Mannheim. Um genau 11.57 Uhr fuhr am Mittwoch ein Auto mit einem Kennzeichen des Kreises Bergstraße am Mannheimer Alsenweg vor. Es stiegen zwei Männer aus, die die Gegebenheiten im Trainingszentrum des SV Waldhof sehr gut kennen. Bernhard Trares und Benjamin Sachs bewerkstelligten als Trainer-Duo im Jahr 2019 den viel gefeierten Aufstieg in die 3. Liga, die Rückkehr in den Profifußball nach 16 Jahren voller Entbehrungen.
Zu diesem Zeitpunkt wussten die Profis des SVW noch nicht, wer ihr neuer Trainer sein wird, nachdem am Dienstag Marco Antwerpen freigestellt worden war. Das Training am Vormittag war abgesagt worden, und als die Spieler nachmittags zur nächsten Einheit eintrudelten, begrüßte sie Trares. Der Neue ist ein alter Bekannter.
Bei herrlichem Spätsommerwetter betraten die Profis um kurz vor 14 Uhr den Platz und es verfestigte sich der Eindruck, dass die Gesichter ein wenig gelöster als in den vergangenen Wochen waren. Rund um die Zäune standen vielleicht 50 Fans, die live dabei sein wollten bei der Rückkehr des Trainers, der beim SVW auch vier Jahre nach seinem Abschied eine geliebte Kult-Figur geblieben ist.
Waldhof-Sportchef Loviso spricht über Trares von einer "Vaterfigur"
Als Fußballlehrer, der das Aufstiegsteam 2019 zu einer furiosen Einheit zusammenschweißte. Und als bodenständiger Typ, der perfekt zu diesem Arbeiterverein mit Ecken und Kanten passte. Folgerichtig wurde der Südhesse 2020 zum „Barackler des Jahres“ gewählt.
Sein Spruch „Wenn du dich für einen Verein entscheidest, dann musst du brennen“, wird in Mannheim immer wieder zitiert, wenn es um die Identifikation mit dem Verein geht. Nach der ersten Drittliga-Saison 2019/2020 verließ der Ex-Profi (Werder Bremen/1860 München/SV Waldhof) den Ort seines größten Erfolgs als Trainer.
Jetzt wagt Trares einen zweiten Anlauf. „Es ist wie nach Hause zu kommen. Das ist das Gefühl, das ich gleich hatte, als ich den Platz und die Kabinen gesehen habe“, sagte er nach seinem ersten Training. Man kenne die Menschen, man spreche den gleichen Dialekt, sein Wohnort Heppenheim ist um die Ecke.
Aber hat er keine Angst, sein Image als blau-schwarzer Volksheld bei möglichem Misserfolg zu verspielen? „Ich habe darüber nachgedacht, aber dann habe ich mit meiner Familie gesprochen und die haben gesagt: ,Das ist doch totaler Quatsch.’ Ganz ehrlich: Was hat man im Leben schon zu verlieren? Da haben andere Menschen ganz andere Sorgen, als wenn ich hier aus der Nummer vielleicht nicht so gut rauskäme“, sagte der 59-Jährige nach seinem ersten Training.
Waldhof Trainer Trares: "Ich liebe den Verein"
Er habe sich „ein bisschen über das Leben Gedanken gemacht“ und sei dann zu dem Schluss gekommen: „Spinnst du eigentlich? Ich liebe den Verein. Es ist Fußball, ich gebe Gas. Mehr kann ich nicht tun. Ich werde meine ganze Energie in die Aufgabe stecken.“ Aussagen, die ganz nach dem geerdeten Charakter Bernhard Trares klingen. Verändert zu haben, scheint er sich nur mit der modischen Brille, die er neuerdings trägt.
Spinnst du eigentlich? Ich liebe den Verein. Es ist Fußball, ich gebe Gas. Mehr kann ich nicht tun. Ich werde meine ganze Energie in die Aufgabe stecken.
