Kommentar Kommunen machen sich auf, die Demokratie zu retten

Während die Spitzenpolitik in Berlin sich wiederkehrend mit sich selbst beschäftigt, gehen Kommunen wie Viernheim für die freiheitliche Demokratie in die Offensive. Eine Verneigung.

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Martin Schulte
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Viernheim. Die politischen Verhältnisse in Deutschland bilden ein Zerrbild ab. Ein ganz reales. Die Koalitionäre in Berlin befassen sich wiederkehrend selbstverliebt mit sich selbst. Und befeuern so die rechten, in Teilen rechtsextremistischen Ränder. Ach was – Ränder. Das war einmal. Wie wunderbar, wenn wir das wieder so formulieren dürften. Bundesbildungsministerin Karin Prien (SPD) sagt öffentlich, sie würde ins Land ihrer Vorfahren auswandern, bevor ein AfD-Mensch Bundeskanzler wird. Nach Israel.

In „Die Zeit“ beklagt sie die erschütternd mangelnde Vorstellung von den alles umbrechenden Kräften gegen die freiheitliche Demokratie im Falle einer AfD-Regierungsmehrheit. Prien stellt hier auf die Proteststimmen für die AfD und gegen das politische Establishment ab. Proteststimmen für die AfD? Ja, welch eine Fahrlässigkeit. Da können Friedrich Merz und Co gebetsmühlenartig ihre Verweigerung einer Zusammenarbeit mit den ganz Rechten beschwören, wie sie wollen – agieren sie weiter so, wie sie agieren, könnte die AfD bald auf eine Zusammenarbeit pfeifen. Die in Berlin, sie haben den Schuss noch nicht gehört. Noch immer nicht.

Viernheims Stadtverordnetenvorsteher Norbert Schübeler hat nicht gezögert, das Vorbild der ,Lampertheimer Erklärung‘ zu seiner Sache zu machen.

Auf der anderen Seite die Kommunen, ohnehin von Unterfinanzierung und Ignoranz durch Land und Bund gebeutelt. Immer wieder die Kommunen. Nun raffen sie sich überdies auf, die Demokratie zu retten. Wie in Viernheim und anderen Kommunen im Land. Viernheims Stadtverordnetenvorsteher Norbert Schübeler hat nicht gezögert, das Vorbild der „Lampertheimer Erklärung“ zu seiner Sache zu machen. Die hat dort eine freiwillige Demokratie-Bewegung herausgegeben. Die Demokratie-Initiative Viernheimer Appell hat hier bereits eindrücklich Vorarbeit geleistet.

Diese Frage soll das große Verdienst der Leute vom Appell nicht schmälern. Aber aus welchem Grund steht die Stadtverordnetenversammlung als das zentrale Organ der Demokratie in der Kommune daneben? Warum nicht die Stadtverordneten selbst, die sich eine solche Erklärung als Leitbild und Selbstverpflichtung geben? Und die ihre Bürgerinnen und Bürger ermuntern, diese Erklärung zu unterschreiben? Vorsteher Norbert Schübeler hat sofort begriffen: „Ich werde diese Initiative in Viernheim ergreifen.“ Wunderbar. Staat beginnt bei dem, was vor Ort gedeiht.

Kommunalpolitik

Ja zu Viernheimer Demokratie-Bekenntnis

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Martin Schulte
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Es scheint, als verblieben die ohnehin sträflich vernachlässigten Kommunen inzwischen auch noch als der letzte Rettungsanker für diese große und großartige Sache: die freiheitliche Demokratie. Die beiden großen Parteien im Stadtparlament, CDU und SPD, bekennen sich zu diesem Bekenntnis. Noch bevor es parlamentarisch eingebracht ist. Die Vertreter der kleineren Fraktionen von Grünen, UBV und FDP sind als aufrechte Demokraten unverrückbar.

Auch auf sie kann Viernheim zählen in der Causa Freiheit. Nein, sicherlich, im Viernheimer Stadtparlament geht mal etwas daneben. Doch wenn es ums Ganze geht, können wir uns auf diese Frauen und Männer verlassen. Deren Arbeit ist zeitaufwendig, mitunter nervenaufreibend. Sie tun sie freiwillig.

In sich gehen. Reflektieren. Und danke sagen.

Redaktion Reporter.

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