Mannheim. Wie wichtig es war, dass sich seine Mannschaft nach schwachem Start noch am Riemen gerissen hatte, erfuhr Patrick Glöckner beim Blick auf das Smartphone kurz nach dem Abpfiff. Kaiserslautern gewonnen, Braunschweig gewonnen, Osnabrück gewonnen. Der SV Waldhof hätte die direkten Konkurrenten um den Zweitliga-Aufstieg ziehen lassen müssen, wenn in Halle weniger als der letztlich verdiente 2:1 (1:1)-Erfolg herausgesprungen wäre.
„Mit der ersten Halbzeit können wir nicht zufrieden sein. Da war der Gegner griffiger und hatte mehr Mentalität in den Zweikämpfen, um die Bälle zu holen. In der zweiten Halbzeit war es dann so, wie wir es uns eigentlich vorgestellt hatten“, sagte Glöckner.
Der Waldhof-Trainer hatte in der Pause zu einem Mittel gegriffen, das sonst eher nicht seinem freundlichen Naturell entspricht. Der guten alten Kabinenpredigt. „Der Trainer hat die richtigen Worte gefunden. Es wurde in der Pause klar angesprochen, was wir falsch gemacht haben. Die erste Halbzeit war auch nicht das Gelbe vom Ei“, berichtete Pascal Sohm, der mit seinem 1:1 in der 42. Minute den Weg zum sechsten Mannheimer Auswärtssieg in dieser Saison geebnet hatte. Alle seine drei Tore für den SVW hat der Winterneuzugang mit dem Kopf und auf des Gegners Platz erzielt.
Glöckner hielt es trotz Sohms Treffer und einer starken Phase vor dem Halbzeitpfiff für angebracht, die Dezibelzahl in der Pause zu erhöhen – zu blutleer und fehlerbehaftet war sein Team lange Zeit aufgetreten und völlig zurecht durch Jan Shcherbakovski Volleyschuss in Rückstand geraten (17.). „Es war die lauteste Ansprache in dieser Saison, manchmal muss man die Spieler auch mal aufwecken“, sagte er.
Am Sonntag gegen Braunschweig
Der kausale Zusammenhang ist zwar nicht belegt, aber Glöckners Weckruf entfaltete eine heilsame Wirkung. Die Waldhöfer drehten im zweiten Abschnitt gegen die formstarken Hallenser (zuletzt drei Siege in Folge) auf. Vor allem der für den verletzten Adrien Lebeau (Zerrung) in die Startelf gerutschte Joseph Boyamba wies seinen Wert für das Team nach – nicht nur durch den nach feinem Zuspiel von Dominik Martinovic markierten Siegtreffer (72.).
„Auch Jo hat in der ersten Halbzeit ein bisschen unglücklich gespielt, nach der Pause hat man seine Klasse und seine Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor gesehen. Das macht ihn aus. Jo ist in der Lage, die Dinger eiskalt reinzumachen, aber auch gute Pässe zu spielen“, sagte Coach Glöckner.
Halle – SV Waldhof
- Hallescher FC: Schreiber – Vollert, Reddemann, Landgraf (78. Sternberg) – Löhmannsröben, Guttau (78. Derstroff), Titsch Rivero, Wosz (46. Kastenhofer), Shcherbakovski (66. Löder) – Eberwein, Huth (46. Zulechner).
- Waldhof: Königsmann – Costly, Gohlke, M. Seegert, Donkor – Boyamba, Höger, Saghiri (68. Russo), Martinovic (85. Butler) – Schnatterer (83. Ekincier), Sohm.
- Tore: 1:0 Shcherbakovski (17.) 1:1 Sohm (42.) 1:2 Boyamba (72.). – Beste Spieler: Shcherbakovski, Schreiber/Donkor, Boyamba. – Gelbe Karten: Huth, Meyer (Trainer), Titsch-Rivero, Sternberg/Russo (5., nächstes Spiel gesperrt), Butler. – Schiedsrichter: Wolfgang Haslberger (St. Wolfgang). – Zuschauer: 4448.
- Nächstes Spiel: SV Waldhof – Eintracht Braunschweig, Sonntag, 6. März, 14 Uhr.
Marc Schnatterer traf noch den Pfosten, Boyamba vergab einen weiteren Hochkaräter – der Waldhof präsentierte sich im zweiten Durchgang erstmals in der Rückrunde wie ein echtes Spitzenteam. „Nach der Pause haben wir unsere Qualität auf den Platz gebracht“, meinte Mittelstürmer Sohm. Deshalb gelang in der ersten von elf zu „Endspielen“ ausgerufenen Partien im engen Aufstiegsrennen der 3. Liga auch ein Sieg, der in die Kategorie überlebensnotwendig fiel – weil die direkten Konkurrenten auch gewannen.
Der SVW liegt mit 46 Punkten weiter auf Platz vier, kann theoretisch aber am Montagabend noch vom 1. FC Saarbrücken (43 Punkte, bei Türkgücü München) überholt werden. Entscheidend war jedoch, dass der Rückstand auf den Zweiten FCK (50) und den Dritten Braunschweig (48) nicht weiter anwuchs. Wenn die Lauterer am Dienstagabend ihr schweres Nachholspiel beim TSV 1860 München absolviert haben, wird man abschätzen können, wie realistisch es ist, im Endspurt auch den direkten Aufstiegsplatz zwei noch einmal angreifen zu können. Zumindest den Relegationsrang drei hat der Waldhof aber weiter in der eigenen Hand.
In diesem Zusammenhang erwartet das Carl-Benz-Stadion am Sonntag (14 Uhr) nach dem Derby gegen den FCK das nächste Topspiel. Mit Eintracht Braunschweig kommt ein großer Traditionsverein nach Mannheim, mit einem weiteren Sieg könnte der Waldhof die Niedersachsen von Platz drei verdrängen. Trainer Glöckner fordert, dass die starke zweite Halbzeit von Halle künftig die Messlatte sein muss. „Wir müssen schon schauen, dass wir über 90 Minuten konstant gut spielen“, sagte er. „Es gibt keinen Grund zu feiern. Wir freuen uns über den Sieg, man muss ihn aber richtig einordnen. Wichtig sind die Dinge, die wir mitnehmen können. Und dann geht der Fokus auf Braunschweig.“
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