Schriesheim

„Geheimsitzung“ zum Schriesheimer Mathaisemarkt

Der Marktausschuss des Schriesheimer Gemeinderates tagt diesmal komplett hinter verschlossenen Türen - obwohl oder gerade weil viel Heikles über den zurückliegenden Mathaisemarkt zu besprechen ist

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Konstantin Groß
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Beim Festzug: Bürgermeister Oeldorf (r.) und sein Vize Mittelstädt (hinten l.), bevor dieser attackiert wurde. © M. Schwetasch

Schriesheim. Am Mittwochabend hat der Marktausschuss des Gemeinderates getagt. Es ging um den zurückliegenden Mathaisemarkt und all das, was dabei schief gelaufen ist. Doch diesmal war die im Sitzungskalender der Stadt offiziell vermerkte ordentliche Sitzung dieses Gremiums nicht-öffentlich. Das heißt: Weder interessierte Bürger noch Presse waren diesmal zur Beratung zugelassen.

Auf Anfrage des „MM“ verweist die Stadt auf die Paragrafen 35 und 39 Gemeindeordnung, die den Ausschluss der Öffentlichkeit allerdings nur unter strengen Voraussetzungen vorsehen. Zudem, so die Stadt-Sprecherin, gebe es Ausschüsse, die schon immer nicht-öffentlich tagen, wie den Haupt- und Finanzausschuss - „um die Interessen Einzelner zu wahren“. Wie dies auf eine Diskussion über den Mathaisemarkt zutrifft, wurde aber nicht erläutert.

Fraktionen billigen Vorgehen

Einen der möglichen Gründe für den Ausschluss der Öffentlichkeit nennt dagegen Bernd Hegmann. Der Fraktionschef der Freien Wähler gilt als einer der engsten Vertrauten des Bürgermeisters im Gemeinderat; er teilt dem „MM“ auf Anfrage mit: „Falls in dieser Sitzung einmal mehr Klartext gesprochen wird, ist man am nächsten Tage nicht mit einem Kommentar konfrontiert, welcher nicht immer positiv ausfällt.“

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Mit den anderen Fraktionen war der Ausschluss der Öffentlichkeit im Vorfeld jedoch nicht abgesprochen, „da es hierzu keine Veranlassung gab“, wie die Stadt-Sprecherin formuliert. „Von der Nicht-Öffentlichkeit der Sitzung hat die SPD-Gemeinderatsfraktion aus der Einladung Kenntnis genommen“, bestätigt deren Chef Sebastian Cuny ein wenig gestelzt und damit spürbar distanzierend: Welche „Gründe zur nicht-öffentlichen Einberufung des Marktausschusses geführt haben, entzieht sich unserer Kenntnis“.

Uneingeschränkt hinter Oeldorfs Vorgehen stehen naturgemäß jene Fraktionen, die ihn im Wahlkampf unterstützt hatten. „Mir kamen diesbezüglich keine Bedenken zu Ohren“, beteuert Bernd Hegmann. „Für mich stellt das kein Problem dar“, versichert CDU-Fraktionschef Michael Mittelstädt. Der Ausschuss „muss mal nicht-öffentlich tagen dürfen und können, um wirtschaftliche und organisatorische Dinge besprechen zu können, die so nicht in der Öffentlichkeit diskutiert werden sollten bzw. teilweise auch nicht dürfen“. „Ob es einen öffentlichen und einen nicht-öffentlichen Teil einer Gremiensitzung gibt oder nur einen nicht-öffentlichen, obliegt dem einladenden Bürgermeister“, verweist FDP-Fraktionschef Wolfgang Renkenberger auf die Regularien.

Unterstützung erhält Oeldorf allerdings auch von der Grünen Liste. „An diesem Abend soll es ja auch um die Geschäftspartner der Stadt beim Mathaisemarkt gehen“, sagt Vize-Fraktionschef Bernd Molitor: „So etwas kann man natürlich nicht öffentlich diskutieren“, betont er.

Allerdings soll der Ausschluss der Öffentlichkeit die Ausnahme bleiben. Im Nachhinein sei wichtig, „der Öffentlichkeit mögliche Entscheidungsprozesse in einer öffentlichen Sitzung transparent darzustellen“, fordert CDU-Mann Mittelstädt.

Und zu entscheiden ist einiges, denn der zurückliegende Mathaisemarkt offenbarte zahlreiche Defizite und Fehlentwicklungen. So setzte sich die Erosion des Programms fort: Die Box-Matinée am ersten Sonntag fehlte ebenso wie der Abend der Vereine am Montag. Im Gewerbezelt waren weite Flächen unbelegt; um dies zumindest optisch zu kaschieren, wurde ein Fußballfeld samt Torwand aufgebaut. Weil auch viele Krammarkt-Stände fehlten, wirkten umliegende Straßen ausgestorben.

Probleme mit Lärm und Tierwohl

Dann die Probleme beim Festzug. Die Attacke auf Vize-Bürgermeister Michael Mittelstädt führte zu zwei Strafanzeigen. Zudem geht es um Alkoholkonsum auf einzelnen Wagen und deren Lautstärke; die Bässe hämmerten derart, dass Besucher am Straßenrand über Schmerzen in Ohren und Brustkorb klagten. Und dann auch noch: Der Verein der Hundefreunde und seine Tiere mit ihrem empfindlichen Gehör mussten direkt hinter dem Wagen mit dem lautesten Lautsprecher laufen; wie das Rathaus dem „MM“ bestätigte, lehnte eine Mitarbeiterin der Stadt die Bitte der Hundehalter nach einem anderen Platz im Festzug ab.

Thema Tierwohl auch in einem anderen Punkt: Am Ponystand müssen die Tiere bei Lärm der umliegenden Fahrgeschäfte stundenlang im Kreis laufen. Stadträte von Grünen und SPD deuteten bereits an, diesen Stand 2024 nicht mehr zuzulassen. Bernd Hegmann wiederum äußerte im Vorfeld Optimierungsbedarf bei der Atmosphäre im Festzelt.

Ob er das jetzt in der Sitzung wiederholt hat, ist eben nicht bekannt. „Sobald konkrete Beschlüsse gefasst wurden“, teilt die Verwaltung gönnerhaft mit, „werden wir in geeigneter Form darüber informieren“.

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