Speckweg

Bürger stellen sich gegen Pläne zu Speckweg-Sanierung in Mannheim-Waldhof

Von 
Eva Baumgartner
Lesedauer: 
Buckelpiste: Der Ausschuss für Umwelt und Technik und der Betriebsausschuss Technische Betriebe haben eine Sanierungsvariante für den Speckweg beschlossen – doch die Bürger sind verärgert. © Thomas Rittelmann

Mannheim. Wird das Votum des städtischen Ausschusses für Umwelt und Technik (AUT) und des Betriebsausschusses Technische Betriebe zur Speckweg-Sanierung aufgehoben? Auf dem Waldhof sorgt das Thema bei Anwohnern und Bezirksbeiräten (BBR) während der jüngsten Sitzung für Frust. Sie fühlen sich nach dem Beschluss, der einen Wegfall von mehr als der Hälfte der derzeit 95 Parkplätze verursachen würde, übergangen. Helga Schlichter (CDU) bringt es für die applaudierenden Zuhörer auf den Punkt: „Die Sanierung kann nicht nur aus Sicht der Radfahrer gestaltet werden.“

Zur Erklärung: Die Sanierung des Speckwegs zwischen der Alten Frankfurter Straße auf dem Waldhof und der Sibylla-Merian-Straße in Käfertal soll im Frühjahr 2023 beginnen. Am 29. März haben die Ausschüsse einstimmig beschlossen, den Radweg dabei auf den Gehweg zu legen - eine Variante, für die zuvor zwar der Käfertaler, nicht aber der Waldhöfer Beirat gestimmt hatte.

Sorge um den Einzelhandel

„Wir haben im AUT zum Ausdruck gebracht, dass wir dieser Planung nicht zustimmen und uns für die Variante mit mehr Parkplätzen ausgesprochen haben“, sagt Thomas Steitz (Freie Wähler/Mannheimer Liste). „Wenn der Einzelhandel zumachen muss, fehlt hier was“, so Steitz unter großem Beifall der Besucher im Kulturhaus. Den vollen Saal sieht Benjamin Herrmann (SPD) als „starkes Zeichen“, auch Andrea Jessen (SPD) erklärt: „Für die Mehrheit der Bürger stand beim Verkehrsworkshop das Parken an erster Stelle, ihre Hauptangst war, dass Plätze wegfallen.“ Nadja Fakesch (SPD) schlägt vor, wenigstens Kurzzeit-Parkflächen vor Geschäften auszuweisen. Gerald Unger (Linke) fragt: „Warum müssen auf allen Straßen immer zwei Radwege sein?“

Mehr zum Thema

Kommentar Der Speckweg-Beschluss ist ein Schlag ins Gesicht

Veröffentlicht
Kommentar von
Eva Baumgartner
Mehr erfahren
Waldhof

Speckweg: Verwaltung legt Sanierungspläne auf Eis

Veröffentlicht
Von
Eva Baumgartner
Mehr erfahren
Gemeinderat

Arbeitsbelastung: Müssen Mannheimer Beiräte zu kurzfristig Entscheidungen fällen?

Veröffentlicht
Von
Eva Baumgartner
Mehr erfahren

Manuela Hibler von der Planungsgesellschaft Durth Roos Consulting erklärt, dass nicht nur Bestands-Bäume, die „wo immer möglich“ erhalten werden müssten, ein Problem seien, wenn es um Parkplätze gehe. Bei einer Höchstgeschwindigkeit von 50 Kilometern pro Stunde seien zudem an Seitenstraßen Sichtdreiecke von 70 Metern nötig: „Da dürfen auch keine parkenden Fahrzeuge stehen.“

Petra Kaiser vom Fachbereich Geoinformation und Stadtplanung sagt, dass der Meinungsstand im BBR vor der Ausschuss-Abstimmung ja abgefragt worden sei. Und auf dem Waldhof habe das Votum mit 4:3 Stimmen für den Radweg auf der Straße das Dilemma widergespiegelt, dass es „keine klare Lösung“ gebe: „Als wir die Planungen vertieft haben, hat sich herauskristallisiert, dass sich für den Großteil der Radfahrer Vorteile ergeben, wenn der Weg auf dem Gehweg ist.“ Herrmann gibt zu Bedenken, dass der BBR bei der Abstimmung Corona-bedingt dezimiert gewesen sei: „Wären bei uns alle da gewesen, hätte es 6:3 für die Straße gestanden.“

