Fußball

Deshalb musste Trainer Antwerpen beim SV Waldhof gehen

Der Zeitpunkt ist überraschend: Der SV Waldhof reagierte am Dienstag auf die sportliche Krise und beurlaubte Trainer Marco Antwerpen. Wie kam es zu der Entscheidung? Und was sagt Antwerpens Berater? Die Hintergründe

Von 
Alexander Müller
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Kapitel Mannheim ist Geschichte: Trainer Marco Antwerpen. © Oliver Zimmermann/Pix

Mannheim. Als Anthony Loviso am 16. Mai die Vertragsverlängerung mit Trainer Marco Antwerpen verkündete, war die Welt noch in Ordnung. „Marco und Frank (Co-Trainer Döpper, Anm. d. Red.) haben in der täglichen Arbeit gezeigt, dass sie genau wissen, wie man eine Mannschaft zu führen hat. Auch in kritischen Situationen haben beide die Ruhe bewahrt und die richtigen Maßnahmen getroffen“, sagte der Sportliche Leiter des SV Waldhof damals über den Mann, der die Mannheimer in einem Kraftakt vor dem Abstieg in die Regionalliga Südwest bewahrt hatte.

Vier Monate später klingen diese Aussagen wie Zitate aus einem Paralleluniversum. In rekordartiger Geschwindigkeit wurde aus dem von den SVW-Fans gefeierten Retter in höchster Not ein Trainer, der heftig in der Kritik stand. Am Dienstag fällte der SV Waldhof dann die Entscheidung, Antwerpen freizustellen. Vom Zeitpunkt her überraschend, weil man nach dem 1:1 bei Hansa Rostock am Samstag davon ausgehen konnte, dass der angeschlagene Coach zumindest noch die bevorstehende englische Woche mit drei Partien in acht Tagen bekommt, um die Trendwende herbeizuführen. „Es gab nie eine Trainerdiskussion. Ich war da immer klar und habe gesagt: Wir machen so weiter“, hatte Loviso im Ostseestadion dieser Redaktion gesagt. Offenbar Aussagen, um die Öffentlichkeit zu beruhigen.

Hinter den Kulissen hatte der Sportchef Trainer Antwerpen schon nach dem peinlichen Fiasko im Verbandspokal beim VfR Gommersdorf angezählt, als die Profis am 6. September gegen eine bessere Hobby-Truppe aus der Landesliga mit 0:1 verloren. Damals verhinderte Aufsichtsratschef Christian Beetz mit seinem Veto noch eine vorzeitige Beurlaubung Antwerpens.

Zerwürfnis mit großen Teilen der Mannschaft

Zuvor hatte es auch aus der Mannschaft erheblichen Widerstand gegeben, mit dem Coach weiterzumachen. „Drei Viertel der Spieler waren am Ende gegen Antwerpen“, schätzt ein Insider. Antwerpen hatte mit seiner schroffen, teils kompromisslosen Art „die Kabine verloren“, wie man das so nennt. Passend dazu: Fridolin Wagner, der langjährige Antreiber im Waldhof-Mittelfeld, der den Verein im Sommer in Richtung des niederländischen Zweitligisten FC Emmen verlassen hatte, setzte ein „Like“ unter den Beitrag des SVW in den sozialen Medien, dass Antwerpen freigestellt worden ist.

Loviso hatte bereits nach dem 0:1 im Derby gegen den 1. FC Saarbrücken am 31. August das Gespräch mit dem Mannschaftsrat um Kapitän Marcel Seegert, Martin Kobylanski und Terrence Boyd gesucht. Als der Trainer davon erfuhr, soll es emotional hoch her gegangen sein. Das Tischtuch zwischen Antwerpen und Loviso galt danach als zerschnitten. Ablesbar an der Aussage des Trainers auf der Pressekonferenz am vergangenen Donnerstag, für ihn sei die Rückendeckung von Präsident Bernd Beetz und Aufsichtsratschef Christian Beetz maßgeblich – und nicht die von Loviso.

