schule gehen und auch Eishockey spielen.

Was haben Sie im Sommer gemacht, um in Form zu bleiben?

Dawes: Ich saß viel auf dem Fahrrad, bin in mein Fitnessstudio gegangen. Schwimmen, Golfspielen, relaxen und Zeit mit Familie und Freunden zu verbringen, hat aber auch zum Sommerprogramm gehört. Es ist wichtig, sich von den Anstrengungen einer Saison zu erholen, um für die nächste perfekt vorbereitet zu sein.

Wie würden Sie Ihren Spielstil beschreiben?

Dawes: Ich will ein aufregender Spieler sein, bin immer dort zu finden, wo es ordentlich zur Sache geht. Ich meide keinen Zweikampf, agiere gerne physisch. Ich kreiere gerne Offensive und verfüge wohl über einen guten Schuss. Ich arbeite hart und mit inzwischen 36 Jahren muss ich etwas härter arbeiten als früher, um mit den jungen Spielern mitzuhalten. Aber ich stelle mich dieser Herausforderung. Ich liebe es einfach, große Schlachten zu schlagen und will einen Sieg nie geschenkt bekommen.

Redaktion Koordinator der Sportredaktion

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