Während Trares zum ersten Mal nach seiner Rückkehr mit den Journalisten redete, stand ein paar Meter weiter Sportchef Anthony Loviso. Der junge Manager, der nach dem 1:1 in Rostock die Entscheidung gefällt hatte, dass es mit Antwerpen nicht mehr weitergeht. Zu viel Porzellan war da intern zerbrochen worden, es gab keine gemeinsame Arbeitsgrundlage mehr.
Die Nachfolge-Lösung Trares lag da nahe. „Ich kenne Bernhard. Wir haben in seiner ersten Amtszeit sehr eng zusammengearbeitet. Entsprechend weiß ich, wie er eine Mannschaft führen kann und was für einen Fußball er spielen möchte. Damals war er eine Art Vaterfigur für die Jungs. Er nimmt die Spieler in Schutz, ist aber auch klar und deutlich zu ihnen“, erklärte Loviso, der zu Zeiten des Drittliga-Aufstiegs als Scout und Analyst dem Trainer Trares zuarbeitete.
Der gebürtige Bensheimer kann gut mit Menschen, er hat viel Erfahrung als Trainer - und in Benjamin Sachs wie damals wieder den Mann an seiner Seite, der den „Laptop-Bereich“ abdeckt. Und, in der aktuellen Lage mindestens genauso wichtig: Die Verpflichtung des alten Volkshelden dreht die schlechte Stimmung im Umfeld vor dem Spiel gegen den VfL Osnabrück (Samstag, 14 Uhr) komplett.
„Es ist grundsätzlich so, wenn du unten drinstehst, ist es wichtig, dass du neue, gute Energie reinbekommst. Wir kommen aus einer Phase, in der wir viel Negativität hatten“, sagte Loviso dazu. Was die weichen Faktoren angeht, hat der Sportliche Leiter die perfekte Lösung gefunden.
Trares über die Situation beim SV Waldhof Mannheim: „Aktuell sind wir Letzter. Das ist ein Fakt“
„Auch wenn es viele Trainer sagen und es sich eigentlich blöd anhört: Der SV Waldhof ist eine Herzensangelegenheit. Für mich war keine Frage, zurück zum Waldhof zu kommen“, meinte Trares. Es sei von Vorteil, dass sich die Saison noch in einem frühen Stadium befinde, um etwas zum Besseren zu verändern. Einfach werde die Aufgabe jedoch nicht. „Ich habe keinen Zauberstab, die Leute brauchen ein bisschen Geduld. Aber wir werden sehr konzentriert und hart arbeiten, dass wir in das Spiel eine Frische reinbekommen“, sagte der Bergsträßer.
Das Potenzial in der Mannschaft sei vorhanden, sie sei besser als der Tabellenplatz. Aber: „Aktuell sind wir Letzter, das ist ein Fakt. Da darf man auch nicht zu blauäugig rangehen“, sagte Trares. Er habe im ersten Training „einen großen Willen, aber auch Dinge, an denen wir ansetzen müssen“ gesehen. Den 59-Jährigen erwartet gleich ein straffes Programm - drei Spiele in acht Tagen. Nach Osnabrück geht es mittwochs nach Aachen, dann empfangen die Kurpfälzer am Samstag RW Essen. „Unser Ziel ist es, sehr gut aus der englischen Woche zu kommen. Natürlich haben wir durch den Trainerwechsel die Hoffnung, dass wir deutlich mehr punkten“, forderte Loviso.
Diese Hoffnung haben auch die Waldhof-Fans nach einer Saison, die bisher wieder fast nur Rückschläge mit sich gebracht hat. Die Hoffnung auf bessere Zeiten hört seit Mittwoch auf den Namen Bernhard Trares. Das Wiedersehen am Samstag im Carl-Benz-Stadion dürfte emotional ausfallen.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Der Kult-Trainer kehrt zum SV Waldhof zurück: Ist Bernhard Trares die richtige Wahl?