Nach der akzeptablen Leistung beim 1:1 in Rostock schien der Trainer seine Position dennoch wieder halbwegs gestärkt zu haben – auch wenn der SVW nach fünf Spieltagen weiterhin sieglos am Tabellenende stand und keine fußballerische Entwicklung erkennbar war.

Antwerpen leitete am Dienstagvormittag noch das Training, bevor er die Nachricht von seiner Beurlaubung überbracht bekam. Der Trainer, der am 31. Januar seinen Dienst in Mannheim angetreten hatte und seitdem in einem Hotel im Wohlgelegen lebte, packte daraufhin seine Sachen und verließ noch am Dienstag fast fluchtartig die Stadt.

„Der SV Waldhof Mannheim 07 hat Marco Antwerpen von seinen Aufgaben als Trainer entbunden. Über eine Nachfolgelösung informieren wir zeitnah“, teilte der Verein gegen 14.30 Uhr mit. Zwei karge Sätze über die Kanäle in den sozialen Medien, noch nicht einmal eine offizielle Pressemitteilung wurde verschickt. Laut eines Vereinssprechers werde es vorerst keine darüber hinausgehenden Informationen zum Antwerpen-Rauswurf geben. Auch Sportchef Loviso teilte auf Anfrage mit, dass er sich erst einmal nicht äußern möchte.

Dafür sprach der Berater von Marco Antwerpen. „Für uns ist das sehr überraschend gekommen. Ich habe damit nicht gerechnet, Marco selbst auch nicht. Aber der Verein hat diese Entscheidung nun mit allen Konsequenzen getroffen“, sagte Toni Kierakowitz dieser Redaktion. Antwerpen und Co-Trainer Döpper „werden das Kapitel Mannheim nun für sich verarbeiten. Was lief gut? Was lief vielleicht nicht so gut“? Seine persönliche Meinung sei, so der Antwerpen-Berater, dass das Geschäft „zu schnelllebig geworden“ sei. „Da ist so wenig Vertrauen in den Trainer. Da sage ich: Schaut nach Ulm, Elversberg oder Heidenheim. Da geht man durch dick und dünn“, meinte Kierakowitz.

Herdling oder ein Ex-Trainer als Nachfolger?

Die Trennung von Antwerpen kommt den SV Waldhof teuer zu stehen. Der Fußballlehrer hatte nach Informationen dieser Redaktion im Mai einen Zwei-Jahres-Vertrag unterschrieben, der eine Option auf ein drittes Vertragsjahr beinhaltet. Bei einem kolportierten Grundgehalt von 20 000 Euro für Antwerpen plus dem Gehalt für Assistent Döpper könnte die Beurlaubung die Mannheimer etwa eine halbe Million Euro kosten. Und das, nachdem der SVW schon Antwerpens Vorgänger Christian Neidhart 2022 sowie Rüdiger Rehm 2023 jeweils mit sechsstelligen Summen abfinden musste. „Der Verein verbrennt unfassbar viel Geld mit der Freistellung. Dafür hätte man in eine sehr schöne Infrastruktur investieren können“, erklärte Antwerpens Berater Kierakowitz.

Wer folgt auf den gefallenen Retter? Konkrete Gespräche, im Fall der Fälle als Trainer-Team einzuspringen, hatte Sportchef Loviso nach Informationen dieser Redaktion schon in der vergangenen Woche mit Nachwuchs-Chef Kai Herdling und dem gebürtigen Heidelberger Aytac Sulu, einst Bundesliga-Profi bei Darmstadt 98, geführt. Auch Waldhof-Aufstiegstrainer Bernhard Trares und Patrick Glöckner werden im Umfeld genannt. Das eigentlich geplante Training am Mittwochvormittag wird wahrscheinlich abgesagt, am Nachmittag ist aber weiterhin eine Übungseinheit vor dem Duell mit dem VfL Osnabrück (Samstag, 14 Uhr) angesetzt. Bis dahin muss zumindest eine interimistische Lösung gefunden sein.

Redaktion Fußball-Reporter: Nationalmannschaft, SV Waldhof, Eintracht Frankfurt, DFB

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