Schriesheim. In der Region reibt man sich wieder die Augen: Wie machen die Schriesemer das bloß? Am ersten Mathaisemarkt-Wochenende passables Wetter, die beiden Regentage der folgenden Woche punktgenau auf die zwei Ruhetage des Festes konzentriert, und am letzten Tag mittags sogar Sonnenstrahlen und 13 Grad plus.
Mit dem traditionellen Fanfarenzugtreffen erlebt der Mathaisemarkt am Sonntag seinen letzten Höhepunkt. Nach offiziellen Angaben verbucht das Fest in diesem Jahr rund 130 000 Besucher. Alleine den Festzug am Sonntag vergangener Woche sehen 30 000 Schaulustige aus der gesamten Region (beim letzten Mal sind es 15 000). Vor dem Festzelt bilden sich abends lange Schlangen.
Organisatoren und Akteure ziehen denn auch eine alles in allem positive Bilanz des großen Volksfestes der Region - zumal es erstmals wieder stattfinden kann, seitdem der Mathaisemarkt 2020 zur Halbzeit wegen Corona abgebrochen werden muss. Entsprechend auch die Stimmung beim traditionellen Rundgang des Gemeinderates über das Fest.
Dazu treffen sich am Samstagvormittag im Festzelt amtierende und ehemalige Angehörige des Gremiums, die Mitglieder des Jugendgemeinderates und die Weinhoheiten. Bürgermeister Christoph Oeldorf beendet seinen ersten Mathaisemarkt im Amt mit einer saftigen Erkältung: „Am Mittwoch hat es mich erwischt“, sagt der Rathaus-Chef: „Die Stimme ist fast weg.“
In den Gesprächen zu der von Festzelt-Gastronom Karl Forschner servierten Kartoffelsuppe sind die Ereignisse der zurückliegenden zehn Tage natürlich Thema. Und da steht die Bombendrohung vom Sonntag vergangener Woche an erster Stelle. Die geht bei der Polizei damals nach 16 Uhr ein, als sich der Festzug seinem Ende nähert. Obwohl sich die Drohung am Ende als Fake erweist, löst sie einen Großeinsatz von Polizei und Rettungsdiensten aus. Beamte in Einsatzmontur beziehen am Festplatz Stellung.
Allerdings entscheiden sich die Verantwortlichen - das Einsatzführungszentrum der Mannheimer Polizei und die Stadt - gegen eine Evakuierung. Dennoch informiert die Polizei über die Sozialen Medien über die Bombendrohung. Besorgnis kommt auf, wie etwa Altstadtrat Karl-Heinz Schulz beim Gemeinderatsrundgang berichtet. An jenem Sonntag ist er gerade von der Schotterersbrücke, wo er den Festzug moderiert hat, heimgekehrt, da erhält er einen aufgeregten Anruf seiner Tochter vom Festplatz: „Da macht man sich natürlich große Sorgen.“
Bürgermeister Oeldorf, laut Gemeindeverfassung Chef der Ortspolizei, eilt an jenem Sonntag unmittelbar nach Erhalt der Nachricht von der Bombendrohung ins Rathaus. Sein Vize Michael Mittelstädt, mit Oeldorf bis dahin in der Fußgruppe des Gemeinderates unterwegs, läuft die Wagen ab, um die Fahrer zu bitten, zügig weiterzufahren; die Besatzungen mögen nach Hause gehen.
Stadtrat Mittelstädt angegriffen
Am Wagen der Schützen erhält Mittelstädt einen Schlag, der später zu Blutergüssen im Gesicht führt, die auch beim Gemeinderatsrundgang fast ein Woche danach noch deutlich sichtbar sind: „Darauf hätte ich wirklich verzichten können“, kommentiert der CDU-Stadtrat bitter.
Der Wagen der Schützen ist an jenem Tag auch in anderer Hinsicht ein Problem: durch seine ohrenbetäubende Lautsprecheranlage. Die Bässe hämmern derart, dass Besucher am Straßenrand über Schmerzen in Ohren und Brustkorb klagen, Anwohner von zerborstenem Glas in ihrem Schrank. Eine Ahndung bleibt am Ende aus, da die Ordnungskräfte der Stadt an jenem Nachmittag ganz andere Sorgen haben werden.
Leidtragender dieses Wagens ist vor allem die nachfolgende Fußgruppe der Hundefreunde. Ihre Tiere mit extrem empfindlichem Gehör müssen die gesamten 2,4 Kilometer lange Zugstrecke direkt hinter dem ohrenbetäubenden Lärm laufen.
Diskussion über Ponyreiten
Klage über mangelndes Tierwohl auch in einem anderem Punkt: Trotz heftiger Kritik von Tierschützern beschließt der Marktausschuss des Gemeinderates im Vorfeld mit Mehrheit, am Ponyreiten festzuhalten. Als Besucher während des Festes sehen, wie die Tiere zum Lärm der angrenzenden Fahrgeschäfte stundenlang im Kreis laufen müssen, melden sich immer mehr kritische Stimmen.
„Ich würde heute nicht mehr dafür stimmen“, bekennt Renate Hörisch-Helligrath (SPD). „Wir werden das Thema auf jeden Fall wieder vorbringen“, versichert Bernd Molitor (Grüne). Überhaupt soll der Mathaisemarkt an vielen Stellen verbessert werden werden. Bernd Hegmann (Freie Wähler) will sich etwa einer attraktiven Ausgestaltung des Festzelt-Inneren widmen. Zur Neukonzeption werden daher Besucher befragt, was ihnen gefällt und was nicht.
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