Viernheim. Spätestens mit dem Cover des Klassikers „Eye of the Tiger“ von Survivor hat der Akustik-Gitarrist Andrea Valeri die Besucher zum Auftakt der 13. Viernheimer Gitarrentage voll im Griff. Der Italiener war schon zum wiederholten Mal bei der Musikreihe des Kulturvereins „Chaiselongue - Kunst und Soziales“ in Viernheim zu Gast. Kein Wunder also, dass er den etwas mehr als 100 Gästen im ausverkauften Treff im Bahnhof ein liebevolles „You are sweet. I love you already“ zuhauchte und es nach seinem rund einstündigen Auftritt zahlreiche Umarmungen gab. Zuvor hatte der Österreicher Martin Moro die Gitarrentage mit leiseren Klängen eröffnet.
Der 34-jährige Valeri ist auf den Bühnen der Welt daheim. Seit seinem 19. Lebensjahr ist er auf Tour. Und doch ist Viernheim ihm ans Herz gewachsen. „Es wird hier immer besser. Es ist hier sehr intim und die Zuhörer schaffen eine Atmosphäre wie in einer großen Venue. Die Verbindung zwischen uns ist daher sehr eng“, betonte Valeri im Gespräch mit dieser Redaktion. Normalerweise spiele er vor deutlich mehr Leuten: „Aber die kleine und intime Atmosphäre macht es für mich noch besser. Das ist ganz speziell“, sagte der Italiener mit einem breiten Lächeln im Gesicht.
Auch ohne technische Verstärkung ist Valeri von Anfang an in Viernheim präsent
Mit seiner leicht elektronisch verstärkten Akustikgitarre war Valeri, der am Vormittag noch eine Stippvisite in der Friedrich-Fröbel-Schule gab, von der ersten Minute an total präsent auf der Bühne. Sein Hemd hing locker aus der Hose, er positionierte kurz sein Mikrofon und dann ging es auch schon los. Zwischendurch flachste er immer wieder mit dem Fotografen. Das ist wohl die Selbstsicherheit eines Mannes, der seine Passion gefunden hat. Immerhin spielt der Gitarrist seit seinem zehnten Lebensjahr sein Instrument.
Unterstützt wurde Valeri von Moro, der nach seinem Auftritt kurzerhand die Technik übernommen hatte. Der Italiener gab dem Österreicher immer wieder Anweisungen: „Mehr Reverb“, „weniger Reverb, mehr Power“. Und so brachte er das bei Moro noch etwas zurückhaltendere Publikum, das zumindest optisch eher in den 1960er- bis 1980er-Jahren musikalisch sozialisiert worden sein muss, in Wallung. Zum Ende des Konzerts und nach einem zwischenzeitlichen Duett mit seiner Frau Mariana gab es von einzelnen Standing Ovations. Als Abschuss seines Konzerts hatte er sich den eingängigen Klang von „Sultans of Swing“ von den Dire Straits ausgesucht – ein Volltreffer.
Valeri sorgt mit dem Stück „La lettera“ für Gänsehaut
Und dabei überzeugte Valeri nicht nur bei Cover-Stücken. Sein „La lettera“ ging mächtig unter die Haut. Das Lied, so berichtete er, handle von einer Mutter und einem Sohn in Zeiten des Krieges, die sich aufgrund der Irrungen und Wirrungen nie wieder sehen werden. Das Stück gehe ihm von all seinen eigenen Produktionen am meisten ans Herz. Zu Beginn schlug er so auf die Bridge seiner Gitarre, dass es sich wie Maschinengewehr-Salven anhörte. Auch wenn das Stück ohne Lyrics daherkommt, spürte man die Traurigkeit dieser Geschichte – und dennoch breitete sich so etwas wie Hoffnung aus. Und so ordnet sich „La lettera“ in seiner Melancholie perfekt ein in so schöne Balladen wie „Brothers in Arms“ von Dire Straits, aber auch in Alternative-Songs wie „White People for Peace“ von Against Me! oder „Hero of War“ von Rise Against.
Seine obligatorische Zugabe gab Valeri im Sitzen. Etwas, dass er „seit 20 Jahren nicht mehr gemacht“ hat. Ob dem so ist oder nicht, sei dahingestellt – aber es ist ein Stück, dass mit einer gewissen Eintönigkeit etwas aus seinem Set des Konzertes fiel. Aber in dieser Position beendete er den Abend im Treff im Bahnhof, wie er begonnen hatte. Denn Martin Moro hatte sein einstündiges Konzert komplett im Sitzen bestritten.
Es war ein gelungener Auftakt in die 13. Viernheimer Gitarrentage. Während Valeri mit Effekten, und dabei in erster Linie mit dem Reverb für Tiefe und Räumlichkeit, arbeitete, nutzte Moro nur den Sound, den seine Gitarre über die PA-Anlage, also die Beschallungsanlage für die Signale, hergab. Dafür postierte er einfach ein Mikrofon vor sein Instrument. Mehrere Lieder untermalte er mit seinem Gesang, was eine schöne Mischung ergab. Diese wurde noch verstärkt, weil er eigene Lieder spielte, aber auch alte Stücke neu interpretierte. So spielte er etwa ein Gospel aus den 1920er-Jahren aus dem US-Südstaat Mississppi oder ein Werk von Joachim Neander aus dem 17. Jahrhundert.
Moro erzählt in Viernheim auch einige Anekdoten
Während seines Auftritts gab Moro die eine oder andere Anekdote zum besten. So erfuhren die Zuhörer, dass der 57-Jährige es tatsächlich geschafft hatte, Teil einer Matura-Prüfung zu werden und sich bei den Fragen in die ehrwürdige Reihe von Wolfgang Amadeus Mozart, Freddie Mercury, David Bowie und Georg Friedrich Händel einreihen durfte: „Das ist schon ehrenvoll, wenn auch völlig überzogen“, sagte er mit einem Schmunzeln.
Zum Abschluss der beiden Gitarrentage spielten Count-to-Ten sowie Christina Lux und Oliver George vor ausverkauftem Haus im Treff im Bahnhof.
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