Schriesheim. Am 1. Februar trat Christoph Oeldorf sein Amt als Rathaus-Chef an. Aber eigentlich auch nicht. Denn am Tag danach wurde bei ihm eine Corona-Infektion festgestellt. Erst eine Woche später saß er in seinem Büro. Die nahende Sommerpause - Anlass für einen Rückblick auf seine turbulente bisherige Amtszeit und die nicht minder turbulente Vorgeschichte.
28. November: Bereits im ersten Wahlgang siegt Oeldorf mit 56 Prozent überraschend klar über Grünen-Stadträtin Fadime Tuncer, die 42 Prozent erreicht. Die zwei anderen Kandidaten bleiben ohne politische Relevanz - so glaubt man noch.
20. Januar: Aufgrund eines Einspruchs gegen das Wahlergebnis verfügt das Verwaltungsgericht Karlsruhe: Oeldorf darf nicht als Bürgermeister, sondern nur als Amtsverweser verpflichtet werden.
1. Februar: Oeldorf wird vom Gemeinderat einstimmig zum Amtsverweser gewählt und als solcher von der Ersten Vize-Bürgermeisterin Fadime Tuncer verpflichtet.
2. Februar: Der regelmäßige Corona-Test bei Oeldorf fällt positiv aus. Er begibt sich ins Homeoffice.
5. Februar: Das Verwaltungsgericht Karlsruhe bestätigt, dass nicht nur eine, sondern zwei Klagen gegen das Wahlergebnis vorliegen.
9. Februar: Das erste Interview des neuen Rathaus-Chefs mit beiden Zeitungen vor Ort erscheint, wegen seiner Infektion telefonisch geführt.
9. Februar: Wegen der Pandemie sagt die Stadt den Mathaisemarkt zum zweiten Mal in Folge ab, stellt jedoch eine Ersatzveranstaltung im Sommer in Aussicht.
10. Februar: Auf Anfrage des „MM“ vermeidet Oeldorf eine Festlegung zur Umbenennung der nach einem antisemitischen Komponisten benannten Hans-Pfitzner-Straße: „Es ist Herrn Oeldorf sehr wichtig, der Gemeinderatsdiskussion nicht vorzugreifen“, lässt er verlauten.
11. Februar: Die „Rhein-Neckar-Zeitung“ meldet, dass es mit dem Mannheimer Bauträger Diringer + Scheidel einen neuen Investor für das Gärtner-Gelände an der B 3 gibt.
21. Februar: Oeldorfs Hauptkonkurrentin bei der Bürgermeisterwahl, Grünen-Stadträtin Fadime Tuncer, wird im Stuttgarter Landtag als Nachfolgerin des verstorbenen Abgeordneten Uli Sckerl vereidigt. Gemäß staatlichem Protokoll rangiert sie nun vor dem Bürgermeister.
22. Februar: Vorstellung des ersten Etats des neuen Rathaus-Chefs. Die Einnahmesituation ist trotz Corona sehr gut. Als Resultat aus Beschlüssen der Vergangenheit bleibt jedoch eine sehr hohe Verschuldung.
23. Februar: Oeldorf leitet seine erste, mit rund 20 Tagesordnungspunkten gewichtige Gemeinderatssitzung. Er absolviert dies nach allgemeiner Auffassung routiniert.
18. März: Als Neuerung seiner Amtszeit findet im „Hirsch“ der erste Vereinsstammtisch statt.
10. April: Der Ordnungsamts-Chef Achim Weitz gewinnt die Bürgermeisterwahl in Heddesheim. Mit dessen Amtsantritt Anfang Juni verliert Oeldorf einen erfahrenen und durchsetzungsfähigen Amtsleiter.
13. April: Oeldorf bringt sein erstes wichtiges Vorhaben, die Angebotserweiterung der RNV-Bahnlinie 5 am Abend, nur mit den Stimmen von Grünen und SPD durch den Gemeinderat. Seine eigentliche politische Basis, CDU und Freie Wähler, lehnt das Projekt ab.
19. April: Durch einen Hacker-Angriff wird die Stadtverwaltung lahmgelegt. Die kommunalen Einrichtungen sind mehrere Wochen lang telefonisch und digital nur eingeschränkt oder gar nicht zu erreichen.
30. April: Die Verfügung des Landratsamtes zur Schließung des Altenpflegeheims „Edelstein“ tritt in Kraft. Wegen zweier Corona-Infektionen in der Einrichtung dauert es jedoch bis 6. Mai, bis das Haus geräumt ist.
17. Mai: Die Stadt gibt bekannt, dass die Beauftragte für Wirtschaftsförderung und Öffentlichen Personennahverkehr, Michaela Gärtner, die Verwaltung verlässt. Erst kurz zuvor hatte sie die Nachfolge von Torsten Filsinger angetreten.
20. Mai: Alt-Bürgermeister Peter Riehl wird 80 Jahre alt, verzichtet aus gesundheitlichen Gründen jedoch auf alle Feiern. Der von Oeldorf geplante Geburtstagsempfang durch die Stadt kann nicht stattfinden.
20. Mai: Mit der Krönung der Weinhoheiten wird auf dem Festplatz das Stadtfest, die inoffizielle Ersatzveranstaltung für den ausgefallenen Mathaisemarkt, eröffnet. Oeldorf überlässt bei der traditionellen Zeremonie seinem Vorgänger Hansjörg Höfer weitgehend die Bühne.
24. Mai: Als neues Instrument der kommunalen Wirtschaftsförderung findet der erste Unternehmensstammtisch statt, zu dem alle Schriesheimer Gewerbetreibenden eingeladen sind.
10. Juni: Medialer Streit zwischen Stadt und „Edelstein“. Geschäftsführer Hubertus Seidler versichert, einen Bauantrag für einen Neubau am bisherigen Standort eingereicht zu haben, die Stadt bestreitet dies.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Schriesheims Bürgermeister Oeldorf muss jetzt Profil zeigen