2005 wurde Angela Merkel Bundeskanzlerin und Hansjörg Höfer Bürgermeister von Schriesheim. 16 Jahre danach gibt es, nahezu zeitgleich, bald eine neue Regierung in Berlin und auch eine neue Rathaus-Spitze in Schriesheim. Denn an diesem Sonntag bestimmt die Weinstadt die Nachfolge von Hansjörg Höfer.
Und es wird spannend, denn der grüne Amtsinhaber tritt nach 16 Jahren aus Altersgründen nicht mehr an. Die Karten werden also neu gemischt - angesichts dessen für viele erstaunlich, dass es so wenige Bewerber um die Nachfolge gab.
Als erster warf Christoph Oeldorf seinen Hut in den Ring. Der 43-jährige Sohn des langjährigen Hirschberger Rathaus-Chefs Werner Oeldorf, der übrigens just am Wahlsonntag seinen 75. Geburtstag feiert, amtiert seit vier Jahren als Bürgermeister in Wilhelmsfeld. Unterstützt wird er von CDU, Freien Wählern und der Bürgergemeinschaft um Stadträtin Liselore Breitenreicher.
Als zweite Bewerberin folgte Grünen-Stadträtin Fadime Tuncer (52), bei der letzten Gemeinderatswahl Stimmenkönigin und in deren Folge erste stellvertretende Bürgermeisterin. Außer ihrer eigenen Partei wird sie von keiner politischen Kraft unterstützt, SPD und FDP haben sich für neutral erklärt, die in Schriesheim überdurchschnittlich starke AfD sich nicht öffentlich geäußert.
Der Wahlkampf, unter anderem mit einem Online-Wahlforum des „MM“, verlief ruhig, auch wegen der Corona-Einschränkungen. Spektakuläre Streitthemen gab es keine, in den meisten Fragen bestehen ohnehin kaum gravierende Unterschiede zwischen Oeldorf und Tuncer.
Zwei Außenseiter
Neben Oeldorf und Tuncer kandidiert der 67-jährige Wilhelmsfelder Helmut Oelschläger, der mit Oeldorf wegen der Erweiterung des Wilhelmsfelder Gewerbegebietes über Kreuz liegt. Bei den offiziellen Kandidatenvorstellungen in Schriesheim warb er zudem für seine Bewerbung auf die Stelle einer Pädagogischen Fachkraft, die von der Stadt gerade ausgeschrieben ist.
Der vierte Kandidat, Samuel Speitelsbach aus Ravenstein im Bauland, trat im Wahlkampf nicht in Erscheinung und blieb auch den Kandidatenvorstellungen der Stadt fern. Damit wurde Schriesheim ein Eklat erspart, wie Speitelsbach ihn an anderen Orten auslöste, als er etwa den Hitler-Gruß andeutete und daher von Sicherheitskräften aus dem Saal geführt wurde. Immerhin hat er seit 2019 bereits in rund 100 Kommunen als Bürgermeister kandidiert und dabei (wie in Münsingen) bis zu zwölf Prozent der Stimmen geholt.
Die Kandidatur der beiden Außenseiter kann durchaus gravierende Konsequenzen zeitigen. Denn die meisten Beobachter rechnen mit einem äußerst knappen Ausgang.
Insgesamt sind 11 900 Bürger zur Wahl in der Kernstadt sowie in den Ortsteilen Altenbach und Ursenbach aufgerufen. Wie bei anderen Wahlen üblich, sind die Wahllokale von 8 bis 18 Uhr geöffnet. Der Anteil der Briefwähler ist hoch, bis Donnerstag wurden fast 3700 Wahlscheine beantragt. Auf Grund dieser hohen Zahl wird das vorläufige amtliche Endergebnis von der Verwaltung nicht vor 20 Uhr erwartet.
Wahltag von Corona geprägt
Auch der Wahltag ist von Corona geprägt. Alle 160 Wahlhelfer wurden von der Stadt aufgerufen, am Tag zuvor einen Schnelltest durchzuführen. Am Wahlabend selbst wird es denn auch keine Wahlparty geben. Selbst die beliebte Möglichkeit, im Rathaus den Eingang der Stimmbezirksergebnisse auf einer Leinwand zu verfolgen, besteht diesmal nicht.
Wie gesagt: Im Rathaus nicht, davor aber schon. Im Bürgerbüro werden nämlich zwei große Bildschirme installiert und so platziert, dass sie durch die Fenster von außen gesehen werden können. Hier ist auch der Ort, an dem der Vorsitzende des Gemeindewahlausschusses das Endergebnis verkündet. Ob der noch in Quarantäne befindliche Bürgermeister Höfer oder sein Vize Michael Mittelstädt dies tun werden, stand am Freitag noch nicht fest.
Mehr als 50 Prozent nötig
Mit Sicherheit vor Ort sind die beiden aussichtsreichsten Kandidaten. Tuncer, die ihre Stimme um 11 Uhr in der Strahlenberger Schule abgibt, trifft sich zuvor mit ihrem Team in der Weinscheuer Majer, Oeldorf im Gästehaus Hauser am Festplatz.
Erreicht keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit, also mehr als 50 Prozent der gültigen Stimmen, so findet am 19. Dezember ein zweiter Wahlgang statt. Doch im Gegensatz zu dem, was viele glauben, handelt es sich hierbei nicht um eine Stichwahl. Alle bisherigen Bewerber können nochmals antreten und sogar neue hinzukommen. Dann ist auch keine absolute Mehrheit mehr notwendig, sondern gewählt, wer die meisten Stimmen auf sich vereinigt.
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