Schriesheim

Schriesheimer Stadtkern: Erscheinungsbild wird sich wohl ändern

Der Schriesheimer Gemeinderat hat die rechtlichen Vorgaben für Eigentümer und Bauherren in der Altstadt geändert. Viele Reglementierungen wurden gelockert, einige sogar gestrichen

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Konstantin Groß
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Ein Schmuckstück: Die Schriesheimer Altstadt. Der rechtliche Rahmen für Investoren und Bauherren wurde vom Gemeinderat nun neu gefasst. © Bernhard Zinke

Schriesheim. Das Erscheinungsbild der Schriesheimer Altstadt wird sich in den kommenden Jahren wohl verändern. Einstimmig beschloss der Gemeinderat der Weinstadt am Mittwochabend eine Gestaltungssatzung, die an die Stelle der bisherigen Altstadtsatzung tritt und deren Reglementierungen lockert bzw. ganz aufhebt. Wichtigste Neuerungen sind die weiter gefassten Vorgaben für Photovoltaik-Anlagen auf Hausdächern und bei der Gestaltung von Fensterrahmen.

Die 1980 gestartete Altstadtsanierung - sie war eine Riesensache für Schriesheim und einer der großen Erfolge des damaligen Bürgermeisters Peter Riehl. Neun Millionen Euro öffentlicher Mittel, davon zwei Drittel vom Land, wurden ausgegeben, damit ein Investitionsvolumen von 50 Millionen Euro initiiert. Vier Millionen Euro gingen an Private. Die Bauherren sanierten Häuser im Ortszentrum, die Stadt selbst unter anderem die alte Scheuer in der Talstraße, in der das Kerg-Museum untergebracht wurde. Und sie gestaltete mehrere Plätze und Wege neu.

Notwendigkeit von Photovoltaikanlagen auf Dächern setzte Schriesheimer Altstadtsatzung unter Druck

Den rechtlichen Rahmen dieser Arbeiten bildete für Eigentümer und Bauherren die Altstadtsatzung, die ihnen in Bezug auf Erscheinungsbild und Materialien detaillierte Vorgaben machte und Einschränkungen auferlegte. Vorrangiges Ziel war es damals, das Erscheinungsbild des historischen Stadtkerns von Schriesheim zu konservieren. „Beim Blick von der Strahlenburg aus sollte das Stadtbild einheitlich und harmonisch sein“, wie Grünen-Fraktionschef Christian Wolf bei der jetzigen Gemeinderatssitzung erinnerte.

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Doch die Zeiten haben sich geändert. Vor allem die Notwendigkeit von Photovoltaikanlagen auf Dächern setzte die Altstadtsatzung unter Druck. Obwohl mehrmals geändert und angepasst, zuletzt 2010, präsentierte sie sich aus Sicht der Verwaltung insgesamt als nicht mehr zeitgemäß. Daher wurde ein völlig neues Regelwerk aufgelegt. Das beginnt schon mit dem Namen: Statt Altstadtsatzung fortan Gestaltungssatzung. Die vollständige Bezeichnung lautet: „Satzung über örtliche Bauvorschriften im zentralen Stadtkern der Stadt Schriesheim“.

Erstmals ist dem Regelwerk eine Präambel vorangestellt, in der seine Ziele formuliert werden. „Durch Erhaltung und Pflege des historischen Stadtkerns werden heutige und zünftige Generationen über Ursprünge und Entwicklung ihrer Stadt informiert“, heißt es dort: „Es wird der individuelle Charme mit seinen städtischen und architektonischen Qualitäten erhalten zur Identifikation der BürgerInnen mit ihrer Stadt.“ In der Satzung wird der bisherige Begriff „historisch“ durch „ortsbildprägend“ ersetzt.

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Manches allerdings bleibt wie es ist, um den historischen Charakter des Ortskerns so weit wie möglich zu erhalten. Nach wie vor verboten ist es etwa, dass „untypische Materialien oder unpassende, grelle Farben zur Gestaltung genutzt werden.“ Vorgeschrieben bleibt, dass „ursprüngliche Materialien beibehalten werden, die nicht zur Verunglimpfung beitragen“, wie die Satzung etwas seltsam formuliert.

Künftig bereits 40 statt 45 Grad Dachneigung möglich

Bislang waren Steildächer mit einer Neigung von 45 bis 50 Grad vorgeschrieben, Walmdächer nur bei Gebäuden zulässig, bei denen sie bereits vorhanden waren, und Flachdächer verboten. Bei allen von der Straße aus einsehbaren Gebäuden sind auch weiterhin lediglich symmetrische Sattel-, Walm- und Mansardendächer mit einer Neigung von 40 bis 50 Grad zulässig, als Oberfläche ausschließlich naturrote Biberschwanzziegel oder Betondachsteine vorgesehen. Von der Straße aus nicht einsehbare Nebengebäude oder Garagen können nun aber auch mit Flachdächern versehen werden.

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Neu sind jedoch die erheblich erweiterten Möglichkeiten für Solarthermie- und Photovoltaikanlagen. „Das ist ein Meilenstein für die Photovoltaik in unserer Stadt“, freute sich denn auch Grünen-Fraktionschef Wolf. So entfällt die bisherige Vorgabe, wonach sie nur auf Dachflächen installiert werden dürfen, die vom Straßenraum aus nicht eingesehen werden können. Allerdings müssen sie bei von der Straße aus einsehbaren Gebäuden auch weiterhin die gleiche Neigung wie das Dach aufweisen und ohne Ständer flach auf der Dachfläche liegen.

Erleichterungen gibt es auch in einem anderen Punkt, der von Bauherren und Hausbesitzern bislang immer beklagt wurde: bei der Gestaltung der Fassaden, konkret der Fenster. Bislang war vorgeschrieben, dass „ausschließlich Holzfenster“ zulässig sind. Diese Vorgabe wird nun erweitert auf „Holzoptik in der natürlichen Holzfarbe“.

Für Schaufenster galt bislang die Beschränkung, dass sie höchstens 40 Prozent der Wandfläche im Erdgeschoss einnehmen dürfen. Diese Vorgabe wurde nun gestrichen - als kleine Maßnahme der Wirtschaftsförderung, wie am Mittwochabend im Gemeinderat betont wurde.

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