Laute Zwischenrufe der Bürger

Stadtrat Christopher Probst (FW/ML) saß Ende März in dem beschließenden Ausschuss: „Es ist mir bisher selten passiert, dass ich im AUT einstimmig abgestimmt habe und nun schwerste Bauchschmerzen habe, nicht wegen des Radwegs, aber wegen der Parkplätze.“ Was nun als Parkplatz genutzt werden könne, ginge so nicht. Stadtrat Deniz Gedik (Grüne) wünscht sich deshalb künftig „mehr Transparenz, denn auch ein knappes Votum ist ein Votum.“ Ihm sei nicht klar gewesen, dass so viele Plätze wegfallen. Ebenso Stadtrat Stefan Höß (SPD): Er erklärt, dass es auf dem Waldhof bis zur Hessischen Straße viel mehr Gastronomie gebe als östlich, deshalb sei das Käfertaler Votum anders ausgefallen.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel ergänzt.

Immer wieder kommt es bei der Sitzung zu lauten Zwischenrufen der Bürger. Und als Kaiser sagt: „Ich habe den Eindruck, man möchte keinen einzigen Parkplatz verlieren. Wir hätten uns das sparen können und nur die Fahrbahn erneuern können“, gibt es tosenden Beifall der Bevölkerung. Kaiser weist darauf hin, dass sich die Gesellschaft in einer „Zeiten- und Verkehrswende“ befinde: „Junge Leute wollen kein Auto mehr fahren, und der Anspruch, jederzeit vor der Haustür oder einem Geschäft zu parken, schwindet.“ Auch Specht sagt: „Die Politik will die Verkehrswende, und diese wird schmerzhaft sein. Wir müssen einen Weg finden, den Willen von Politik, Anwohnern und Gewerbetreibenden in Einklang zu bringen.“

Ralph Kaiser ist so ein Anwohner, hat zudem Gewerbe: „Bei vielen von uns werden schwere Gegenstände angeliefert, unser Einzugsgebiet kommt auch aus anderen Stadtteilen. Wir leben davon, die Geschäfte gehen kaputt.“ Jürgen Rihm hat den Verkehr unlängst gezählt: „Wir haben auf dem Speckweg 230 Fahrzeuge pro Stunde im Mittel, sie fahren durchschnittlich 38 Kilometer pro Stunde, schneller geht es nicht.“ Und Markus Brüchle vom gleichnamigen Schreibwarenladen verweist auf viele ältere Menschen, die nicht weit laufen könnten. Auch zahlreiche Gastwirte, beispielsweise der Restaurants Piräus und Asia Paradies, melden sich zu Wort, dass sie schon in der Pandemie stark gelitten hätten und nun um ihre Existenz fürchten, auch die Metzgerei Rettig.

"Es werden Parkplätze wegfallen"

Dem Vorschlag, wenigstens mehr Kurzzeit-Parkplätze zu realisieren, gibt Hibler eine Absage: „Es ist fraglich, ob überhaupt welche möglich sind.“ Obwohl Specht anfangs sagt, dass sich Mannheim mit Tempo 30 auf einer zehn Meter breiten Straße lächerlich mache, erklärt er später, dass diese Alternative möglicherweise doch eine Lösung sei, weil nötige Sichtfenster zugunsten von Parkplätzen reduziert würden. Auch den Vorschlag, Seitenstraßen zu Einbahnstraßen zu machen, will er mitnehmen. „Eine schwierige Kiste.“

Nicht nur die Verwaltung muss am Ende der Sitzung Federn lassen: „Am Ende wäre es besser gewesen, man hätte noch mal alles angesprochen, wir haben das unterschätzt“, sagt Petra Kaiser. Auch Probst sieht ein Dilemma: „Ich habe den Beschluss mitgetragen, leider.“ Seine Partei, die FW/ML, hat deshalb einen Antrag gestellt, den Beschluss zugunsten der Variante eines Radwegs auf der Straße zu kippen. Der Gemeinderat verweist den Antrag am Dienstagabend in die nächste AUT-Sitzung am 21. Juni.

Wie die Stadt auf Anfrage mitteilt, kann der Beschluss rückgängig gemacht werden „solange die Ausführung noch nicht erfolgt ist“. Pressesprecherin Corinna Hiss: „Die Planungen sind zwar weit fortgeschritten, eine Ausführung steht jedoch noch aus. Die Verwaltung wird Anpassungsvorschläge prüfen und auf Gemeinderat und Bezirksbeiräte zugehen, um eine gemeinsame Lösung zu finden.“ Doch wie die Sache auch ausgeht: „Es werden Parkplätze wegfallen“, macht Hibler klar.

Redaktion Eva Baumgartner gehört zur Lokalredaktion Mannheim.

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen