Caritas

So läuft ein Tag im Psychiatrischen Zentrum in Viernheim ab

Bei einem Tag der offenen Tür stellt das Gemeindepsychiatrische Zentrum in Viernheim seine Arbeit vor. Welche Angebote Menschen hier bekommen.

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Katja Geiler
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Das Buffet ist eröffnet! Von links: Monika Horneff, Sandra, Anne-Kristin Franck © Katja Geiler

Viernheim. Das Gemeindepsychiatrische Zentrum der Caritas befindet sich mitten in Viernheim, auf dem Apostelplatz, jedoch etwas versteckt in einer Seitengasse in den Räumen des alten Pfarrhauses.

Um das Zentrum bekannter und auf seelische Erkrankungen aufmerksam zu machen, fand hier ein Tag der offenen Tür statt, zu dem Interessierte vorbeischauen konnten, sei es auf eine Tasse Kaffee, ein Mittagessen oder auf ein Gespräch.

Gemeindepsychiatrisches Zentrum in Viernheim: Verschiedene Angebote für psychisch kranke Menschen

Der Tag der offenen Tür fand im Rahmen der bundesweiten Woche der seelischen Gesundheit statt. Deren Vorläufer, der Welttag der seelischen Gesundheit, der jeweils am 10. Oktober stattfand, gibt es seit 1992. Im Jahr 2010 wurde daraus die Aktionswoche.

Im Viernheimer Zentrum gibt es verschiedene Angebote für psychisch kranke Menschen. Beim „Betreuten Wohnen“ bekommen Betroffene zum Beispiel Hilfestellung im Alltag und in der eigenen Wohnung. Die Tagesstätte ist von Montag bis Freitag geöffnet, sie ermöglicht Begegnungen und hilft, den Tag zu strukturieren. Auch eine Beratungsstelle ist im Zentrum mit dabei.

Der Aufenthaltsraum im Zentrum ist hell und freundlich, die Besucher des Tags der offenen Tür fühlen sich wohl. © Katja Geiler

„Im Kreis Bergstraße wurde geschaut: Wo sind die Bedarfe? Das Zentrum in Lampertheim gibt es seit 25 Jahren, das in Viernheim seit 2015“, sagte Monika Horneff, die Dienststellenleiterin. Wenn Leute, die selbstständig leben, erkranken, stellt sich Betroffenen und Angehörigen oft die Frage: „Wie geht man vor? Muss es gleich eine stationäre Aufnahme sein, oder reichen Hilfestellung und Tagesstätte?“

Eine erste Anlaufstelle finden sie im alten Pfarrhaus. „Man kann die Leute nicht einfach einweisen, man muss mit ihnen reden und sie für eine Behandlung gewinnen. Sie bekommen Unterstützung bei Alltagsthemen wie Behördengängen, Besuchen beim Arzt oder Psychiater“, sagt Monika Horneff. Durch die Präsenz der Mitarbeiter des Zentrums werde vermieden, dass die Leute „in ein Loch fallen“, denn aus einem mentalen Stimmungstief kämen sie nur langsam und schwer wieder heraus.

Die Klienten, die zwischen 30 und etwas über 70 Jahre alt sind, litten zum Beispiel an Psychosen, Depressionen, Zwängen oder posttraumatischen Belastungsstörungen. Viele von ihnen nutzten äußerst gerne das Angebot der Tagesstätte, sagt Horneff. „Tagesplanung und hauswirtschaftliche Dienste“ stünden zum Beispiel auf dem Plan.

„Glückszeit“ steht auf dem Stundenplan

Für die Betroffenen werde hier der Tag strukturiert, etwa durch kleine Küchendienste, so Horneff. Außerdem gibt es viele Felder rund um das Thema Achtsamkeit: Glückszeit, Kreativzeit, Entspannungszeit. Die Klassiker wie Musik, Spiele und Bewegung dürfen natürlich auch nicht fehlen. Kein Wunder, dass die Tagesstätte so gut besucht ist.

Diese kleinen Erlebnisse, die im Stundenplan stehen wie einst in der Schule, würden dafür sorgen, dass die Leute Selbstvertrauen gewinnen, um aus Stimmungstiefs besser herauszukommen. „Sie brauchen dafür länger als gesunde Menschen, doch mit Begleitung schaffen sie es eher“, sagte Monika Horneff. „Wir beteiligen uns an den Tagen der seelischen Gesundheit und machen den Raum auf. Es kommen Leute, die uns kennen, von der Kirche oder der Seniorenberatung. Unsere Klienten kommen auch, und Außenstehende heißen wir herzlich willkommen.“

Sven Gauert und Elena Heintz in der Küche. © Katja Geiler

Alle zwei Wochen findet donnerstags zwischen 14 und 15 Uhr ein offenes Café statt, bei dem jeder hereinschauen kann, potenzielle neue Klienten und deren Angehörige. Der Tag der offenen Tür war wie eine kleine Feier, es gab einen alkoholfreien Cocktail zum Anstoßen, Suppe, Kaffee und Kuchen. „Ich finde die Tagesstätte gut, denn mein Tag wird strukturiert“, sagte Rentnerin Birgit (Name von der Redaktion geändert). „Ich stehe morgens auf, gehe rüber, und hier gibt es viele Angebote, zum Beispiel Gehirnjogging, Musikgruppe, Singen mit Gitarrenbegleitung, Spiele wie Skat und Kniffel.“ Wenn der Treff schließt, könne Birgit sich alleine beschäftigen, zum Beispiel mit Lesen und Klavierspielen.

Rolf ist auf der Suche nach einer Wohnung

Rolf (Name geändert) erkrankte mit 16 Jahren. „Ich habe Bürokaufmann gelernt und war während der Ausbildung noch ganz fit, doch nach einem Umzug wurde es stärker. Mir macht das Skat-Spielen Spaß und die Tu-es-day-Ausflüge alle 14 Tage. Wir starten von Lampertheim aus und waren schon mal im Senckenberg-Museum“, sagte Rolf, der eine Wohnung in Viernheim sucht, da seine bisherige gekündigt wurde. Doch wie reagieren potenzielle Vermieter, wenn sie von einer psychischen Erkrankung erfahren? Mitarbeiterin Anne-Kristin Franck meinte dazu: „Wir wollen psychische Beeinträchtigungen entstigmatisieren. Wenn ein Vermieter die Problematik aus seinem eigenen Lebensbereich kennt, vergibt er die Wohnung vielleicht an jemanden, der ebenfalls betroffen ist.“

Achtsamkeit wird groß geschrieben. © Katja Geiler

Ergotherapeut packt in der Küche mit an

In der Küche kochten Sven Gauert und Elena Heintz Suppe. Doch sie waren nicht etwa Koch und Köchin, sondern Ergotherapeut und Ergo-Praktikantin. „Die Tagesstätte wurde mir von der Schule vermittelt, ich brauche ein Praktikum im psychosozialen Bereich. Hier ist es familiär, und man kann sich den Alltag flexibel gestalten“, meinte Elena Heintz.

„Ich arbeite gerne hier, weil jeder Tag nicht wie der andere ist“, sagte Sven Gauert, fester Mitarbeiter. „Die Leute helfen mit, um ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten zu erhalten und zu verbessern. Bei vielen kam die Krankheit in der Jugendzeit, daher nehmen sie schon seit Jahren Medikamente. Diese haben Nebenwirkungen, man kann sie reduzieren, so weit es geht. Trotz alldem ist die Teilhabe wichtig.“

Freie Autorin Ich schreibe für alle Mannheimer Stadtteile und für Viernheim

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