Mannheim. Es menschelte vorweihnachtlich im Presseraum des Carl-Benz-Stadions. Als er mit seiner Analyse der 0:3 (0:2)-Niederlage beim SV Waldhof fertig war, richtete Aues Trainer Pavel Dotchev ein paar persönliche Worte an seinen Mannheimer Kollegen Rüdiger Rehm – die beiden schätzen sich nach mittlerweile zwölf Aufeinandertreffen in der 2. und 3. Liga. „Ich wünsche Rüdiger und Mannheim von Herzen alles Gute“, sagte Trainer-Urgestein Dotchev. „Ich bin traurig, dass wir verloren haben. Aber ich freue mich für Dich, dass Du gewonnen hast.“ Als die Pressekonferenz vorbei war, kam es noch zu einer herzlichen Umarmung zwischen den beiden.
Kurz danach gab Rehm einen kleinen Einblick in seine Gefühlswelt nach einem vielleicht überlebensnotwendigen Sieg für den SVW, mit dem die Kurpfälzer ihre Horrorserie von elf Pflichtspielen ohne Erfolg beendeten – und ein Lebenszeichen im Abstiegskampf sendeten. „Ich freue mich vor allem für die Jungs, dass sie sich endlich mal wieder belohnt haben. Für mich selbst gar nicht so“, sagte der 45-Jährige.
Die Protagonisten im Waldhof-Lager waren bemüht, den ersehnten ersten Dreier nach 77 trostlosen Tagen nüchtern einzuordnen. Auf die Frage, ob der Umschwung nun geschafft sei, antwortete Rehm: „Nein, es ist nur ein Spiel gewonnen. Wir haben den ersten Dreier nach langer Zeit in der Tasche, mehr ist es aber auch nicht.“ Ähnlich bewertete das Matchwinner Baxter Bahn, der mit zwei Toren (24., 60.) einen entscheidenden Anteil am erlösenden Sieg hatte. Malte Karbstein steuerte das zweite Tor bei (27.).
So gewinnt man Drittliga-Spiele
„Das ist jetzt mal ein positiver Stein, der ins Rollen gekommen ist. Und ich hoffe, er rollt am Mittwoch weiter“, sagte Bahn. Am Mittwoch (19 Uhr) steht das erste Rückrundenspiel und die letzte Partie des Jahres gegen den TSV 1860 München an. Mit einem weiteren Sieg könnte der SV Waldhof (17 Punkte/-12 Tore) noch vor Weihnachten am Halleschen FC (18/-11) vorbei auf den ersten Nichtabstiegsplatz springen.
Der Sieg gegen den FC Erzgebirge soll als Fundament dienen, von dem aus sich die Mannheimer schrittweise in der Tabelle weiter nach oben arbeiten können. Dabei zeigte die Partie gegen ziemlich biedere Sachsen wie in einem Brennglas, wie man in der 3. Liga Spiele gewinnt. „Wir waren sehr effektiv vor dem Tor, das war der Schlüssel. Wir haben aus den ersten drei Torschüssen zwei Tore gemacht“, sagte Waldhofs Mittelfeld-Antreiber Fridolin Wagner. Und mitten hinein in die Auer Drangperiode nach der Pause nahm Bahns 3:0 (60.) den Gästen die Hoffnung. „Da wusste ich eigentlich, dass wir das Spiel verloren haben“, erklärte Aues Coach Dotchev.
Rehm sprach im Nachgang davon, dass sein Team die Partie in den entscheidenden Momenten auf seine Seite gezogen habe. „Wir haben immer einen Fuß dazwischen bekommen und haben vorne die erste Situation zum Tor genutzt“, meinte der Heilbronner. Es war ein Sieg der Effektivität und Effizienz, die den Mannheimern in den vergangenen Wochen und Monaten weitgehend abhanden gekommen war.
Ein emotionaler Befreiungsschlag, den 7000 zuletzt leidgeprüfte Waldhof-Fans im Carl-Benz-Stadion gebührend feierten – und der auch die Position des nach dem Absturz auf einen Abstiegsplatz angeschlagenen Rehm wieder stärkt. Nach dem Abpfiff klatschte der Trainer noch auf dem Rasen mit Präsident Bernd Beetz und Aufsichtsratschef Christian Beetz ab. „Ich habe das Vertrauen, das der Verein und auch die Fans mir schenken, schon sehr oft intern erwähnt. Heute haben wir gezeigt, dass es machbar ist, es gemeinsam zu schaffen“, erklärte der Waldhof-Coach.
Die Hoffnung auf den Klassenerhalt ist zwar zurück, das sollte aber nicht den Blick darauf verstellen, dass der SV Waldhof die schlechteste Halbserie seit der Rückkehr in den Profifußball hinter sich hat. Nach dem Ende der Hinrunde stehen die Kurpfälzer auf Abstiegsplatz 17, in 19 Spielen gelangen nur vier Siege. Rehm verzeichnet bisher einen schwachen Punkteschnitt von 0,89 pro Liga-Partie, in der Rückrunde muss eine gewaltige Steigerung in fast allen Bereichen her, wenn sich der SVW retten will.
Ein paar Tage lang dürfen sich die Waldhöfer aber über das Ende der Leidenszeit freuen – und ihre Frauen über wieder besser gelaunte Partner. „Meine Verlobte hatte ehrlicherweise in den vergangenen Wochen nicht so viel Spaß mit mir. Es gab Tage, da war mit mir nichts anzufangen“, berichtete Wagner. Bahn sprach von einer „fiesen Zeit“, eine Krise dieses Ausmaßes habe er in seiner Karriere noch nicht erlebt. „Man kann das Leben einfach nicht so genießen“, sagte der gebürtige Hamburger.
Wenn jetzt noch 1860 München geschlagen werde, sei die Situation immer noch nicht „rosig“, aber zumindest wieder halbwegs „anständig“, so Bahn, der für Mittwoch deutlich gleich den nächsten Sieg einforderte. „1860 ist ganz, ganz wichtig. Wir müssen am Mittwoch nachlegen. Wir müssen so weitermachen, sonst bringt es nicht allzu viel“, sagte das Laufwunder im Mittelfeld.
Wenn der SV Waldhof das Fußball-Jahr 2023 tatsächlich überraschend mit sechs Punkten aus zwei Partien beenden sollte, stünde einem entspannten Weihnachtsfest nichts mehr im Weg.
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