Handball - Stark ersatzgeschwächte deutsche Mannschaft gewinnt bei der EM gegen Polen überraschend deutlich mit 30:23

Sieg der deutschen Handballer gegen Polen: Ein Abend der großen Gefühle

Von 
Marc Stevermüer
Lesedauer: 
Christoph Steinert (v.l.), Johannes Bitter und Julian Köster freuen sich über den klaren Sieg im letzten Gruppenspiel. © dpa

Bratislava. Philipp Weber kämpfte in den Katakomben der Arena Ondreja Nepelu mit seinen Emotionen. „Die Nachrichten in den vergangenen zwei Tagen haben ganz schön reingeknallt. Mir fehlen gerade ein wenig die Worte“, sagte der Spielmacher der deutschen Handball-Nationalmannschaft, die am Dienstag bei der Europameisterschaft den neun Corona-Erkrankungen trotzte und gegen Polen mit 30:23 (15:12) gewann: „Was wir in diesen 60 Minuten abgerissen haben, ist einer der schönsten Momente, wie wir zusammen erlebt haben.“ Durch den Erfolg vor 1076 Zuschauern in Bratislava nimmt die Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) zwei Punkte in die Hauptrunde mit, in der es am Donnerstag gegen Spanien geht.

„Es war begeisternd“

Nachdem sich auch noch Linksaußen Marcel Schiller und Torwart Till Klimpke mit dem Coronavirus infiziert hatten, stand mit dem nachnominierten Johannes Bitter nur ein Schlussmann im deutschen Aufgebot. Der Hamburger Keeper war ebenso wie Rune Dahmke, Fabian Wiede, Paul Drux und Sebastian Firnhaber wenige Stunden vor dem Anwurf im Hotel des DHB-Teams eingetroffen. Am Mittwoch werden dort ebenso der Göppinger Torwart Daniel Rebmann und der Stuttgarter Linksaußen Patrick Zieker als Ersatz für Schiller und Klimpke erwartet.

Trotz der Ausfälle kamen die Deutschen deutlich besser in die Begegnung als zuvor gegen Belarus und Österreich. Vor allem in der Abwehr stand die Mannschaft von Bundestrainer Alfred Gislason sehr stabil, im Prinzip bereitete nur der wurfgewaltige Szymon Sicko ein paar größere Sorgen. „Es war begeisternd, wie die Jungs gearbeitet haben“, sagte DHB-Sportvorstand Axel Kromer. Und Kapitän Johannes Golla meinte: „Die Polen hatten heute keinen Spaß gegen uns.“ Nur 15 Abschlüsse ließen die Deutschen in der ersten Halbzeit zu. Ein Top-Wert.

Mehr zum Thema

Kommentar Corona-Sportveranstaltungen sind die neue Normalität

Veröffentlicht
Kommentar von
Marc Stevermüer
Mehr erfahren
Handball

Im Corona-Würgegriff

Veröffentlicht
Von
Marc Stevermüer
Mehr erfahren
Handball

Corona schockt deutsche Handball-Mannschaft

Veröffentlicht
Von
Marc Stevermüer
Mehr erfahren

Da aber auch die Polen sehr aggressiv verteidigten, entwickelte sich von der ersten Minute an zwischen beiden Mannschaften ein intensiver Abnutzungskampf, in dem um jeden Ball und jeden Zentimeter geschubst und gerungen, gekämpft und geschoben wurde. Nicht ganz zufällig bekamen die Deutschen schon in der ersten Halbzeit vier Siebenmeter zugesprochen, die Geburtstagskind Christoph Steinert allesamt verwandelte. „Es war ganz gut heute“, flachste der Linkshänder nach dem Sieg mit Blick auf seine Leistung. Er erzielte neun Treffer und meinte angesichts der Corona-Rückschläge: „Wir haben die negativen Erlebnisse in Kampf und Energie umgemünzt.“

Nachdem Bitter seine ersten – und vor der Pause auch einzigen – zwei Paraden gezeigt hatte, legte der Europameister von 2016 ein 8:5 (19.) vor. Mit einem Doppelschlag verkürzten die Polen zwar, aber dann trumpfte der eingewechselte Julian Köster bei den Deutschen auf. Der 21-Jährige vom Zweitligisten VfL Gummersbach zog immer wieder furchtlos in Richtung Tor, am Ende stand er bei sechs Treffern und keinem Fehlwurf. „Ich bin natürlich glücklich“, sagte der bescheidene Youngster, der nach der Begegnung als bester Spieler der Partie ausgezeichnet wurde. Auch weil er sich in der Abwehr ausgesprochen clever anstellte und einen großen Anteil am 15:12-Pausenstand hatte.

Nach dem Seitenwechsel hielt Bitter weiterhin nicht gut, aber in der Abwehr wuchsen die Deutschen geradezu über sich hinaus. Sie wurden zu Helden der Arbeit. Beweglich wie ein Bienenschwarm, aggressiv wie ein Boxer – so agierten die Deutschen in der Deckung. Und im Angriff? Da gab es ja Köster. Der Gummersbacher erzielte das 20:15 (42.) und legte das 21:15 durch Johannes Golla (44.) vor.

„Was er mit seiner jugendlichen Unbekümmertheit gespielt hat, war beeindruckend“, lobte Kromer den Senkrechtstarter, der auch in der Schlussphase noch wichtige Akzente setzte. Nach zwischenzeitlicher Sieben-Tore-Führung (23:16/48.) kam Polen noch einmal auf vier Treffer heran (24:20/53.). Doch wieder war es Köster, der den Gegner zum 25:20 (55. ) ins Mark traf.

Redaktion Handball-Reporter, Rhein-Neckar Löwen und Nationalmannschaft

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen