Kommunalpolitik

Ja zu Viernheimer Demokratie-Bekenntnis

Viernheims Stadtverordnetenvorsteher Norbert Schübeler erklärt auf unsere Nachfrage, am Beispiel Lampertheims die Initiative zu ergreifen. Es geht um die Freiheit.

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Martin Schulte
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Die Viernheimer Stadtverordnetenversammlung – eine Keimzelle der Demokratie. Am Pult Norbert Schübeler. © Bernhard Kreutzer

Viernheim. Das Bündnis der Partnerschaft für Demokratie in Lampertheim hat die „Lampertheimer Erklärung“, ein Bekenntnis zur freiheitlichen Demokratie, herausgebracht (wir haben berichtet). Die Stadtverordneten dort haben sie unterschrieben. Die Erklärung wird bei Veranstaltungen ausliegen, Bürgerinnen und Bürger sind aufgefordert, sie zu unterschreiben.

In Viernheim hat die Demokratie-Initiative Viernheimer Appell bereits ähnliche Dinge bewegt. Indes – was hält Viernheims Stadtverordnetenvorsteher von dem Gedanken des Autors, dass das Stadtparlament selbst sich eine solche Erklärung als Selbstverpflichtung gibt, um dem Ansinnen größeren Ausdruck zu verleihen und ihm eine breitere Basis zu geben? Es weiß niemand, wer in dieses Parlament noch einziehen mag. Norbert Schübeler (CDU), in Kenntnis der „Lampertheimer Erklärung“, braucht kaum Bedenkzeit: „Ich werde diese Initiative in Viernheim ergreifen.“

Kommentar Kommunen machen sich auf, die Demokratie zu retten

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Martin Schulte
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Die Kurzversion der „Lampertheimer Erklärung“, in der sie bei Veranstaltungen zur Unterschrift ausliegen wird, im Wortlaut: „Wir, die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Lampertheim, bekräftigen unsere Überzeugung, dass Demokratie die Grundlage für ein friedliches und gerechtes Zusammenleben ist. Das gewährleisten wir durch die folgenden demokratischen Grundwerte: Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit, Solidarität, Achtung der Menschenwürde. Dies unabhängig von Alter, ethnischer Herkunft, Religion oder Weltanschauung, Hautfarbe, Geschlecht oder sexueller Identität, Behinderung oder Bildungsstand. Hass, Gewalt und Ausgrenzung haben bei uns keinen Platz. Wir gehen tolerant und respektvoll mit unseren Mitmenschen um. Unser tägliches Handeln ist geprägt von den genannten demokratischen Grundwerten.“

Menschen in Viernheim sind dankbar, sich bekennen zu können

Die „Lampertheimer Erklärung“ solle aber nicht nur ein Dokument wohlfeiler Worte sein, sondern auch gelebt werden. Dafür werde es weitere Projekte und Aktivitäten geben. Alle möglichen Akteure der Stadtgesellschaft sollten sich unter ihr versammeln und vernetzen, so die Akteure in der Nachbarstadt weiter.

In Viernheim sind die Mitstreiter des Viernheimer Appell diesbezüglich bereits sehr aktiv gewesen, und sie wollen es weiter sein. Doch mit Blick auf den sich national wie international verschiebenden Wertekanon kann es nie zu viel kraftvolle Unterstützung des Ideals der freiheitlichen Demokratie geben.

Die Mitstreiter des Viernheimer Appells bekommen womöglich – noch mehr – Rückenwind aus dem Stadtparlament. © Bernhard Kreutzer

Die Leute vom Viernheimer Appell hatten 2023 Unterschriftenlisten in der Stadt ausgelegt, das Bekenntnis zur freiheitlichen Demokratie, gegen Fremdenhass und Antisemitismus war der Gegenstand. Über 1.100 Menschen haben unterschrieben. Das Bemerkenswerte: Viele Unterzeichner zeigten sich dankbar für die Gelegenheit, sich öffentlich auf die Seite der Freiheit stellen zu können. Privatmann oder -frau hat nun mal kein eigenes Sprachrohr mit Öffentlichkeitswirkung. (Um erst gar nicht auf die mitunter fatalen Fantastereien in den sogenannten sozialen Medien einzugehen.)

Norbert Schüler sieht eine Chance für die Viernheimer Stadtgesellschaft

Stadtverordnetenvorsteher Norbert Schübeler sieht vor diesem Hintergrund eine Chance für die Stadtgesellschaft, wenn die Stadtverordnetenversammlung selbst sich diese Erklärung zu eigen macht. „So stellen wir eine breitere Basis her. Ich werde den Fraktionen meine Absicht unterbreiten. Für die kommende Sitzung des Stadtparlaments wird das wohl zu knapp. Womöglich bekommen wir es aber für die Sitzung danach hin.“

Norbert Hofmann, Viernheims ehemaliger Bürgermeister, Ex-Landrat (SPD) und Mitwirkender beim Viernheimer Appell, sagt, er sehe in einer Initiative des Stadtverordnetenvorstehers keine Konkurrenz. „Man kann in dieser Hinsicht doch überhaupt nicht genug tun. Solche Bewegungen müssen Beispiel gebend sein für andere Kommunen.“ Auch Hofmann sieht eine breitere Basis gegeben, wenn die Stadtverordneten eine solche Erklärung verabschiedeten. Und er bietet ihnen den Austausch über die Erfahrungen des Viernheimer Appells in diesem Kontext an.

Viernheimer CDU will „Viernheimer Erklärung“ unterstützen

Wie steht Torben Kruhmann, stellvertretender Fraktionschef und Vorsitzender des Stadtverbands der CDU in Viernheim zu einer „Viernheimer Erklärung“, verabschiedet von den Stadtverordneten selbst? „Das klingt sehr gut. Dafür brauche ich wirklich nicht Rücksprache zu halten. Die CDU wird die Initiative des Stadtverordnetenvorstehers unterstützen.“

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Wenn der eine oder andere auch meinen möge, diese Erklärung beinhalte Selbstverständlichkeiten – „die Existenz solcher Erklärungen wie der in Lampertheim allein legt doch wohl nahe, dass freiheitliche Demokratie heute keine Selbstverständlichkeit mehr ist“. Und: „Wir müssen Demokratie heute viel besser und viel häufiger erklären.“ Kruhmann sagt das auch vor dem Hintergrund der oft unverschuldet mangelnden Kenntnis vieler Menschen von den Abläufen und Abhängigkeiten in Politik und öffentlicher Verwaltung.

Peter Lichtenthäler ist Co-Vorsitzender der zweitstärksten Kraft in Viernheims Stadtparlament, der SPD-Fraktion. Eine „Viernheimer Erklärung“, verfasst von den Stadtverordneten selbst, „das wäre super“. Lichtenthäler findet es im Sinne der Sache „großartig“, wenn sich die Stadtverordnetenversammlung diese Erklärung zum Leitbild mache – und zur Selbstverpflichtung. Auch er sieht sich im Stadtparlament in guter, demokratischer Gesellschaft. Aber, wie gesagt, niemand weiß, was noch kommt.

Redaktion Reporter.

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