Viernheim. Ein nach Angaben der Schulleitung in der Mädchen-Toilette im Erdgeschoss der Alexander-von Humboldt-Schule (AvH) in Viernheim versprühtes Reizgas hat am Mittwochmittag einen Großeinsatz von Polizei und Rettungskräften ausgelöst. Tatverdächtige seien noch nicht ermittelt, erklärte die Polizei vor Ort. Laut dem Leiter der Polizeistation Lampertheim-Viernheim, Matthias Seltenreich, wurden zwölf Schüler, die über Reizungen der Augen und Atemwege klagten, zur weiteren Behandlung in umliegende Krankenhäuser gebracht. Eine ähnlich große Gruppe von Schülern, die minderschwere Beschwerden angaben, sei zur weiteren Untersuchung und Betreuung in die Zentrale der Johanniter in Viernheim gebracht worden.
Polizist Seltenreich schloss einen Unfall, etwa im Chemieunterricht, aus. „Wir haben es hier mit fahrlässiger Körperverletzung zu tun, mindestens“, sagte er auf Nachfrage dieser Redaktion. Der Notruf der Schule war um 11.31 Uhr bei der Rettungsleitstelle in Heppenheim eingegangen. Wie der stellvertretende Leiter der AvH, Lutz Ackermann, gegenüber dieser Redaktion erklärte, ereignete sich der Vorfall in der zweiten großen Pause, die 25 Minuten dauert. Deshalb sei eine Evakuierung der Schule nicht notwendig gewesen, die meisten Schüler hätten sich auf dem Schulhof aufgehalten. Sicherheitshalber habe man die Pause um zehn Minuten verlängert, so Ackermann. Beim Eintreffen der Viernheimer Freiwilligen Feuerwehr sei das Reizgas schon wieder verflüchtigt gewesen. Von Panik sei keine Spur gewesen.

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Wie Seltenreich erklärte, habe es nach Auskunft der Rettungskräfte keine Schwerverletzten gegeben. Unterdessen nahm eine Reihe von Beamten in Uniform wie in Zivil die Ermittlungen vor Ort auf, sie befragten Schüler sowie Schulpersonal. Das Sekretariat unterrichtete die Eltern betroffener Schüler telefonisch, manche Eltern kamen auch direkt zur Schule, um nach ihren Kindern zu schauen.
Die Einsatzkräfte brachen gegen 13 Uhr ab. Die Schule nahm den Betrieb wieder auf. Der stellvertretende Schulleiter Ackermann sagte, die Schüler würden noch einmal über Lautsprecher aufgefordert, sich zum Arzt zu begeben und die Schule zu informieren, sollten Beschwerden auftreten. Diesen Aufruf hatte die AvH auch auf ihrer Homepage und in ihrer App veröffentlicht.
Schnell verflüchtigt
Zu Beginn des Einsatzes war die Lage recht unübersichtlich. Nachdem die Freiwillige Feuerwehr direkt nach ihrem Eintreffen in der Schule aber bereits eine vollkommen schadstofffreie Raumluft messen konnte, beruhigte sich die Lage. Daniel Werner, stellvertretender Stadtbrandinspektor, bestätigte, dass die Messgeräte an mehreren Stellen im Schulgebäude Null angezeigt hätten. Die Kräfte hätten die Schule zunächst unter Atemschutz betreten. Alarme wegen Reizgas in einer Schule kämen in Viernheim so gut wie nie vor, sagte Daniel. Die Feuerwehr war mit 18 Kräften und vier Fahrzeugen am Einsatzort. Zwölf Rettungswagen und drei Notärzte waren im Einsatz.
Wie Bernd Hochstädter, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Südhessen in Darmstadt, am Nachmittag auf Nachfrage berichtete, seien insgesamt 60 Schülerinnen und Schüler von dem Vorfall betroffen. Sie klagten über Atemwegs- und Augenbeschwerden oder stünden sichtlich unter dem Eindruck des Geschehens. Das heißt, sei seien schockiert oder verängstigt durch diesen Großeinsatz. „Stellen Sie sich vor, wie das auf einen Zwölfjährigen wirken kann, wenn es an seiner Schule von Polizei, Feuerwehr und Sanitätern nur so wimmelt“, sagte Hochstädter.
Er erklärte weiter, dass die Ermittlungen andauerten, die Spurensicherung sei inzwischen abgeschlossen. Es werde wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelt. Der Paragraf 224 des Strafgesetzbuchs droht dafür eine Freiheitsstraße von sechs Monaten bis zu zehn Jahren an, in minder schweren Fällen sind es drei Monate bis fünf Jahre. Die Strafmündigkeit kann naturgemäß erst festgestellt werden, wenn Täter ermittelt sind.
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