Kuba - 20 Jahre nach den Anschlägen scheitert die Auflösung des Lagers am Widerstand der Republikaner / Einigen Terrorverdächtigen wird wohl nie der Prozess gemacht

In Guantanamo sitzen noch immer 39 Gefangene

Von 
Dirk Hautkapp
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Gefangene im Jahr 2002 im Lager Guantanamo auf Kuba. © dpa

Washington. Am Morgen des 11. September werden an Ground Zero in Manhattan die Angehörigen der rund 3000 Opfer von 9/11 zum stillen Gedenken zusammenkommen. Zur gleichen Zeit lässt Richter Matthew McCall vier Flugstunden südlich auf der US-Marinebasis Guantanamo Bay in Kuba die mutmaßlichen Drahtzieher der Attentate von New York, Washington und Pennsylvania in einem Hochsicherheitsgericht vorführen. Zum x-ten Mal wird das Quintett um Khalid Sheikh Mohammed vor das Militärtribunal gerufen. Khalid Sheikh Mohammed (oder „KSM“) rühmt sich, Al-Kaida-Chef Osama bin Laden die Anschläge schmackhaft gemacht zu haben.

Die diesmal bis zum 17. September angesetzten Anhörungen sind – wegen Corona – die ersten seit Februar 2020. Aber auch 20 Jahre nach der Katastrophe liegt der echte Prozessbeginn noch in weiter Ferne. Von einem rechtskräftigen Urteil ganz zu schweigen.

Anklage: 2976-facher Mord

Khalid Sheikh Mohammed wurde 2003 im pakistanischen Rawalpindi festgenommen. Nach Folterungen in geheimen CIA-Gefängnissen in Osteuropa wurde er 2006 in einen hermetisch abgeriegelten Hochsicherheitstrakt in Guantanamo überstellt. 2008 begann das dort von Präsident George W. Bush installierte Militärtribunal mit den ersten juristischen Fingerübungen gegen ihn und seine angeblichen Helfershelfer. 2012 wurde gegen Sheikh Mohammed und vier Mitstreiter offiziell Anklage wegen 2976-fachen Mordes verlesen. Die 169 Anklagepunkte sind im Falle einer Verurteilung mit der Todesstrafe belegt.

Bei den anderen handelt es sich um Ramzi Binalshibh, Jemenit und ehemaliges Mitglied der sogenannten Hamburger Zelle um den Todespiloten Mohammed Atta, den in Saudi-Arabien aufgewachsenen Walid bin Attash, den Saudi Mustafa Ahmad al- Hawsawi und Ah Abd al-Aziz Ah.

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Für das Haupthemmnis, das einer zügigen Abwicklung des Prozesses gegen die Hauptangeklagten bis heute im Wege steht, haben die USA selbst gesorgt. Sheikh Mohammed und Co. wurden in Geheimgefängnissen der CIA „erweiterten Verhörmethoden“ unterzogen. Ihre dabei erzwungenen Aussagen dürfen im Gericht keine Rolle spielen. Was sich unter dem beschönigenden Etikett verbarg, sorgte bei Bekanntwerden weltweit für Entsetzen. Tagelanger Schlafentzug, Höllenlärm, Prügel, Erniedrigungen und immer wieder Waterboarding – das simulierte Beinahe-Ertrinken, bei dem der Häftling Unmengen Wasser schlucken muss.

Sorge um interne Geheimnisse

Das Gefangenenlager wurde 2002 eröffnet. Anfangs waren bis zu 800 Verdächtige inhaftiert. Inzwischen sitzen nur noch 39 Gefangene ein. Alle Versuche, das Lager zu schließen, sind bisher am Widerstand der Republikaner gescheitert. Obwohl zehn Inhaftierte zur Freilassung in Drittländer vorgesehen sind.

Zehn, darunter die „Big Five“ um KSM, stehen vor Gericht. Zwei sind verurteilt und sitzen ihre Strafe ab. 17 Männer gelten als „Endlosgefangene“. Ihnen wird unterstellt, weiterhin gefährlich zu sein, weshalb sie niemals freigelassen werden. Den Prozess wollen die USA ihnen aber nicht machen. Ein Grund: Alle geben an, nach ihrer Festnahme gefoltert worden zu sein. Vor Gericht liefen die Prozessvertreter der Regierung Gefahr, interne Geheimnisse preisgeben zu müssen, heißt es im Justizministerium. Diese 17, sagt man im Pentagon inoffiziell, werden „voraussichtlich in Guantanamo sterben – ohne dass man ihnen den Prozess gemacht hat“.

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