„Auch politische Veranstaltungen gehören zum Mathaisemarkt einfach dazu“, betont Bürgermeister Christoph Oeldorf in seinem Grußwort. Für das 1986 gegründete Mathaisemarkttreffen der Liberalen gilt dies auf jeden Fall – „auch wenn wir das Festzelt noch nicht füllen können“, wie die FDP-Ortsvorsitzende Ulrike von Eicke hintersinnig meint.
Dennoch ist der Andrang beachtlich. Immer mehr Interessierte streben an diesem Sonntagvormittag ins Hotel „Neues Ludwigstal“, am Ende ist der große Saal mit 60 Anwesenden bis auf den letzten Stuhl besetzt.
Unter ihnen die regionale Prominenz der Liberalen, MdB Jens Brandenburg, MdL Christian Jung, Kreis-chef Alexander Kohl, dazu der Bürgermeister und die Weinhoheiten, die wegen Eröffnung der Traktoren-ausstellung verspätet eintreffen, als der Festredner bereits spricht. „Ich bin schon auf weniger charmante Weise unterbrochen worden“, macht Hans-Ulrich Rülke jedoch gerne Platz für das kurze Grußwort von Weinkönigin Miriam Knapp.
Gegen Kretschmann und Strobl
Das ist es dann aber auch schon mit Freundlichkeit. Denn in seiner 56 Minuten langen, völlig frei gehaltenen Rede wird der Chef der FDP-Landtagsfraktion seinem Spitznamen „Brüllke“ gerecht. Nicht im Sinne von Lautstärke, sondern in der Heftigkeit seiner Angriffe gegen die Konkurrenz. Vor allem am grünen Ministerpräsidenten Kretschmann und dessen CDU-Vize Thomas Strobl arbeitet er sich geradezu ab.
Doch zunächst kommt auch der Landespolitiker an der Performance seiner FDP im Bund nicht vorbei. Auch er registriert ja aus der Partei, dass man „nicht mit allem zufrieden ist, was aus Berlin kommt.“ Und er bekennt: „Nicht alle Kompromisse sind schön.“ Zwischen Liberalen und Grünen in der Ampel würden auch mit Sicherheit „keine Freundschaften auf Lebenszeit erwachsen.“
Dennoch, so betont er, habe die FDP in der Ampel „Spuren hinterlassen: „Ohne FDP in der Bundesregierung hätten wir eine Impfpflicht bekommen.“ Die Grünen würden da „ganz anders ticken“: „Wenn Sie das Leuchten in den Augen von Winfried Kretschmann gesehen hätten, als er Ausgangssperren verkündet hat!“
Auch gegen das Aus für den Verbrennermotor in Brüssel für 2035 habe FDP-Verkehrsminister Wissing erfolgreich Stellung bezogen, gegen die Grünen. Denn: „Es geht gar nicht bei diesem Thema um den Klimaschutz. Sondern es geht um die grüne Utopie von wenig Autos.“
Doch auch die CDU bekommt ihr Fett weg, vor allem Landeschef und Innenminister Thomas Strobl. „Der Minister für Recht und Ordnung, für Verfassung, der dann selber staatsanwaltschaftliche Ermittlungen am Hals hat, der dann anschließend eine Geldstrafe kriegt von 15 000 Euro.“ Und so macht Rülke klar: „Solange die CDU einen solchen Landesvorsitzenden hat, ist sie kein Koalitionspartner für die FDP.“
Der Landesregierung kündigt der Liberale aber auch auf einem anderen Gebiet den Kampf an: beim Wahlrecht, dessen Änderung gerade beschlossen worden ist. Die Neuregelung werde jedoch zum Aufblähen des Landtags führen. Dagegen will die FDP ein Volksbegehren starten, für das sie 10 000 Unterstützer benötigt: „Da wir 10 000 Mitglieder haben, werden wir das schaffen.“
Nach fast einer Stunde Rede zuzüglich Fragerunde zieht Ulrike von Eicke eine positive Bilanz: „Politik kann auch unterhaltsam sein.“